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Re: Wege aus dem Nein

Verfasst: So 3. Nov 2024, 14:36
von Scheckenfan
Also, er wusste (und hat das auch genutzt) dass er gerne Vorschläge machen kann und ich darauf gerne eingehe. Aber gleichzeitig hatte ich natürlich auch immer Ideen, was wir uns gerade so erarbeiten könnten. Und er wollte das immer wirklich unglaublich gern erfüllen. Ein Fehlversuch war also, wenn er nicht meine Vorstellung getroffen hat.
Daran, dass ich eine Vorstellung und Idee hatte, konnte ich nichts ändern :nix:
Er fand es aber total doof, wenn ich quasi nach dem Prinzip des freien Formens nur mit Lob oder halt Abwarten, nie mit "Korrektur" reagiert hab, was ja eigentlich der liberalere Umgang wäre. Er wollte bitte gern ja UND nein von mir hören

Re: Wege aus dem Nein

Verfasst: So 3. Nov 2024, 14:57
von Romy
Okay, also heißt das, dass du zu Nur-Lob-Zeiten entweder abgewartet oder das gleiche nochmal gefragt hast, wenn sein Versuch nicht deinen Vorstellungen entsprochen hat?

Bei uns ist es in der Regel so, dass jede Antwort erstmal belohnt wird, weil sie richtig ist. Richtig in dem Sinne, dass sie mir Feedback darüber gegeben hat, was an meiner Frage missverständlich war. Im nächsten Durchgang ändere ich die Frage also so ab, dass dieses Missverständnis nicht mehr auftritt. Wenn dann meine Wunsch-Antwort kommt, ist die genauso richtig wie die vorherige Nicht-Wunsch-Antwort. Nicht weil sich meine Bewertungskriterien geändert hätten, sondern weil sich meine Frage geändert hat. War die alte Antwort eine passende Antwort auf die alte Frage, so ist die neue Antwort eine passende Antwort auf die neue Frage.

Vielleicht lässt sich das an einem ganz einfachen Beispiel erklären. Ich will, dass das Pferd geradeaus neben mir mitläuft. Ich frage danach, indem ich selbst geradeaus laufe. Aber das Pferd schneidet mir den Weg ab. Also ändere ich meine Frage nach dem Geradeauslaufen so ab, dass ich meine innere (vom Pferd entfernte) Hüfte beim Laufen leicht nach vorn nehme - also nicht ganz gerade laufe, sondern leicht zum Pferd gewandt. Damit blockiere ich sozusagen den Weg zu mir hin und das führt dazu, dass das Pferd gerade läuft. In der ersten Situation war das Wegabschneiden kein Fehlversuch, sondern perfekt richtig, weil ich das Pferd unabsichtlich nach innen eingeladen habe (zumindest nach seiner Wahrnehmung in dieser speziellen Situation). In der zweiten Situation war das Nicht-mehr-Wegabschneiden richtig, weil meine Haltung klar "geradeaus" kommuniziert hat.

Das ist übrigens alles andere als uneigennützig: auf diese Weise hilft mir das Pferd dabei, Missverständlichkeiten in meiner Körpersprache zu korrigieren. Vermeintliche Fehlversuche sind also für mich super hilfreich, weil ich daraus lerne, wie ich anders fragen kann, um besser verstehbar zu sein. Ein Nein meinerseits würde die Gefahr bergen, dass ich weiter missverständlich kommuniziere, weil wir an der Antwort schrauben, anstatt an der Frage, die die Antwort erzeugt hat - also am Symptom, anstatt an der Ursache.

Re: Wege aus dem Nein

Verfasst: So 3. Nov 2024, 15:11
von Scheckenfan
Hm ja. Spannend.

Allerdings muss ich einfach sagen, mein Anspruch ist nicht unbedingt, dass jede meiner Hilfen fürs Pferd von vorneherein deutbar ist. Ich möchte durchaus auch Hilfen/Signale benutzen, die (erstmal) fürs Pferd keinen Sinn ergeben, zB ein Stimmkommando oder eine Gertenhilfe. Natürlich gibt es bei beidem Varianten, die selbsterklärend sind, aber manche eben nicht. Ich schätze du würdest halt die Touchierpunkte dort setzen, wo das Pferd von sich aus die gewünschte Reaktion zeigt. Beides hat seine Vor und Nachteile. Wenn ich vom Sattel aus zB einen spanischen Schritt auslösen will, ist der (logische) Touchierpunkt unten am Bein denkbar unpraktisch. Also setze ich den Touchierpunkt "künstlich" aufs Buggelenk, und muss dafür via Trial and Error beim Pferd arbeiten.
Somit gibt es für mich dann schon richtige und falsche Antworten :nix:

Damit wären wir dann wieder dabei, dass der Weg für Mensch und Pferd passen muss.
Muss man spanischen Schritt so erarbeiten? Nö.
Muss man ein Nein bei der Arbeit mit Pferd vermeiden? Auch nö.

