Pferdehaltung im Wolfsgebiet

Moderator: Sheitana

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november
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Re: Pferdehaltung im Wolfsgebiet

Beitrag von november »

https://www.gruppe-wolf.ch/Pressemittei ... ch-aus.htm
Es geht!

Gerade war ich im Urlaub in der Mongolei und habe was zum Nachdenken bekommen. Unsere Dolmetscherin erzählte, dass es dort praktisch überall Wölfe gibt. Ich habe daraufhin erwähnt, dass in Deutschland auch wieder die Wolfspopulation zunimmt. Ihre Reaktion: "Oh, wie toll! Sicher freut ihr euch sehr darüber!"
Äh. Nein.
Die Gegebenheiten sind bei uns nun mal völlig anders als dort. Dort gibt es keine Zäune, das Vieh kann fliehen. Verluste gibt es trotzdem, aber das ist eben so. Es gibt auch immer Verluste durch harte Winter, Verletzungen etc.
Trotzdem hat mir ihre Reaktion gezeigt, wie sehr wir die Verbindung zur Natur verloren haben. Dort tritt man einem Tier, auch wenn es ein Raubtier ist, ganz anders entgegen. Das ist auch kulturell bedingt, so naturverbunden wie die Nomaden lebt hier schon seit hunderten von Jahren kaum jemand mehr. Aber ich habe wirklich lange darüber nachgedacht und finde, wir sollten mehr versuchen, ein Miteinander zu finden. Das wird auf lange Sicht besser funktionieren und gesünder für alle sein. Klar ist, dass man die Umstände nicht übertragen kann, aber an der unversöhnlichen Einstellung kann man arbeiten. Das schafft keine direkten Lösungen, aber hilft bestimmt.
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Equester
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Re: Pferdehaltung im Wolfsgebiet

Beitrag von Equester »

Ich habe heute früh eine Sendung gesehen, da arbeiten junge Leute, die für Naturschutz demonstrieren, mal ein paar Tage auf einem Bauernhof, um hautnah zu erleben, warum Lebensmittel teuer sind und was für ein Aufwand mit Tier und Land betrieben werden muss, damit am Ende etwas herauskommt.
Auf diesem Hof werden überwiegend Schafe und ein paar Kühe gehalten und Obst und Gemüse wird dort angebaut. Es gibt auch einen Auszubildenden und der junge Mann wurde gefragt, was er denn zu den Wölfen sagt. Seine Antwort hat mich ehrlich überrascht. Er findet, dass es keine Lösung sein kann, die Wölfe zum Abschuss frei zu geben. Er ist der Meinung, dass ein Miteinander möglich ist und möglich sein muss. Dieser Hof hat nun für sich entschieden, dass die Tiere Nachts in den Stall gesperrt werden und tagsüber auf eine Weide mit besonders gesichertem Zaun kommen.

Ich hätte jetzt echt gedacht, dass er gegen Wölfe ist, da Schafe die Haupteinnahmequelle des Hofes sind, aber weit gefehlt :staun:
wir machen aus :hm: ein :dafuer2:
Nucades
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Re: Pferdehaltung im Wolfsgebiet

Beitrag von Nucades »

Danke für die beiden letzten Beiträge :-)
Sie spiegeln genau meine innere Haltung zum Thema wieder, ebenso wie der pragmatische Ansatz einer Freundin, deren Pferde in einem "Wolfsgebiet" stehen. Nach den ersten belegten Sichtungen meinte sie: "Dann hole ich die Pferde im Sommer halt nachts rein." Keine Wut, Angst, Aufregung, keine Forderungen nach politischen Entscheidungen oder sonstigem :nix: Sie holt einfach nur jeden Abend die Pferde in den Stall und bringt sie morgens wieder auf die Koppel :-d
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GilianCo
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Re: Pferdehaltung im Wolfsgebiet

Beitrag von GilianCo »

november hat geschrieben: Fr 30. Jun 2023, 09:44 Aber ich habe wirklich lange darüber nachgedacht und finde, wir sollten mehr versuchen, ein Miteinander zu finden. Das wird auf lange Sicht besser funktionieren und gesünder für alle sein.

