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Tensegrales Training

Verfasst: Mi 16. Apr 2025, 20:42
von Scheckenfan
Kennt das jemand? Hat da jemand schon Erfahrung gesammelt?

Bei uns am Hof wird das derzeit total gehyped, aber ich finde nicht viele Infos dazu online...
Habe mich aus Neugier bei nem Theorie Vortrag eingeschrieben, ist aber noch ein bisschen hin...

Mein allererster, oberflächlicher Eindruck ist, dass der Ansatz des Lockerns und korrekt Stellens ja schon ganz gut ist (Longenkurs nur anders), es aber irgendwann auf ne ziemlich stark ankonditionierte Schablonen-Haltung hinausläuft...
Kann mich aber auch irren, mir fehlen dazu Erfahrungswerte und Infos.

Dass direkt auch ein teurer Spezial-Kappzaum mit propagiert wird, find ich ja schon auch ein bisschen zweifelhaft... :azuck:

Re: Tensegrales Training

Verfasst: Mi 16. Apr 2025, 23:42
von lungomare
der kappzaum ist das mobility bridle aus dem Horse Bodyforming vom Grünbeck.
das, was die als "tensegral" verkaufen, hat mit tensegrity 0,0 zu tun, sondern ist schlicht eine weitere auf biomechnischen Grundsätzen basierende Therapieform. iiirgendwann kommen sie aus der tiiiiiiefen "Nase am Boden" Haltung mal wieder raus, aber es ist einfach nur einer von zig Therapieansätzen. der auch funktionieren mag, aber ich ärger mich sehr, dass da tensegrity draufgeschrieben wird, es aber reine Biomechanik ist. gegen letztere habe ich auch nichts, aber das Erklärungsmodell ist einfach 180 Grad anders und tensegrity (hebelfrei) und Biomechnaik (hebelbasiert) sind nicht kompatibel. gar nciht. null.

wenn dich das Thema tensegrity im Zusammenhang mit Pferd interessiert, wärst du bei Maren DIehl (seit über zehn Jahren federführend und mit den tensegrity Forschern in den USA eng zusammenarbeitend), von mir aus noch Katja Eser und Maike Knifka (beide sehr therapielastig) richtig.
ne gute Mischung aus echter Tensegrity in Zusammenarbeit mit Maren macht Saskia Brieger; die kommt vom Horse Bodyforming udn nutzt auch noch das bridle, ansonsten aber ohne Erklärungender Biomechanik.

Re: Tensegrales Training

Verfasst: Mi 7. Mai 2025, 22:35
von Scheckenfan
Um die 4h Theorie später bin ich irgendwie schlauer und irgendwie nicht :teehee:
3,5 der 4h gingen sehr intensiv um Blickschulung und ganz viel Anatomie und Biomechanik und welche Muskeln, Faszien und Knochen wie zusammen hängen. Daran war absolut nichts auszusetzen, die Dozentin hatte da definitiv mehr Fachwissen als ich :teehee:
Beim praktisch fokussierten Anteil hatte es dann doch wieder große Deckungen mit z.B. Longenkurs. Letztlich wird das Pferd am Kappzaum Richtung Stellung /Biegung gearbeitet, während bestimmt Druckpunkte gedrückt/massiert werden.
Diese Druckpunkte wurden mir persönlich jetzt sehr viel besser an Muskulatur geknüpft und es gibt genauere Anweisungen dazu wann man wo wie genau einwirkt, die ich sicher mal testen werde.
Auffällig ist, dass die Art der Druckpunktsimulation halt zu einer viel tieferen Kopf-Halsposition führt, die bei einigen Pferden dann durch Training/ Wiederholung ziemlich verfestigt erscheint. Bei anderen aber nicht so sehr.

Bedenklich fand ich, dass wir zwei Beispiele dabei hatten, die schon lange tensegral gearbeitet werden und an Longe und unter Sattel auch ganz gut stabil laufen, aber im Freilauf doch relativ "lost" erschienen :kratz:

Also mein Fazit: kein Humbug, aber auch keine Neuerfindung des Rads :frech:

Re: Tensegrales Training

Verfasst: Do 8. Mai 2025, 08:26
von Schattenstern
Das ist auch definitiv mein Gefühl.
Ich folge schon länger einigen der bekannteren Figuren des tensegralen Arbeitens auf social media und höre auch Podcasts dazu. Ein Vereinsmitglied bei uns ist auch sehr investiert in das Thema und arbeitet ihre Pferde am Boden viel in die Richtung.

Im Vergleich zum Longenkurs, der ja "für Jedermann" geschrieben ist, wirkt die ganze tensegrale Sache für mich deutlich eher an professionellere oder ambitioniertere Menschen gerichtet. Nicht so niederschwellig, dafür aber umfangreicher.
Die Ausbildungen etc. sind mir da aktuell zu teuer (wenn auch sicher eine gute Investition, wenn man Unterricht geben will, das Buzzword verkauft sich gerade sehr gut), aber ich finde einige gedankliche Ansätze sehr bereichernd.

Zum Beispiel der Fokus weg vom Hinterbein erst mal hin zum Rumpf und Rumpfträger. Der Rücken und auch die Bewegungsrichtung (vorwärts aufwärts statt nach vorne in den Boden) brauchen einfach echt Kraft da vorne, damit die Energie von hinten auch was bringt. Das habe ich so vorher nicht im Blick gehabt.

Deine Beobachtung mit dem Pferd, das in "Arbeit" schöne Bewegungsmuster zeigt, im Freilauf aber nicht unbedingt wundert mich gar nicht mal so sehr. Finde ich aber auch nicht schlimm. Ein normal gesundes Pferd tut sich im Freilauf nichts, wenn es bequem vor sich hin latscht, egal ob es um Außenstellung oder Vorhandlastigkeit geht. Problematisch wird das ja erst in engen Wendungen oder unter Last durch den Reiter. Und mein Gefühl ist, dass die tensegrale Arbeit auch genau da ansetzt. Den Pferden Bewegungsreaktionen auf Reize vermitteln, nicht das erarbeiten von festen Bewegungsmustern auch in der freien Bewegung.
Gibt sicher Pferde, die das transferieren können und wollen, weil es sich für sie richtig anfühlt. Und auch Pferde, die halt "zuhause lieber im Schlabberlook rumlaufen".

Re: Tensegrales Training

Verfasst: Do 8. Mai 2025, 09:34
von Scheckenfan
In der Tat verkauft sich das gut :azuck:
Am Hof ist derzeit eine, die das unterrichtet - die hat noch nicht mal ausgelernt und nimmt 40 Euro pro Einheit :ohhh: