Aggressiver Herdenchef - kein Pferd wird ihm genommen

Moderator: Keshia

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Ayira
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Aggressiver Herdenchef - kein Pferd wird ihm genommen

Beitrag von Ayira »

... und wie das Leben so spielt, ist das genau der meine. :cry:

Die Rangkämpfe haben lange gedauert, jetzt dürfte es Favy geschafft haben, der Herdenchef zu sein bzw. zumindest an 2. Stelle zu stehen. Im Übrigen alles Wallache.
Ich selber habe im Umgang mit ihm überhaupt nichts gemerkt. Er ist brav, das Ausreiten wird immer besser; mittlerweile reißen wir auch nicht mehr den Kopf hoch (das Problem hat sich von selbst gelöst) und mich zieht er auch nirgendwo hin oder so. Aber ich komme auch meist er später in den Stall und wenn ich ihn doch mal von der Koppel hole, dann hole ich IHN und kein anderes Pferd.

Vorgestern hat mir der Stallbursche dann vorgeweint, wie sich mein angeblich artiges Pferd neuerdings, aus heiterem Himmel heraus, verhält: Ihn schleift er quasi zur Koppel. Richtet sich auf (er hat eine große Aufrichtung), die Ohren gespitz und dann wird der arme Stallbursche einfach hinten nach gezogen.
Das allerschlimmste ist abe folgendes: Favy als neuer Herdenschef scheint es nicht zu akzeptieren, wenn andere Pferde geholt werden (für Ausritt etc). Der Stallbesi sagte mir heute, wenn er es nicht selbst gesehen hätte, er hätte es nicht geglaubt.
Er und der Stallbursche holen zwei Pferde von der Koppel - so wie sie es früher auch immer gemacht haben - da prescht Favy aus dem nichts auf sie zu, der Stallbursche konnte sich quasi in letzter Minute zur Seite schmeißen, sonst hätte ihn mein Bun einfach über den Haufen gemäht - und haut dem Pferd auch noch mal schön eine drüber. Der hat dann 4 Tage gelahmt.

Jetzt habe ich das Problem, dass das von seiten des SB natürlich inakzeptabel ist (absolut verständlich - es IST inakzeptabel!). Die Pferde stehen den ganzen Tag draußen, wenn er einen Ausritt macht, muss er die Pferde holen können. Und zwar gefahrlos. Zudem sind seine Pferde allesamt so brav, dass auch Kinder immer wieder mal ihre Pferde holen. Das soll auch in Zukunft möglich sein. Wenn ich das Problem nicht löse, sieht die Konsequenz so aus, dass favy aus der Herde genommen wird und hinkünftig nur mehr allein auf die Koppel darf.
Das bricht mir wieder das Herz. In der Herde fühlt er sich wohl. Natürlich mokiert er hin und wieder mal einen anderen, steigt, springt oder kneift ein anderes Pferd, aber es ist nicht so, dass er eins davon absichtlich in eine Ecke drängt und gezielt verdrischt. Das tut er nicht. Rangeln schon, aber da gehören immer zwei dazu.

heute habe ich mir das persönlich angesehen und mit dem Stallburschen das zur Koppel führen geübt. Ich habe ihm gezeigt, nach ein paar Schritten immer wieder abrupt stehen zu bleiben. Wenn Favy das missachtet, wird er konsequent einen (!) Schritt zurückgeschickt. Dann ein paar Sekunden warten und wieder zum weitergehen eingeladen. Das bis zur Koppel. Ich habe zuerst vorgemacht, dem Stallburschen dann gezeigt und es hat wirklich funktioniert. Favy war aufmerksam, und blieb dann sogar richtig brav hinter dem Stallburschen. Ich hoffe, das hat sich sich jetzt erledigt. Ich habe ihm auch gesagt, dass er das zukünftig immer wieder mal machen soll, damit Favys Aufmerksamkeit bei ihm ist und nicht schon auf der Koppel.