Ich bin definitiv nicht gegen den Wolf. Ich freue mich grundsätzlich auch, dass er wieder da ist, habe auch vor Jahren nicht verstanden, dass der eine Bär erschossen werden mußte. Aber - wird er dort tatsächlich, wie in D, uneingeschränkt geschützt? Ist dort bei exponentiellem Wachstum der Population (ohne Feinde ja einfach der Fall) dort immer genug Futter für die Wölfe vorhanden? Reißen die Wölfe dort viele Weidetiere, oder ist die Anzahl am Ende überschaubar?

Klar, wäre es mein Tier, dann wäre auch das eine zu viel - aber ich denke, es ist verständlich, was ich damit meine. Ich weiß nicht wirklich, wie man komplett ohne Maßnahmen (womit ich ausdrücklich nicht Zäune und Co meine) ein "Miteinander" erreichen möchte, obwohl ich definitiv dafür wäre. Ich habe nicht pauschal Angst vor dem Wolf. Ich sehe aber einfach, dass es so, wie es bei uns aktuell läuft, mit einem so schlauen Tier wie dem Wolf, dauerhaft einfach nicht funktionieren wird. Bleibt der Wolf scheu (was ohne Maßnahmen aktuell leider nicht der Fall ist, auch wenn genau darauf gehofft wurde), dann sehe ich durchaus realistische Chancen für ein Miteinander. Lernt er, seine Nahrungsquellen so zu wählen, dass am Ende immer mehr Weidetiere die Nahrungsgrundlage bilden, kann ich durchaus verstehen, dass viele ein Miteinander kritisch sehen.
Equester hat geschrieben: Fr 30. Jun 2023, 09:52 Dieser Hof hat nun für sich entschieden, dass die Tiere Nachts in den Stall gesperrt werden und tagsüber auf eine Weide mit besonders gesichertem Zaun kommen.

Ich hätte jetzt echt gedacht, dass er gegen Wölfe ist, da Schafe die Haupteinnahmequelle des Hofes sind, aber weit gefehlt :staun:
Nucades hat geschrieben: Fr 30. Jun 2023, 12:05 Nach den ersten belegten Sichtungen meinte sie: "Dann hole ich die Pferde im Sommer halt nachts rein." Keine Wut, Angst, Aufregung, keine Forderungen nach politischen Entscheidungen oder sonstigem :nix: Sie holt einfach nur jeden Abend die Pferde in den Stall und bringt sie morgens wieder auf die Koppel :-d
Mich macht das irgendwie sehr traurig. Unsere Pferde stehen den ganzen Winter nachts in der Box, was für mich grundsätzlich ok ist, und ich bin für die Pferde einfach froh, dass sie im Sommer 24 h draußen sein dürfen. Aber ja, wenn wir keine Wahl mehr haben, wird es bei uns auch darauf hinauslaufen, dass sie dann auch im Sommer in den Boxen stehen werden über Nacht.

Viele viele Jahre, Jahrzehnte, wurde dafür gekämpft, dass die Leute ihre Pferde so "artgerecht" wie möglich halten. Jetzt ist das plötzlich vergessen, und 12 h Box Sommer wie Winter sind vollkommen ok, weil der Wolf wieder da ist?

Schwierig ist in jedem Fall, dass diese Debatte so festgefahren ist. Und ich muß ehrlich sagen, wenn ich lese, dass Jäger, die einen Wolf mit GENEHMIGUNG schießen dürften, mit Morddrohnungen und schlimmeren konfrontiert werden, dann fehlt da irgendwann die Verhältnismäßigkeit. Das macht mich fassungslos. Aber da hat einfach eine derartige Radikalisierung stattgefunden, die mir Angst macht. Da brauch ich auch keinen Wolf mehr, der mir Angst macht....
Wallinka
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Re: Pferdehaltung im Wolfsgebiet

Beitrag von Wallinka »

