Die Ausbildungsskala...

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Heupferdchen
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Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von Heupferdchen »

kolyma hat geschrieben:Ich finde ein springender Zügel ist immer auch ein harter Zügel und "langer Zügel zieht!"
Das halte ich für ne Englischreiter-Mär, wenn das so wäre, würde es die gesamte Westernreitszene diskreditieren. Für mich hängt es ganz entscheidend von der Qualität und Ausbildung des Pferdes ab, ob man gleich 'in den Kontakt gehen' kann oder nicht. Mein Traberlein war jedes Mal, wenn wir von neuem begonnen haben, unglaublich wackelig und unausbalanciert. Der brauchte schlicht seinen Hals als Balancestange, um sich aus misslichen Situationen zu retten. Hätte ich versucht, ihn in dieser Situation in Anlehnung zu reiten, wäre das passiert, was ich oft bei jungen Sportpferden sehe - er hätte den Kopf knapp hinter der Senkrechten fixiert und wär gerannt. Die Dysbalance wäre voll aufs Vorderbein gegangen. *aua*

Mag sein, dass geschicktere Reiter, als ich es bin, ein solches Pferd auch in Anlehnung reiten können. Ich kann es nicht. :nix: Der Zügel hing durch, was mich aber nicht daran gehindert hat, ihm mit selbigem Vorschläge zu machen. Mit Stabilität im Sitz kann man viel ausgleichen und auch damit dem Pferd einen Rahmen vorgeben.

Der Knabstrupper, den ich jetzt reite, tut sich viel leichter mit dem Geritten werden. Witzigerweise kann der mit seinem Hals alles mögliche machen, ohne dass er Balance und Takt verliert. Ob mit Schlabberzügel und Nase am Boden oder in ordentlicher Reitpferdehaltung - er läuft (fast) immer gut. Ihn kann ich, wenn wir Lust darauf haben, sehr gut in Anlehnung reiten.
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kolyma
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Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von kolyma »

Heupferdchen hat geschrieben:
kolyma hat geschrieben:Ich finde ein springender Zügel ist immer auch ein harter Zügel und "langer Zügel zieht!"
Das halte ich für ne Englischreiter-Mär, wenn das so wäre, würde es die gesamte Westernreitszene diskreditieren.
Damit reißt du aber das Zitat völlig aus dem Zusammenhang.

Gemeint sind damit die Westernreiter auch überhaupt nicht. Es geht darum, dass eine schwammige und zu lockere Anlehnung (also ein auf den Rahmen des Pferdes unangepasst zu langer Zügel) dem Pferd viel mehr im Maul stört als ein entsprechend kürzerer Zügel.
Meistens wird ein springender Zügel damit beantwortet, dass der Reit(schüler) unvermittelt nachgreift und das ist immer ein rückwärts wirken in der Situation. Drum: Langer Zügel zieht. Nur darauf bezieht sich die Aussage. Ist der Zügel zu lang kommt der Reiter eher in der Versuchung rückwärts einzuwirken. Mal davon abgesehen, dass ein springender Zügel ein Pferd sehr empfindlich im Maul stören kann.

Und zum Thema Western: bis ein Westernpferd soweit ausgebildet ist, dass es nicht in Anlehnung gehen muss, vergeht auch seine Zeit. Westernreiten heißt ja nicht Zügel lang sondern: wenn das Pferd in der Lage ist sich zu tragen, ist keine Anlehnung mehr nötig. Das ist ja eines der Hauptziele der Westernreiterei - ein sich selbst tragendes Pferd.
Die Englischreiterei hat hier ja völlig andere Ziele. Aber an der Basis ähneln sich beide Reitweisen sehr. Auch wenns ums Thema Anlehnung geht. Insofern stimmt der Ausspruch dann doch auch wieder irgendwo.
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


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Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von ehem User »

Pirat, ich habe neulich irgendwo gelesen, dass bei manchen Pferden die größte Hürde ist, ihre Aufmerksamkeit zu bekommen und dachte gleich, da kenn ich eins :roll: (nicht deins! - aber es passt scheinbar auch bei euch).