Dann ging es daran, andere Pferde von der Koppel zu holen:

Mit Fahrpeitsche bewaffnet ging ich auf die Koppel, zuerst zu meinem, er kam brav zu mir her, er bekam einen Keks dafür, wurde kurz angehängt, dann habe ich ihn losgemacht und schnappte mir seinen Freund neben ihm. Zuerst war er brav. Wir gingen richtung tor, waren ca. 20m von meinem Weg, da prescht er auf uns zu.
ich drehe mich um und fuchtle mal heftig mit der Peitsche in seine richtung. (Die respektiert er). Er weicht aus und gibt Ruhe. Der letzte Weg kein Thema mehr. Aber OHNE Peitsche ... :?
Beim 2. Versuch ist mir mal zuerst die ganze Herde entgegen gekommen, weil sie allesamt zum Tor geprescht sind. Favy habe ich die Peitsche gezeigt, als er auf mich zukam, hat mich dann in weitem Bogen gemieden. Die anderen Pferde sowieso.
Ich bin ihnen nach, habe ein Pferd aus der Gruppe gefischt, bin zum Tor - mein Pferd brav.
Beim 3. Versuch war die Herde (bis auf meinen) ganz hinten. Er selber ist vorher schon mal nach vor zum Tor geprescht (Große Koppel, wie ein Handtuch). ich führe das Pferd locker lässig richtung tor und damit auch favy.
Als wir etwa 15m vor ihm waren, hat er angefangen mit gesenktem Kopf, aber neugierig gespitzen ohren langsam auf uns zuzuschlendern. ich habe die peitsche angehoben, quasi um zu sagen "ich bin nicht unbewaffnet."
Als uns vielleicht noch 7m trennten, habe ich die peitsche vorsichtig geschwenkt und ihn damit seitlich wegbewegt, damit wir auf unserem Weg an ihm vorbeikonnten. Das hat er sehr brav akzeptiert und es war kein Thema mehr.

Das werde ich auch in Zukunft machen. Das spielt es ganz eindeutig nicht, dass das Pferd (und der Mensch) angegriffen wird, wenn es von der Koppel geholt wird. Solang ein Zweibeiner bei einem Pferd steht, wird dieses Pferd in Ruhe gelassen.
Mir ist bewusst, dass er als Herdenchef nicht will, dass eins "seiner" Pferde von ihm weggeht. Aber er muss das lernen.
Andernfalls steht er zukünftig allein. Es gehen auch Kinder auf die Koppel und holen sich ihre Pferde - mit einem Pferd wie Favy ist das zu gefährlich :cry:

Derzeit bin in noch optimistisch, durch häufiges Üben das in seinen Kopf zu brennen. Hatte wer schon mal ein ähnliches Problem?
Ayira
Schulpferd
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Re: Aggressiver Herdenchef - kein Pferd wird ihm genommen

Beitrag von Ayira »

Nachtrag:

In dem Stall steht er übrigens seit Anfang Februar. Das, was er jetzt macht, war vorher nicht-existent. Er war da natürlich auch noch rangniedriger und musste sich erst seinen Platz suchen.
Im Frühjahr gabs mal mit Mai Boxenhaft, damit die Wiesen angrünen konnten, seither ist er mit den anderen draußen. Und wenn ich ihm so zusehe, wie er auf der Koppel ist, dann kommt mir das sehr harmonisch vor. Natürlich wird hin und wieder mal gestänkert, aber nicht auf Teufel komm raus ein anderes Pferd verdroschen.

Ich habe dem SB auch schon gesagt, ob es nicht eine Möglichkeit wäre, mein Pferd zuerst von der Koppel zu nehmen.
Aber wenn zwischendurch jemand sein Pferd holt, kann ich ja nicht erwarten, dass die zuerst meinen einsammeln, um dann ihr eigenes Pferd zu holen. Das ginge wirklich nur beim gesammelten Reinbringen am Abend.
Das macht mich echt fertig. Ein Pferd wie den meinen haben sie auch im oberen Stall. Grottenbrav im Umgang, Kinder können praktisch zwischen seinen Füßen durchwuseln, das ist dem egal - aber auf der Koppel mit anderen fährt er jeden an. Das Pferd steht seither allein.
Für Favy will ich das nicht.
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lungomare
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Re: Aggressiver Herdenchef - kein Pferd wird ihm genommen

Beitrag von lungomare »

und deinen mit dem anderen Pferd aus dem oberen stall zusammen auf die weide? dann sind die zwei "Störenfriede" (nicht so negativ auffassen, wie es sich liest, bitte) unter sich, aber nciht allein... und alle anderen kommen wieder an ihre Pferde ran...
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Ayira
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Re: Aggressiver Herdenchef - kein Pferd wird ihm genommen

Beitrag von Ayira »

Prinzipiell klingts ja gut, ABER:

Unsere beiden Ställe sind aufgeteilt in Trainingstall (oben) und Wanderreitstation (unten). Meiner steht herunten. Riesengroße Koppeln, kaum neue Pferde, die zu integrieren sind, weil es hauptsächlich Privatpferde sind. Ich stehe da sehr gern, genau deswegen. Zumal ich als klassisch-barocker Reiter nichts in einem Westerntrainingsstall zu suchen habe. ;)