Grundsätzlich gefällt mir diese pragmatische Einstellung. Ich habe nur leider keine Möglichkeit meine Pferde wolfssicher einzusperren. Mein Stall wurde aly Offenstall genehmigt und gebaut. Änderungen sind nicht zulässig. Suf den Nachbarweiden wohnen von Mai bis Oktober Mutterkühe mit ihren Kälbern. Die haben gar keinen Stall, dafür grosse Bäume zum unterstellen. Die werden im Mai mit Anhänger gebracht und "ausgewildert" und im Herbst mit Panels wieder eingefangen und verladen. Wenn diese Weiden weiterhin nutzbar sein sollen ( und das sollten sie, müsste sich im Baurecht einiges massiv ändern.
Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie, was man bekommt.
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Re: Pferdehaltung im Wolfsgebiet

Beitrag von WaldSuse »

Was ich aber noch dazu beitragen möchte ist, abschießen ist nicht gleich abschießen. Es gibt Studien, die belegen daß man sehr genau wissen muss, welche Wölfe man tötet. Denn wenn man die alten erfahrenen Wölfe tötet dann bleiben die jungen unerfahrenen, die noch nicht gelernt haben, wie man sauber tötet und welche Tiere Beute sind, zurück. Und die halten sich dann an Schafe und Co weil einfacher zu erbeuten und richten ein Blutbad an. Und somit steigt die Zahl der Risse an.
Gut, bei uns gibt es noch keine Wölfe, es ist höchstens mal einer auf Durchreise, aber ich wüsste auch nicht, wie man die Pferde bei uns wirksam schützen könnte. Wahrscheinlich nur durch spezielle Zäune....
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Riff
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Re: Pferdehaltung im Wolfsgebiet

Beitrag von Riff »

Radikalisierung... mein Bruder hatte bei der Jagd eine Begegnung mit einem Jungwolf. Der kam sehr nahe und wollte sich mit seinen Hunden anlegen.

Mein Bruder schoß in die Luft und der Wolf haute ab.

Mit der Wärmebildkamera hatte er es gefilmt und später auf FB dazu einen Beitrag geschrieben.

Und? Selbst für den Schuss in die Luft bekam er Morddrohungen und diversen anderen Shitstorm. Der arme Wolf ist nämlich jetzt traumatisiert. Jawohl.

Im Video sieht man, dass der wirklich schon bis auf 10m rangekommen ist.

Was wäre denn deren Lösungsvorschlag gewesen?

Hier ist der Wolf ja auch schon da. Noch nicht viele, aber er ist da.
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november
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Re: Pferdehaltung im Wolfsgebiet

Beitrag von november »

Ja, Gilian, ich habe ja weiter vorne schon mehrfach geschrieben, dass ich keinesfalls gegen eine Kontrolle der Population bin. Das wird nötig sein. Ich schrieb oben ja auch, es geht mir um das Bewusstsein und die Einstellung. Damit meinte ich auch niemanden konkret, es ist mir allgemein aufgefallen im Vergleich zu den Menschen in der Mongolei. Ich vermute, wenn ein Wolfsrudel angreift, wird ein mongolische Nomade durchaus mit einer Waffe eingreifen, wenn er eine hat. Es ist schwer zu beschreiben, aber man merkt den Unterschied.

Eine Radikalisierung in alle Richtungen ist immer schlecht und unangemessen. Kann ich auch echt nicht nachvollziehen, auch hier wäre wieder mehr Miteinander dringend wünschenswert. Die Einstellung die ich meine, lässt sich durchaus auch auf den Umgang von Menschen untereinander übertragen. Irgendwie hat es hier oft den Eindruck, dass viele erstmal dagegen sind, egal was es ist.
Andererseits- warum muss man alles in irgendwelchen sozialen Netzwerken posten? Die entwickeln sich immer mehr zur Pest, finde ich. Aber das ist ja nun ein ganz anderes Thema...
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GilianCo
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Re: Pferdehaltung im Wolfsgebiet

Beitrag von GilianCo »

november hat geschrieben: Sa 1. Jul 2023, 08:31

Eine Radikalisierung in alle Richtungen ist immer schlecht und unangemessen. Kann ich auch echt nicht nachvollziehen, auch hier wäre wieder mehr Miteinander dringend wünschenswert.