Re: Wege aus dem Nein

Verfasst: So 3. Nov 2024, 15:28
von Romy
Oh, aber ich hatte weder den Thread so gestartet noch die bisherige Diskussion so verstanden, dass man irgendwas muss. Eher als ein Austauschen von Möglichkeiten auf einem großen Buffet. Mir ist durchaus klar, dass es für viele Personen überhaupt nicht erstrebenswert ist, fast ausschließlich Ja-basiert zu arbeiten. Im Gegenteil nehme ich ja auch hier im Forum immer wieder wahr, dass eine große Begeisterung für Worte wie Grenzen, Ansagen und so weiter vorliegt. Manche Leute wollen gern so kommunizieren, andere lieber anders. Ich sehe darin keinen Widerspruch, den es aufzulösen gilt.

Wichtig wäre mir nur, dass absolute Ansichten (z.B. wenn man sowas jetzt durchgehen lässt, wird es später gefährlich) hinterfragbar bleiben beziehungsweise ein Austausch drüber möglich ist, unter welchen Bedingungen das zutrifft und welche Alternativen es gibt. :-)

Re: Wege aus dem Nein

Verfasst: So 3. Nov 2024, 19:20
von Belgano
Ich lese hier sehr interessiert mit und finde mich am ehesten bei Schecki wieder. Auch er mag es lieber, wenn ich nicht nur 'ja' sage, sondern auch 'nein, das gerade nicht'.

Ich habe mein Pferd sehr jung mit soweit ich erkennen konnte keinen wirklich schlechten Erfahrungen bekommen.
Solche vehementen Neins wie ihr sie daher beschreibt, kenne ich von meinem Pferd nicht.

Trotzdem danke an Romy aber auch Wallinka, einfach weil ihr Einblick gegeben habt in ein Zusammensein mit Pferd, was sich von der mir bekannten Art nochmal sehr unterscheidet.Spannend.

Re: Wege aus dem Nein

Verfasst: So 3. Nov 2024, 19:37
von Scheckenfan
Romy, ich weiß nicht, ob es von deiner Seite so gemeint ist.
Die Aussage, dass es für viele hier im Forum nicht erstrebenswert sei, "Ja basiert zu arbeiten" damit in direkten Zusammenhang bringst, dass eine "große Begeisterung für Worte wie Grenzen, Ansagen und so weiter vorliegt" regt in mir direkten Widerstand. Es kommt mir herablassend und sehr einseitig vor.

Genau daher meine Fragen ob man "muss" denn ich nehme einen gewissen Druck von deiner Seite wahr, dass all jene, die nicht rein ja basiert arbeiten, einfach noch nicht (Achtung spitz ausgedrückt) erleuchtet sind.
Es ist irgendwie eine einseitige Unterhaltung.

Um deine eigenen Worte umzuformulieren:
Wichtig wäre mir nur, dass absolute Ansichten (z.B. dass nur ja basiertes Arbeiten pferdegerecht ist) hinterfragbar bleiben

Vielleicht lese ich es falsch :nix: ich will hier auch wirklich (!) keinen Streit vom Zaun brechen, nur meine persönliche Empfindung mitteilen.

Re: Wege aus dem Nein

Verfasst: So 3. Nov 2024, 21:05
von Romy
Ich kann dir nicht wirklich folgen, aber sehe auch nicht, was ich daran ändern könnte. Noch mehr auf mich und meine eigenen Erfahrungen bezogen kommunizieren kann ich nicht. Noch stärker betonen, dass ich es völlig normal finde, wenn verschiedene Menschen verschiedene Dinge tun, kann ich auch nicht. Wenn du da rausliest, dass andere noch nicht erleuchtet seien, fällt mir dazu nichts mehr ein. Ehrlich gesagt empfinde ich derartiges Hineininterpretieren von Absichten auch als ziemlich schräg und hab keinerlei Lust, auf diesem Level zu diskutieren. An einem inhaltlichen Austausch über ein konkretes, sachliches Thema bin ich durchaus interessiert. An solchen Social Media Soaps nicht.

Re: Wege aus dem Nein

Verfasst: So 3. Nov 2024, 21:49
von crinblanc
... ebenso, wie ich meinem Pferd ein "Nein" zugestehe, gestehe ich mir das auch zu.