Bei der anderen Person weiß ich nicht, ob sie ihr Pferd nach unten stellen will. Die beiden Ställe sind etwa 300m voneinander entfernt, und ich kann nicht erwarten, dass der Stallbursche meinen Buben jeden Tag zum Trainingsstall hochführt und am Abend wieder runter, zumal du dazu einmal durch die Halle und den Stall durchmarschieren musst. Ich stelle meinen nicht hoch. Da oben sind die Koppeln viel kleiner, es ist viel mehr Betrieb da oben (Reitschüler, ständig wechselnde Pferde, die in Beritt kommen ...) und davon abgesehen ist da auch keine Paddockbox frei. Eine Innenbox kriegt er sicher keine.
Und bei der anderen weiß ich nicht, ob sie ihren Buben nach unten stellen will - zumal ich nicht ausschließen kann, dass diese beiden Dickköpfe sich sprichwörtlich gegenseitig den Schädel einschlagen. Wenn keiner nachgibt, gibts ja trotzdem Krieg. :(
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Re: Aggressiver Herdenchef - kein Pferd wird ihm genommen

Beitrag von Cocoona »

Ich finde dein Vorgehen sehr gut und seine Reaktion zeigt auch dass er verstanden hat was du willst. Denke die Thematik wird nun sein, dass er dies auch bei andern Personen akzeptiert und vor allem dass lange genug so gearbeitet wird, bis es Alltag ist. Da reichen 1-2 x einfach nicht sondern derjenige der ein Pferd holt muss jedes Mal eine Peitsche mitnehmen damit das Signal klar ist und das Ganze vermutlich einige Wochen lang.

Mein eigener ist im Umgang absolut lieb... bei mir! Sind fremde Personen am Pferd ist er auch brav, zumindest solange nichts Anderes spannender ist. Dann läuft er einfach durch die Leute durch oder dreht und läuft davon. Das Problem kann ich jedoch nicht lösen, bei mir macht er das längst nicht mehr. Die grösste Schwierigkeit war und ist, die Andern soweit zu bringen entsprechend zu reagieren damit er lernt dass bei Fremden das Gleiche gilt wie bei mir.

Wünsche dir auf jeden Fall Geduld und einen verständnisvollen Hofbesitzer der bereit ist mitzuarbeiten um das Verhalten in den Griff zu bekommen.
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Re: Aggressiver Herdenchef - kein Pferd wird ihm genommen

Beitrag von Ayira »

Danke für deine lieben Worte.
Unser derzeitiger Deal ist, jetzt wo im Stall die letzte Kinderreitwoche ist, kommt mein Bub allein auf die Koppel, weil es zu gefährlich ist, wenn jetzt ein Kind ein Pferd holt und mit dem meinen der Instinkt durchgeht. Danach habe ich dem SB gesagt, dass ich viel weiterüben werden. Dumm ist Favy ja nicht. Er denkt nur, es ist seine Aufgabe, seine Herde beisammenzuhalten.

Ganz ehrlich? Als 1-jähriger kam er genau wie die anderen Hengste auf Piber auf eine Alm. Die haben da ein ziemliches raues Herdenleben gehabt; Rangkämpfe quasi an der Tagesordnung. Der leithengst hat die Aufgabe, seine herde zusammenzuhalten - und genau das scheint er jetzt zu glauben, auch tun zu müssen.
Die Foxtrotter der Sb's werden bei ihnen im Stall geboren und wachsen sprichwörtlich mit Familienanschluss aller Altersstufen auf. Der 5-jährige Sohn kann mit einem 3-jährigen am Strick rumlaufen und der würde ihn nicht über den Haufen rennen. Da sind halt leider Welten dazwischen :-/

Akzeptabel ist es von Favy natürlich nicht. Aber ich denke, er kann das sehr wohl lernen. Und je schneller desto besser.
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Re: Aggressiver Herdenchef - kein Pferd wird ihm genommen

Beitrag von Sheitana »

Das hat in meinen Augen aber nichts mit der Haltung zu tun, sondern eher mit dem Charakter.

Unser Leitwallach käme nie auf eine solche Idee, obwohl er genau so aufgewachsen ist, wie deiner... ;) Auch mit ihm kann man jedes kleine Kind losschicken. Ich würde das nicht so pauschalisieren.
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