Definitiv. Für mich eines der größten Probleme, dass das immer schlimmer wird. Allerdings für die Zeit heute mittlerweile schon fast normal, wenn ich an die Pandemie und vieles andere denke....
november hat geschrieben: Sa 1. Jul 2023, 08:31 Andererseits- warum muss man alles in irgendwelchen sozialen Netzwerken posten? Die entwickeln sich immer mehr zur Pest, finde ich. Aber das ist ja nun ein ganz anderes Thema...
Dort wird halt vieles diskutiert. Allerdings denke ich auch, dass dort noch mehr als anderswo die Menschen das Internet für anonym halten, und sich teilweise entsprechend verhalten, wie sie es ggf. von Angesicht zu Angesicht niemals täten. Da ich ja eher in Foren "aufgewachsen" bin, wo man sich irgendwann einfach kennt, ist es halt tatsächlich anonymer. Allerdings habe ich halt in Foren auch das (in schriftlicher Form) freundliche Miteinander "gelernt" oder eher kennengelernt, jedenfalls meistens. Dort eskaliert auch mal der eine oder andere - da aber denke ich nicht aufgrund der Anonymität.

Und ja, das ist sicherlich auch ein Punkt, der mit reinspielt, weil man einfach "Gleichgesinnte" findet, und vielleicht genau deswegen die Radikalisierung vorangetrieben wird, weil man für sich passende Blasen findet, in denen man sich bewegt, und dort dann auch reales Verhalten legitimiert wird, weil "die anderen ja auch so denken".
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Sky4ever
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Re: Pferdehaltung im Wolfsgebiet

Beitrag von Sky4ever »

Heute kam offiziell die Bestätigung der Landesregierung, dass das Wolfspaar im benachbarten Forst Junge hat, per Fotofalle belegt. Somit hat sich ein Rudel gebildet.

Unser Stall liegt wirklich direkt am Rand dieses Waldgebietes. Und ja, meine Begeisterung hält sich in Grenzen. :seufz:
Ich bin nicht absolut gegen den Wolf, aber die jetzige Situation macht mir schlichtweg Angst. :nix: Es ist halt was anderes, ob man in der Theorie sich damit beschäftigt, oder wirklich direkt mit seinem Pony betroffen ist.

Unser Stall ist als Offenstall mit weitläufigen Trails konzipiert. Es leben etwa 60 Pferde in drei Herden dort. Ein Aufstallen in der Nacht ist schlichtweg nicht möglich. Es gibt gar keine 60 Boxen, geschweige denn Ställe, die wolfssicher verschlossen werden können.

Die Anlage ist riesig, die Weideflächen umfassen über 15 ha. Wolfssichere Zäune sind da utopisch. Selbst wenn man "nur" die Trails umzäunen wollen würde. Der Wolfsbeauftragte der Landesregierung war vor Ort und meinte auch, dass man da nicht viel machen könne. Nur hoffen, dass aufgrund der recht großen Herden bei einem Angriff auf heftigste verteidigt würde. Das beruhigt mich jetzt kaum. :seufz:

Wahrscheinlich muss ich jetzt einen möglichen Tod durch Wolfsangriff mit auf die Liste der Dinge setzen, die bei einem in Herdenhaltung im Offenstall gehaltenen Pferd halt immer passieren können: Pferdediebstahl, Pferderipper, Beinbrüche, pp. Alles Dinge, die ich nicht beeinflussen kann. :heul:
Aber deshalb mein Pony in Boxenhaltung umzustellen, kommt für mich auch nicht in Frage. Er kennt es überhaupt nicht, und hat bei seinen Klinikaufenthalten im Frühjahr gezeigt, dass er es nicht toleriert. :hand:
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