Umgang mit verhaltensgestörtem Pony...

Moderator: Keshia

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Heupferdchen
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Re: Umgang mit verhaltensgestörtem Pony...

Beitrag von Heupferdchen »

Equester hat geschrieben:ich schätze, dass Du mit keinem der Ratschläge tatsächlich etwas anfangen kannst, denn was Du auch probierst, das Pony wird vermutlich kpl. anders reagieren und dann weißt Du nicht, was Du genau in diesem Moment machen sollst.
Hmm - niemand hat hier Kochrezepte veröffentlicht, sondern nur Denkanstöße. Ich traue minchen geistige Transferleistungen und eigenständige Ideen durchaus zu, so dass ihr womöglich selbst eine Alternativlösung einfällt, wenn das Pony nicht so tut wie erwartet.

Warum ich so auf den erfahrenen Trainer poche, hat einen anderen Grund: Es klingt recht gefährlich, was Orlando da veranstaltet. Jedes Ausprobieren, jedes Wursteln - was in anderen Fällen durchaus ok wäre - kann schmerzhafte Folgen haben (bestenfalls). Ein erfahrener Trainer weiß, was er/sie tut - und hält im Bedarfsfall seine Knochen hin.

Eine gute Bekannte von mir ist Pferdetrainerin und hat sich auf schwierige Kandidaten spezialisiert. Sie holt die Pferde meist zu sich auf den Hof und arbeitet sie in den ersten Wochen alleine. Erst später wird der Besitzer hinzugezogen, der unter Aufsicht fit gemacht wird fürs Pferdi. Diese Methode funktioniert wohl am besten, ist aber entsprechend teuer. :geldalle:
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minchen
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Re: Umgang mit verhaltensgestörtem Pony...

Beitrag von minchen »

@ SillyWalks: Also sollte ich mal aus z.B. gesundheitlichen Gründen ausfallen, würden meine Eltern, mein Onkel oder die Mieter meines Vaters die Pferde versorgen. Da ich das Glück habe, eine - an der Anzahl der Pferde gemessen - große Weide zu haben, ist auch fast ganzjähriger Weidegang möglich. Im Winter müsste dann evtl. Heu "über den Zaun geschmissen" werden. Außerdem habe ich eine Selbsttränke und - falls die mal nicht funktioniert, müsste halt ein Wasserbottich befüllt werden. Das ist aber alles möglich, ohne die Weide, wo die Pferde stehen, zu betreten. Je nachdem, wie lange ich ausfallen würde, könnten die Äppel dann entweder ein paar Tage liegen bleiben oder Orlando zum Abäppeln ausgesperrt werden, so wie ich das ja zur Zeit auch mache.

Falls mal engerer Kontakt mit ihm nötig wäre (z.B. Hufschmied, TA oder so) würde das im besten Fall mein Vater übernehmen. Die Pferde standen ja die letzten Jahre bei ihm und wurden auch größtenteils von ihm versorgt, von daher kennt er Orlando sehr gut. Er lässt sich von ihm auch nicht so auf der Nase herum tanzen und ist natürlich auch um einiges kräftiger als ich, sodass er das Pony auch locker wieder auf "den Boden der Tatsachen" ziehen könnte :lol: .
Wobei Orlando sich bei ihm meistens besser benimmt, ich schätze, dass die das wohl mal ausdiskutiert haben, als ich nicht anwesend war :shifty: ...Orlando überlegt sich das bei meinem Papa zweimal, ob er jetzt wirklich einen Aufstand machen muss.

Ähnlich verhält es sich mit dem Mieter meines Vaters, der die Pferde auch schon seit einigen Jahren kennt und einen sehr guten Draht zu ihnen hat. Er hat auch einfach keine Angst vor ihnen und strahlt eine gewisse Autorität aus, was bei Orlando schon viel aus macht. Der muss meistens viel arbeiten und wohnt nicht gerade um die Ecke, sodass das nur für Notfalle in Frage käme.

Ich hab mir da schon viele Gedanken drüber gemacht und in meinem Umfeld weiß auch jeder über Orlando und sein Verhalten Bescheid.


Wobei es natürlich super wäre, wenn man sich nicht schon für alle denkbaren Ausnahmesituationen irgendwelche Notfallpläne ausdenken müsste :roll: ...