Vielleicht ist der Fokus erstmal 'nur' (haha...): Wie bekomme ich seine Aufmerksamkeit (wieder) - jederzeit?
Denn wenn du ihn hast, klappt es ja. Nur hast du ihn oft genug nicht.

Und probier ruhig auch mal aus, bei nasskaltem Wetter einzudecken oder deutlich länger aufzuwärmen (Spaziergang?) oder vor dem Reiten/Arbeiten einen Rückenwärmer aufzulegen.
Bei uns macht Eindecken bei Regen und unter ca. 10°C einen großen Unterschied in der Aufmerksamkeit/Schreckhaftigkeit. :nix:
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Pirat
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Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von Pirat »

plüschtiger hat geschrieben:Pirat, ich habe neulich irgendwo gelesen, dass bei manchen Pferden die größte Hürde ist, ihre Aufmerksamkeit zu bekommen und dachte gleich, da kenn ich eins :roll: (nicht deins! - aber es passt scheinbar auch bei euch).
hm... das gibt es natürlich in 2 qualitäten:
mein erster gedanke: die einen, die "sich einfach gerne ablenken lassen" und so (neugierig) mit der ganzen welt beschäftigt sind "hey, was ist da los im offenstall... ich will dahin und mitmischen"
mit der schlussfolgerung: nee, so ist meiner doch gar nicht.
und dann die erkenntnis:
ja, es lässt sich ziemlich schnell verunsichern und da er letztendlich immer noch "nur sich selbst" vertraut (auch wenn wir schon meilensteine geschafft haben) bin ich in dem moment abgeschrieben (also nicht zu 100%, aber ich habe eben nur noch 75 % aufmerksamkeit und das reicht zum "lenken", aber nicht zu vernünftig reiten :( )

wir haben viel anti-schreck-training gemacht, aber ich habe mir überlegt, daß wir das jetzt nochmal ganz bewusst mit ins programm aufnehmen werden.
Vielleicht ist der Fokus erstmal 'nur' (haha...): Wie bekomme ich seine Aufmerksamkeit (wieder) - jederzeit?
Denn wenn du ihn hast, klappt es ja. Nur hast du ihn oft genug nicht.
ja!
Und probier ruhig auch mal aus, bei nasskaltem Wetter einzudecken oder deutlich länger aufzuwärmen (Spaziergang?) oder vor dem Reiten/Arbeiten einen Rückenwärmer aufzulegen.
Bei uns macht Eindecken bei Regen und unter ca. 10°C einen großen Unterschied in der Aufmerksamkeit/Schreckhaftigkeit. :nix:
ich bin ja eher so prinzipell gegen decken. ;)
also, wenn ich jetzt den ganzen winter merken würde, daß er probleme hat - dann würde ich über decke nachdenken.
solange es aber nur vereinzelte tage sind und er ansonsten locker und erkältungsfrei (und eh ertwas zu fett gefressen) durch den winter kommt, lasse ich ihn ohne decke.
wir haben eine sehr große herde, sodaß es immer zig verschiedene ballen gibt und alle paar tage neue ballen dazugestellt werden.
manchmal sind es auch verdauungsprobleme die mit reinspielen.
so ganz kann man das nicht immer unterscheiden.
solange die "guten" tage eindeutig überwiegen werde ich erstmal nichts ändern.
wir "üben" gerade solarium - für die ganz ekligen tage :whistle:
(und spazieren gehen ist bei uns sehr "bäh". hier geht es nur steil berauf oder runter und wenn es ekeltage sind, dann ist das die reinste schlitterpartie... da muss man schon seeeehr motiviert sein :roll: .
dann machen wir lieber bodenarbeit 8-)
ehem User

Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von ehem User »

Pirat hat geschrieben: da er letztendlich immer noch "nur sich selbst" vertraut (auch wenn wir schon meilensteine geschafft haben) bin ich in dem moment abgeschrieben (also nicht zu 100%, aber ich habe eben nur noch 75 % aufmerksamkeit und das reicht zum "lenken", aber nicht zu vernünftig reiten :( )
Das ist GENAU das, was ich meine :-n

