Ich wollte nochmal das Thema Interieur aufgreifen.
Das ist beim Züchten m.M. nach noch schwerer, als das Exterieur. Mit ein bisschen Lesen und Sehen lernen kann man beim Exterieur schon ganz gut erkennen was gut oder was schlecht ist. Sicherlich kann man das durch gute/schlechte Haltung, Aufwachszeit Arbeit mit dem Pferd sowie Hufbearbeitung in kleinen Teilen verbessern oder verschlechtern, aber im Grunde steht es fest.
Ein gutes Interieur zu züchten ist ganz schwierig.
Meine Abby ist für mich das ideale Pferd. Intelligent, lernbegierig und mit einem ausgeprägten Willen. Mit allen Vor- und Nachteilen...

Sie fordert und fördert mich jeden Tag und genauso möchte ich es haben.
Jeder andere würde sie vermutlich als Miststück, Sautier und Drecksvieh bezeichnen....

Wie du so schön sagtest, Tina, wenn man schlaue und mitdenkende Pferde will muss man damit leben, dass sie so werden...
Ihr kleiner Bruder hingegen ist so ein "Allerweltspferd". Zwar auch mit Hang zum eigenen Denken - das sind nun mal Appis - aber dabei einfach lieb und nett und einfach. Sich aufregen oder gar über die Maßen quer stellen ist viiiiel zu anstrengend. Wenn man ihn lieb behandelt wird der vermutlich nie auf die Idee kommen irgendwas nicht zu wollen.
Eigentlich genau das Pferd, was man züchten muss...... mir wäre das zu langweilig...
Und andererseits ist das Interieur das, was man am Meisten kaputt machen kann.
Meine Georgia ist da ein gutes Beispiel: Sie ist eine Seele von Pferd, noch nie ist von ihr einer runter gefallen, selbst kleine Kinder die kaum übers Sattelblatt reichen können sie reiten. Nie würde sie böswillig einen Menschen verletzen.
Als ich sie bekam war sie Steiger, Schläger und ist mit gebleckten Zähnen auf einen los. Vom Menschen so gemacht. Seit sie bei uns ist und freundlich behandelt wird hat sie so etwas nie wieder gemacht. Ich will nicht wissen, was gemacht wurde, dass sie sich genötigt fühlte so zu reagieren...
Ich finde es daher äußerst schwierig und weiß gar nicht, ob ich überhaupt nochmal ein Pferd für den "freien" Verkauf züchten würde. Viel zu groß wäre meine Angst, dass da was schief geht. Abgesehen davon, dass sowas natürlich immer auf den Züchter zurück fällt.
Mein ersten Fohlen habe ich mit 1,5 Jahren verkauft. Merlin war ein Schaf. Der hat echt treudoof alles mitgemacht, ohne zu fragen, einfach so. Ich kann seinen Werdegang mitverfolgen bis er 4 war. Er war lange Zeit bei einer Bekannten, dort wurde er mit 4 angeritten. Sie berichtet dasselbe. Ein Schaf, beim Anreiten - und das wurde ordentlich gemacht - total easy und unkompliziert.
Letztes Jahr - da war er 6 - bekam ich bzw. Feendrache einen Anruf von der jetzigen Besitzerin. Sie wollte mal nachhören, so wäre er ja super brav, aber er hätte immer so Aussetzer in denen er unberechenbar wäre. Da es an ihrem Umgang ihrer Meinung nicht lliegt müsse es ja aus den Genen kommen, ob die Mutter auch so wäre? Leider hat sie damals keine Nummer hinterlassen, sodass ich nicht zurück rufen konnte.
Was soll man da als Züchter sagen? Weder die Mutter ist so, noch die Geschwister. Im Gegenteil. Aber natürlich sind es erstmal die Gene. Ich weiß nicht was passiert ist, aber irgendwas muss gewesen sein...
Von daher finde ich Interieur bewerten immer schwierig. Sicherlich, Veranlagungen kommen aus den Genen, keine Frage. Aber es ist schon so, wie hier jemand schon sagte: Der Mensch formt letztlich das Pferd und bestimmt, was aus ihm wird. Bestimmt die guten wie schlechten Erfahrungen und prägt seinen Charakter.
Als Züchter kann man versuchen das Beste rauszuholen, aber man kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden was draus wird.