@ Heupferdechen: Genau aus dem Grund arbeite ich nicht mehr alleine mit ihm, außer, wenn ein Zaun dazwischen ist. Dann lass ich mich vielleicht noch mal hin und wieder auf´s Clickern ein.
So wie heute: ich hab mit meiner Stute geclickert und er stand vorm Zaun und schaute sehnsüchtig herüber :engel: . Da konnte ich einfach nicht anders, hab ihn in den Stall gelockt (da haben wir Fressgitter aus Metall, durch die er nicht durch kann :hand: ) und dann habe ich ein paar Minuten mit ihm geclickert. Nach ca.5 Minuten konnte er Halfter anziehen (ich halte das hin und er steckt den Kopf rein) :-D . Das macht einen dann schon ein bisschen stolz und zeigt mir auch, dass er das einfach braucht. Nur da er so schnell lernt, will ich automatisch auch schnell weitergehen :oops: . Ich glaube, da muss ich einfach dringend an mir arbeiten und mehr darauf achten einen (kleinen) Schritt nach dem nächsten zu machen.

Magst du mir evtl. mal schreiben, wo deine Bekannte ungefähr ist und wie viel das ca. kosten würde? Gerne auch per PN. Zur Not muss ich mir das Geld erstmal leihen oder so, aber wenn es dann wirklich was bringt und ihm und mir das Leben leichter (und sicherer) macht...Ich hab hier in meiner Gegend schon eine Menge Trainer gefunden, aber keinen, der sich auf solche schwierigen Fälle spezialisiert hat. Und bei dem Pony noch mehr herum zu experimentieren möchte ich eigentlich nicht mehr. Wenn dann jemand, der da wirklich von Ahnung hat und weiß, was er tut und es nicht noch schlimmer macht.
Schimmelchen
Remonte
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Re: Umgang mit verhaltensgestörtem Pony...

Beitrag von Schimmelchen »

Respekt, dass du nicht aufgeben willst und nach einer Lösung suchst. Wie läuft es denn inzwischen mit Orlando ?

Mein erstes Pony (Welsh 1,30 m) war auch eher schwierig, aber mit deinem nicht wirklich zu vergleichen. Meiner war eher rangnieder. Sein Sozialverhalten anderen Pferden gegenüber war schlecht; er war aber nicht wirklich agressiv; er hatte einfach Angst. Auch Menschen gegenüber war er nicht unbedingt nett. Er kam ursprünglich als Kinderpony in einen Schulbetrieb. Ist mit den Kindern gestiegen, hat sich gewälzt .. Ich bin zu der Zeit dort geritten und hatte ihn quasi in Pflege. Bei unserem ersten Spaziergang ist er mich angestiegen. Einige Zeit später hat er versucht, gezielt nach mir zu treten. Er hat mich fast tägl gebissen; überall, wo er mich erwischt hat, in die Arme, die Beine, den Rücken, die Brust ... Ich habe ihn anfangs immer bestraft (haben mir andere Pferdeleute geraten). Erreicht habe ich damit nur, dass er - gerade was das Beißen anbelangt - immer schneller wurde. Nichtsdestotrotz habe ich ihn dann aus dem Schulbetrieb übernommen, auch wenn jeder mich für verrückt erklärt hat. Es hat lange gedauert, aber mit der Zeit hat sich sein Verhalten geändert. Das dauerte aber über ein Jahr. Ich glaube, er hatte einfach kein Vertrauen in Menschen und Angst. Auf Kinder hatte er einen regelrechten Hass und ist auch einmal auf eines losgegangen. Glücklicherweise konnte ich rechtzeitig dazwischen und es ist nichts passiert. Mir gegenüber ist er nur noch zweimal agressiv geworden. Als der Tierarzt eine Beugeprobe machte (er hatte Spat) und er dabei offensichtlich Schmerzen hatte und als ich mit ihm zum ersten mal in einer Halle war. Da ist er regelrecht ausgerastet und auf mich losgegangen. Er muss mit der Halle irgendetwas Schreckliches verbunden haben. Er war schon gut 16 Jahre alt, als ich ihn gekauft habe. Wer weiß, was er bis dahin alles erlebt hat. Er wurde mit der Zeit aber zu einem richtigen Traumpony, ging übrhall mit mir hin, war absolut schreckfrei, ein absolut liebenswertes Schlitzohr .. auch wenn er Fremde nach wie vor nicht mochte und auch gebissen hat. Aber damit konnte ich leben ;-)
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minchen
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Re: Umgang mit verhaltensgestörtem Pony...

Beitrag von minchen »

Huhu, :-D

tut mir Leid, dass ich mich erst jetzt melde, aber ich habe zur Zeit leider so wahnsinnig viel um die Ohren :roll: ...auch wegen bzw. mit Orlando.