Eventuell vertraut er auch seinem eigenen Körper gar nicht so sehr (sondern steuert sich selber auch nur aus dem Kopf - wenn du verstehst, was ich meine :kratz: ), was dann auch wieder mit der Gelassenheit zusammenhängt.
Nicht alle schreckhaften Pferde sind per se ängstlich, sondern sind vielleicht in ihrem Körper noch nicht so angekommen (oder so balanciert...), um nicht lieber immer erstmal die Flucht ergreifen zu wollen.
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kolyma
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Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von kolyma »

Denke auch, dass bei Pferden das Balancegefühl direkt mit Wohlbefinden (würde jetzt nicht von Panik oder Angst sprechen) gekoppelt ist. Es ist für das Pferd ja überlebenswichtig im Balance zu bleiben. Würde es stürzen, hätten Fressfeinde nur allzu leichte Karten. Daher ist ein aus der Balance kommen für das Pferd auch sehr schlimm.
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Pirat
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Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von Pirat »

plüschtiger hat geschrieben:Eventuell vertraut er auch seinem eigenen Körper gar nicht so sehr (sondern steuert sich selber auch nur aus dem Kopf - wenn du verstehst, was ich meine :kratz: ), was dann auch wieder mit der Gelassenheit zusammenhängt.
Nicht alle schreckhaften Pferde sind per se ängstlich, sondern sind vielleicht in ihrem Körper noch nicht so angekommen (oder so balanciert...), um nicht lieber immer erstmal die Flucht ergreifen zu wollen.
das ist ein interessanter aspekt.
er ist unheimlich beweglich und auch irgendwie geschickt, daher ist mir dieser gedanke gar nicht gekommen.
er passt z.b. mega gut auf, daß er in einem stangenlabyrinth nicht an die stangen kommt.
aber wenn ich es mir genau überlege ist es genau die angst dran zu stoßen, die ihn so aufmerksam werden lässt.
und warum angst?
weil er nicht einschätzen kann, was da gerade passiert.
so ging er anfangs nicht freiwillig über ein stange, die am boden lag. "über" eine stange stehen bleiben: ging überhaupt nicht.
nachdem er (absolut entspannt) drüber stehenbleiben konnte, habe ich versucht ihn rückwärts über diese stange zu führen (also nur die vorderbeine). das hat 3 jahre gedauert, ehe er eine (eigene) idee entwickelt hatte, wie er DAS schaffen könnte.
und das lustige ist, daß er es seitdem immer wieder selbstständig ausprobiert :aufblas:

und gerade von dem aspekt her finde ich auch unsere ganzen "noch nicht perfekten" übungen wie SH oder gelocktes KH oder VH/HH verschieben oder kreuzen soo wichtig und hilfreich, weil das alles den pferden hilft ihren körper bewusster zu benutzen.
auch wenn die bewegungen (noch) nicht durchlässig von der nasenspitze bis zum letzten schweifwirbel sind. ;)
er hat sich z.b. nach einigen anfragen von mir das kompliment auf der "anderen" seite selber beigebracht. es war sooo herrlich anzusehen, wie er sich bemühte, man konnte genau sehen, daß er wusste, was er machen will, aber es einfach noch nicht klappte und wie emsig er herumprobiert.
und als er dann unten war: :zahn: :aufblas:
ich schweife gerade etwas ab... :mrgreen:
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Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von Sheitana »

Ich hab gestern ein sehr anschauliches Bild dazu gefunden bei FB. Der Autor ist unbekannt, es sollte aber ausdrücklich ordentlich geteilt werden... ;)
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Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von Cate »

Schön dargestellt! :clap:

K.A. v. Ziegner hat die SdA mal etwas überarbeitet, seinen Trainingsbaum finde ich auch sehr anschaulich, eigentlich sogar besser als die SdA. :-)
Es ist sinnvoll, sich mit dem Üben anzufreunden, denn man wird weit mehr Zeit mit Üben verbringen als damit, perfekt zu sein - Maren Diehl

Was wir sehen, hängt hauptsächlich davon ab, wonach wir suchen - Sir John Lubbock :puppy: :puppy:
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Pirat
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Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von Pirat »

tolles bild!
Danke!
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