Untergeschobene Trachten sind immer zu lang! Genau das, nämlich die Überlänge, ist ja der Grund dafür, dass sie unterschieben und die Trachtenhöhe langfristig immer geringer wird. Damit sie sich aufrichten können, müssen sie gekürzt werden. Die Zehe zu kürzen hilft da nicht. Sieht man auch schön am Nachher-Foto von HP-Manu. Denn da sind die Trachten immer noch untergeschoben. Aus dieser Perspektive ist das daran zu erkennen, dass die Hornröhrchen je schräger nach vorn wachsen um so mehr es Richtung Trachten geht. Außerdem verläuft der Kronrand von der Zehe zur Trachte in einem Bogen nach unten. Auch das ist typisch für untergeschobene Trachten. Bei nicht untergeschobenen Trachten verläuft der Kronrand in einer fast geraden Linie von der Zehe bis zur Trachte, die Hornröhrchen wachsen über die gesamte Hufwand annähernd parallel nach unten. Ich bin sicher, die Sohlenansicht würde die untergeschobenen Trachten ebenfalls bestätigen.
Ich finde die Zehe auch nicht gravierend zu lang, Biggi. Etwas zu lang ja, aber nicht extrem. Natürlich kann man nicht ausschließen, dass, nachdem sich die Trachten aufgerichtet haben, die Zehe noch ein bisschen steiler werden möchte, als es jetzt den Anschein hat. Das wird der Huf jedoch im Laufe der weiteren Bearbeitung zeigen.
Zur Beurteilung des Hufbearbeiters empfehle ich dir regelmäßig Fotos zu machen. Denn man merkt sich leider nicht, wie Hufe mal ausgesehen haben, von ganz gravierenden Mängeln mal abgesehen. Daher regelmäßig dokumentieren und die Bilder miteinander vergleichen. So wird eine Entwicklung sichtbar.
Außerdem hast du mit den untergeschobenen Trachten schon den ultimativen "Bearbeiter-Test".

Wenn der Bearbeiter dir erzählt, dass er an den Trachten nichts machen könne, weil da ja jetzt schon „so wenig Horn“ ist, kannst du ihn gleich wieder wegschicken bzw. brauchst ihn zumindest kein zweites Mal zu bestellen.
Falls der Bearbeiter die Trachten nicht kürzt, kannst du es durchaus selbst versuchen, sofern du dir das zutraust. Dafür solltest du insbesondere die Spitze, die die Eckstreben mit dem Wandhorn bilden, zunächst gründlich mit dem Hufkratzer auskratzen. Danach noch mal kräftig mit einer Drahtbürste ausbürsten. Mit Hufkratzer sowie Drahtbürste kannst du lediglich Zerfallshorn ablösen. Du musst also keine Angst haben, die „lebende“ Sohle kaputt zu machen. Zerfallshorn hat eine mehlige, krümelige Konsistenz und eine weiße bis hellgraue Farbe. Nachdem du alles rausgebürstet hast, wirst du leicht den Wandüberstand erkennen können. Alles was übersteht, muss gekürzt werden. Allerdings ist es ratsam, bei gravierendem Überstand nicht alles auf einmal wegzunehmen. Du hast also die Möglichkeit dich langsam an die Sache ranzutasten. Wenn du zu wenig weg nimmst, verbessert sich die Situation nicht. Sie verschlimmert sich aber erst mal auch nicht, denn wenig gekürzt ist immer noch besser als gar nicht. Ich würde dir empfehlen einmal pro Woche die Trachten wie oben beschrieben zu säubern und zu kürzen. Du müsstest dann nach jeder Bearbeitung feststellen können, dass die Spitzen von Eckstreben/Wandhorn nach dem Raspeln ein Stück weiter Richtung Ballen „gerutscht“ ist. Das ist genau das was wir wollen! Bei gesunden aufgerichteten Trachten sollen die Endkanten auf einer Höhe mit der breitesten Stelle des Strahls liegen. Die jetzt „roten Ecken“ werden also Stück für Stück Richtung „grüne Ecken“ wandern. Wenn das geschafft ist, Glückwunsch!
Außerdem müsste dein Pferd nach jeder Bearbeitung die Beine etwas gerader, also mehr „ins Lot“ stellen. Wenn dies der Fall ist, bist du auf dem richtigen Weg. Falls es weiterhin im selben Maße rückständig steht, bist du wahrscheinlich zu vorsichtig und kannst beim nächsten Mal etwas mutiger raspeln oder direkt noch mal mit der Raspel drüber fahren.