Ich mach da keine Weltanschauung draus, das ergibt sich aus der Situation und der Notwendigkeit (was auf der Kreisstrasse ein klares Nein meinerseits zur Folge hat, können wir auf nem Feldweg, wo wir gefahrlos rumprobieren können, zu was tollem ausbauen :nix:).

Und was beim Senior super klappte (der mochte es auch, wenn ich ihm nach einigen Versuchen freundlich sagte, was ich jetzt grad nicht machen möchte,), brachte die Füchsin fast um den Verstand -weil sie nach ihrer Vorgeschichte besonders unterm Reiter immer mit sofortiger Strafe/Schmerzen gerechnet hat und ängstlicher reagierte als jedes andere Pferd, das ich bisher hatte- die hat regelrecht zugemacht und um zu "überleben" versucht, zu erraten, was richtig ist .
Bei ihr hätte ein korrigierendes "Nein", das zb dem Senior bei der Orientierung geholfen hat, erst mal Panik ausgelöst. Endete dann gern mal mit nem Ausflug ins Unterholz :mrgreen: und einem Neustart nach Monaten
Die mußte erst mal erfahren, daß sie probieren darf, daß sie "Fehler" machen darf und nicht bestraft wird und daß sie nachfragen darf, wenn sie was nicht versteht.
Bei ihr hab ich also eher Pause gemacht, was anderes angefragt/aufgehört und in Ruhe nochmal versucht. Manches hab ich geschenkt bekommen, anderes "können" wir immer noch nicht :nix:
Da hab ich schon sehr geschaut, was sie mir überhaupt angstlos anbieten kann.

Mittlerweile fordere ich sie durchaus auch mal auf, ihre Komfortzone zu verlassen- aber nur, wenn ich es mit ungarischer Ungnade zu tun hab, niemals, wenn ich Anzeichen von Stress oder Angst bemerke.

Re: Wege aus dem Nein

Verfasst: So 3. Nov 2024, 22:11
von Romy
Solche Unterschiede merke ich zwischen meinen Pferden auch. Nicht wegen schlechter Vorerfahrungen, sie sind ja alle ein- oder zweijährig zu mir gekommen und kennen keinen anderen Umgang mit Menschen. Aber die Persönlichkeiten könnten unterschiedlicher nicht sein.

Aahnuu und Jolie zum Beispiel sind beide total selbstbewusst und vom Wesen her absolut positiv. Aahnuu ist wie ein wilder Floh und Jolie wie eine kleine, fröhliche Hummel. Aber bei beiden hab ich das Gefühl, dass es nicht ganz so wichtig ist, wie ich mich verhalte und ob das immer perfekt auf ihre Befindlichkeiten zugeschnitten ist. Folglich bin ich mit den beiden auch viel weniger vorsichtig, zum Beispiel wenn sich im Gelände unsere Ideen über den besten Weg unterscheiden oder darüber, wie lange man Gras fressen kann, ohne dabei weiter vorwärts zu laufen. Den beiden schlage ich viel eher auch mal einen Wunsch ab, weil ich einfach gerade keine Lust darauf habe. Auf mich wirkt es so als sei ihnen das egal und sie würden sagen: "Okay, fein, nächste Idee? Das Leben ist schön, egal was wir machen!"

Bei Maymun hingegen hab ich ständig den Eindruck, ich könnte seine Gefühle verletzen. Er ist keineswegs schüchtern, aber mir kommt es so vor als gehe er durchs Leben wie jemand, der alles bitter ernst nimmt, überall Probleme wittert und zu jeder Situation "ja, aber..." sagt. Demnach bin ich bei ihm sehr viel vorsichtiger. Auch bei ihm kann ich nicht zu allem Ja sagen - gestern zum Beispiel hat er mich auf drei Spazierrunden geschleppt, weil er immer kurz vor zu Hause meinte, wir seien noch nicht fertig. Die vierte Runde hab ich dann aber endgültig abgelehnt. Er sieht dann immer sooo dropsig aus, als ob ihn das wirklich trifft. Umso froher bin ich, dass ich in den allermeisten Fällen so handeln kann wie ich meine, dass es für ihn gerade gut passt.