Wir machen nämlich ziemlich große Fortschritte :dance1: , seit ich mir eine Verhaltenstherapeutin für Pferde gesucht habe, die uns nun ab und zu unterstützt und zufälliger Weise auch nur ein paar Straßen von meiner Weide entfernt wohnt.

Diese arbeitet übrigens mit dem Clickertraining und schon die erste Trainingseinheit hat uns enorm weiter gebracht. Zur Zeit üben wir erstmal Sachen, die man im Alltag benötigt (Hufe geben, Unangebunden stehen bleiben, Rückwärts gehen, Führen, nicht betteln...) und vor allem üben wir, das Orlando auf (leichten) Druck weicht, damit man ihn z.B., wenn er einem wieder mal zu nahe kommt, auch auf Abstand halten und wegschicken kann. Er hat nämlich anscheinend gelernt, Druck jeglicher Art auszuhalten bzw. für ihn unangenehme Situationen einfach auszusitzen oder gegen an zu gehen (Druck=großer Gegendruck seinerseits). Rückwärtsschicken ging bis vor kurzem zum Beispiel gar nicht, auch nicht mit Gewalt :shifty: .

Das Prinzip des Clickerns hatte ich ihm ja vorher schon mal gezeigt, weshalb wir praktisch sofort loslegen konnten.
Man merkt auch nach 20 Minuten (mit Pausen), dass er echt ausgelastet ist und sich nicht mehr konzentrieren kann.

Schön ist, das er sehr gerne mitarbeitet und meiner Ansicht nach inzwischen auch nicht nur für die Leckerlies, sondern weil es ihm wirklich Freude macht. Er steht jeden Tag am Tor und wartet drauf, dass ich etwas mit ihm mache. :-D Wenn ich es mal nicht schaffe, trottet er mit hängendem Kopf zurück auf die Weide :cry:

Alles in allem sind wir beide sehr viel entspannter geworden, auch wenn es trotzdem noch die ein oder andere heikle Situation gab. Er hat zum Beispiel schon zweimal versucht eine Freundin zu treten, weil sie noch ein Leckerlie in der Tasche hatte und es ihm nicht gegeben hat. Sie war gerade mit ihrem Pony beschäftigt und hat gar nicht dran gedacht, dass sie noch was in der Tasche hat, da dreht er sich plötzlich um und tritt zu. Zum Glück ist nichts passiert und er ließ sich einfach mit einem Strick wegscheuchen, obwohl er überhaupt nicht verstand, was er da nun falsch gemacht haben sollte :roll: .
Und vor ein paar Tagen kam er mit angelegten Ohren auf uns zu, als meine Freundin ihr Pony und ich meinen älteren Wallach für einen Spaziergang von der Weide holen wollten. Aber inzwischen reicht es, mit dem Strick in seine Richtung zu "wedeln" und energisch "Nein" oder "Ab" zu sagen. Dann zieht er wieder von dannen.

Ich habe inzwischen auch keine Angst mehr vor ihm, bin aber natürlich trotzdem noch vorsichtig. In heiklen Situationen weiß ich mir jetzt zu helfen und erstarre nicht mehr zur Salzsäule. Wenn ich mich doch mal unsicher fühle, nehme ich meinen Fliegenklatschen-Plastiktüten-Stab :lol: in die Hand. Wir haben zu Anfang des Trainings an eine Gerte eine Plastiktüte gebunden, um ihn auf Abstand halten zu können. Auf die Gerte allein hat er ja überhaupt nicht reagiert. Da mir die aber zu lang und zu unhandlich war, habe ich die Tüte an eine Fliegenklatsche gefunden, die ich eigtl. für das Targettraining besorgt hatte :-D

So, ich könnte noch ewig so weiter schreiben, weil ich es so schön finde, auch mal etwas Positiven über ihn berichten zu können. In meinem Umfeld sind schon ein paar Leute etwas von meinen "Pferdegeschichten" genervt :lol: :oops:.

Ich bin auch am Überlegen, ob ich ein Tagebuch anfangen sollte, um unsere Fortschritte festhalten zu können. Aber ich komme immer nur so selten zum schreiben :? :roll: Naja, mal sehen.

Vielen Dank auf jeden Fall nochmal für eure ganzen Ratschläge :)

Liebe Grüße, Jasmina
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minchen
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Re: Umgang mit verhaltensgestörtem Pony...

Beitrag von minchen »

@Schimmelchen: Respekt zurück, dafür dass du dir auch so einen "Problemfall" ans Bein gebunden hast und das trotz den verständlichen Zweifeln Anderer. Es freut mich sehr, dass ihr beide das wieder so toll hinbekommen habt!
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