Re: Wege aus dem Nein

Verfasst: Mo 4. Nov 2024, 07:44
von Equester
Danke für das Auskoppeln des Themas. Ich habe jetzt alles mehrfach durchgelesen und tatsächlich komme ich damit nicht wirklich klar, weil ich hier Widersprüche lese, die für mich nicht einleuchtend sind. Deshalb möchte ich das gerne genauer beleuchten und hoffe auf Auflösung für mich. Es sei mir gestattet, dazu einige Passagen zu zitieren.
Ich möchte nur eine Alternative transparent machen, weil ich aus der Diskussion herauslese, dass Beharren oder Durchsetzen alternativlos sei.
kann es also dann erstmal eine ganze Weile dauern, bis das Hufwegzieh-Pferd wieder dran ist
Aber ist das nicht darauf beharren und durchsetzen? Sicherlich nicht in Form von Autorität, aber im Ergebnis durchaus: Du willst den Huf, Du bekommst den Huf. Der Prozeß wird nur weiter auseinander gezogen, aber das Ziel ist doch klar definiert, weil notwendig: Hufe müssen gemacht werden.

Ich sehe durchaus einen Unterschied zwischen ein Pferd zwingen, notfalls mit Gewalt, und dem Warten auf ein Ja, aber ich sehe keinen Unterschied darin, ob Du auf Deine Art und Weise in sehr langen Zeitfrequenzen fragst, oder ob ich hartnäckig in kürzeren Zeitintervallen immer wieder leise die gleiche Frage stelle :nix: . Letztlich gibt das Pferd nach, etwas anderes ist das doch nicht, oder? :kratz: . Der Unterschied besteht darin, dass ich aufspulendes Verhalten nicht zulasse, weil ich es für schädlich halte. Dabei bleibe ich immer entspannt und in der Millisekunde wo sich der richtige Gedanke formt, höre ich auf, die Unterlassung zu fordern (ich hoffe, ich habe mich jetzt einigermaßen verständlich ausgedrückt).

Schecki hat sehr schön beschrieben, dass ihr Pferd ein Nein benötigt und eingefordert hat, damit es weiß, wo es steht. Das ist ein normales Verhalten innerhalb einer Pferdegruppe, wo wir uns ja mehr oder weniger gewollt auch einsortieren. Wenn die Leitstute sagt, geh weg, dann geht der im Rang darunter stehende weg. Fängt er das diskutieren an oder "überhört" die Aufforderung, wird sie deutlicher und bei weiterem Überhören kann es schon mal sehr deutlich werden bis hin zu ernsthaften Rangkämpfen, die so oder so ausgehen können, selten ohne Verletzung. Das will man als Mensch ganz sicher nicht. Ich kenne keinen Fall, wo die Leitstute sagt, ok, ich gehe dann noch mal weg und komme später wieder und frage noch mal, ob ich eventuell jetzt an den Platz darf, den ich haben will und der mir auch zusteht. Das bedeutet, dass ein Nein vom Rangniedrigeren nicht akzeptiert wird, weil es - würden sie in der Natur frei leben - das letzte sein könnte was sie machen. Der Löwe kommt, lauf los. Nö, jetzt nicht.... Ende. Wir vergessen immer, dass wir sie zwar einsperren und schon durch dieses Einsperren ihnen etwas aufzwingen können, was sie freiwillig so niemals wählen würden. Das verhindert aber nicht, dass dieses Verhalten in ihnen angelegt und unverrückbar ist und durch noch so viele Zäune nicht gelöscht werden kann. Mir ist klar, dass jetzt sofort in den Blick springt, dass ich Rangverhältnisse aufbaue und mir die Position des Bestimmers zuordnen. Aber habe ich eine Wahl? Zumindest dann nicht, wenn ich den geschützten Bereich des Stalls verlasse und das Pferd "Gefahren" aussetzen muss, um von a nach b - und sei es auch nur ein Spaziergang - aussetze.

Das führt mich jetzt zu meiner eigentlichen Frage, ob diese ständige Fragerei und Bitte um Zustimmung, das weg gehen wenn keine kommt, nicht eher schadet wie hilft? Ich meine das jetzt absolut nicht abwertend, aber diese Frage drängt sich mir auf, wenn ich die Gesamtsituation von oben betrachte. Wir leben gerade in einer Zeit, wo jeder und jedes um seine Meinung gefragt wird, wo jeder - ob klein oder groß Mensch oder Tier - alleine bestimmen darf und soll, was es will. Das Tierheim ist voll von Hunden, die durch dieses führungslose Verhalten des Menschen unvermittelbar geworden sind, das Netz ist voll von Pferden, die "nicht zum Besitzer" passen, warum auch immer und leider ist die Welt voll von Kindern, die nur haben aber nicht geben wollen und diese Forderungen teilweise massiv durchsetzen. Nein, nicht alle Kinder, ich bitte das zu bedenken, aber die Zahl der Kinder, die man einfach nicht aushalten kann, die zu nichts Lust haben, steigt in meinem Empfinden täglich.

Ein weiterer Punkt beschäftigt mich. Ein nein vom Pferd ist akzeptabel, ein nein vom Menschen nicht und doch wird ein paar Einträge später mitgeteilt, dass eine Frage mit einem klaren Nein beantwortet wird, weil 3 Runden spazieren gehen für den Menschen nun genug war. Ich kann den Unterschied nicht erkennen, gibt es verschiedene Nein´s? Wie lernt das Pferd, dass es mal ein nein und mal keine Grenze gibt (die es aber tatsächlich gibt, weil man später und später und später immer wieder fragt, bis man bekommt, was man wünscht)? Ich war bisher immer der Meinung, dass es Dinge in der Interaktion geben muss, die unverrückbar sind, weil es sonst nicht funktioniert. Nur mal als Beispiel: heute darf mich mein Pferd von a nach b ziehen, morgen nicht. Was lernt das Pferd daraus? In meiner Welt eher nichts, außer vielleicht, dass der Mensch, der Sicherheit geben soll, das nicht wirklich kann weil er selber nicht weiß, was er will. Damit bin ich bei meine nächsten Punkt: wenn ich wie Wasser bin, bin ich in meiner Wahrnehmung nicht einschätzbar, weil ich in jede Richtung fließen kann und keinen Halt biete. Wenn jede Idee, mit der ich an das Pferd herantrete sofort weggeworfen wird, weil kein ja kommt, ist das wirklich hilfreich für das Pferd? Bin ich dann tatsächlich ein verlässlicher Partner? Bei all meinen Pferden - und auch jetzt bei Midas - komme ich regelmäßig auf den Prüfstand, ob ich meine Aufgabe auch gut mache. Indem ich gruselige Situationen zu meistern habe, indem ich u.U. auch mal sage, jetzt reicht es und und und. Gestern auf dem Feld mit dem Baum, der Schaukel und den kreischenden Kindern war das Nein und die Sorge auch für Laien bei Midas erkennbar. Ich habe mich genau in dieser Situation gefragt, wie würden das die Anderen machen? Zurück gehen? Ok, wäre eine Variante gewesen, stehen bleiben, bis es langweilig wird? Auch eine Variante, hätte aber gefährlich werden können, weil er anfing, sich hinein zu steigern. Harsch werden? Auch eine Variante, nicht meine. Hätte ich in dieser Situation auf ein klares Ja von Midas gewartet, wären wir wahrscheinlich gegen Mitternacht wieder im Stall gewesen und ob er da dann weniger Angst gehabt hätte, ist fraglich. Meine Variante war zu sagen, ich sehe das Problem, aber ich kann es nicht so lösen, dass Du davon nichts mehr mitbekommst. Du wirst das aushalten müssen, ich bin bei Dir und ich verhindere, dass Dir etwas passiert. Damit sind wir dann auch unbeschadet in einem vernünftigen Zeitfenster vorbei gekommen und direkt danach war er sofort wieder für neue Abenteuer bereit. Im Stall war er sehr anhänglich und kuschelig und wenn ich es vermenschlichen darf: er hat sich bedankt, dass es ein toller Ausflug mit einigen Abenteuern war und ich ihn heile und am Stück nach Hause gebracht habe.

Wie man lesen kann, sitze ich gerade zwischen Baum und Borke. Ich finde die hier beschriebenen Ansätze wirklich spannend und in großen Teilen auch gut, allein, sind sie das auch wirklich? Kann man das tatsächlich im realen Leben, wenn man mit den Pferde Dinge außerhalb deines geschützten Bereiches Sachen machen will, leisten? Hat das Pferd dann tatsächlich mehr Spaß daran und die Gretchenfrage überhaupt: muss das Pferd wirklich immer und an allem Spaß haben? Muss ich mich als Mensch tatsächlich um die absolute Zustimmung und den absoluten Spaßfaktor bemühen? Was verursacht das im Pferd ist es damit tatsächlich glücklich oder arrangiert es sich letztlich auch nur mit der Situation? Bitte, nicht falsch verstehen, jede einzelne Frage von mir ist ernst gemeint und ich warte voller Interesse auf die Antwort. Ich bin immer pro Pferd, aber ich finde auch, das muss durchaus Grenzen haben. Dödel ich nur auf einem Auslauf herum, mag das alles wirklich toll sein, bewege ich mich in Bereichen, wo die eine oder andere Gefahr für das Pferd lauert (Strasse, Autos etc.), bin ich doch in der Pflicht, die Sicherheit zu gewährleisten und die ergibt sich doch nicht aus der ständigen Fragerei ob es gerade passt? :kratz: