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Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg
Verfasst: Mo 22. Sep 2014, 14:46
von jella
Schattenstern, meine RL gibt in ganz Deutschland Kurse. Ich finde, sie kann traumhaft gut erklären. Sie ist sehr ruhig u. gerade beim Pferd viel mit der Stimme unterwegs. Das Ohrenspiel meiner Stute ist zum totlachen, wenn sie von ihr geritten wird. So macht meine RL auch das Abschnaub-Geräusch nach u. man kann wirklich beobachten, wie das Pferd darauf reagiert - nämlich mit Entspannung.
Ich befinde mich auf diesem Kurs NUR wegen meiner Stute und ich muss aber auch sagen, dass mich die Leichtigkeit mehr u. mehr fasziniert.
Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg
Verfasst: Mo 22. Sep 2014, 19:10
von Hina_DK
Ich hatte ja erstmal überhaupt keinen RL. Das einzige was ich hatte, waren die Online-Kurse von BB und die Teilnahme an zwei Kursen bei einer sehr guten dänischen BB-Trainerin als Zuschauer. Aber das eine ist die Theorie, die ich verinnerlicht hatte, das andere die Praxis. Mit Tigull ein für mich unlösbares Problem. Man konnte ja nicht mit ihm losreiten, ohne abgeschossen zu werden und ich bin ein Angstreiter. Das Jahr 2013 war dann rundum von Motivationslosigkeit geprägt, weil ich aus der ganzen Misere nur einen Ausweg wusste, nämlich Tigull nach AR auszubilden, das aber ohne Hilfe einfach nicht konnte.
Im Frühjahr diesen Jahres entschied ich mich daher, den Tigull zu meiner Freundin nach Süddänemark zu bringen, wo ich alle Möglichkeiten hatte. Blieb zu Hause die Arbeit mit Reddi. Zwei Jahre vertrauensbildende Maßnahmen mit dem Ex-Problempferd sollten reichen aber irgendwann will man ja auch mal weiter kommen. Da hier AR-Wüste ist, haben wir jetzt eine richtig gute FN-RL, die jeden Sonntag zu uns kommt. Aber ich machte mir natürlich auch Gedanken, wie das eigentlich alles dann zusammen geht, denn irgendwann hole ich ja den Tigull wieder zurück. Da hatte ich dann einen Einfall. Ich schleppte einfach meine FN-RL mit samt ihrem super guten Dressurpferd mit nach Süddänemark und sie nahm mit am Kurs teil - Problem gelöst, da hat jemand ein riesiges Aha-Erlebnis gehabt und so werden wir das auch auf die Reihe bekommen

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Insofern würde ich ganz großzügig über Anlehnungsanbetung drüber weghorchen, jedenfalls so lange, wie die Leute sich ihre Meinung nicht auch fundiert bilden und nur versuchen, einen in einem kleinen Machtkampf in die Ecke zu drängen, bis sie einen Punkt gefunden haben, auf den man keine Antwort hat und dann das ganze System in Frage stellen. Leider ist das ja etwas typisch für unsere heutige Zeit. Es geht oft gar nicht um die Sachlichkeit, sondern vieles hat einfach Wettbewerbscharakter, wer ist der Größte. Ich lasse diesen Leuten auch gerne ihr Vergnügen, erst am Ziel wird abgerechnet. Wer in Anlehnung ein wunderbar durchlässiges Pferd reitet, ist genauso ein Könner, wie jemand, der am langen Zügel ein wunderbar durchlässiges Pferd in einer Signalreitweise reitet. Da ich aber den Vergleich immer so gut habe, muss ich sagen, auch für mich als Reiterin ist der Weg über die AR entspannter, als nach FN. Das selbe beobachte ich bei meinen Pferden, obwohl ich den sensiblen Aufreger Tigull nach AR reite und den allseits lockeren Reddi nach FN, zumindest derzeit noch. Mir als Angstreiter kommt auch in dieser Hinsicht der Weg über die AR mehr entgegen aber ich habe natürlich auch gebraucht, im wahrsten Sinne des Wortes (den Zügel) "loslassen" zu lernen und war dann sehr skeptisch, obs Pferdchen nicht doch unkontrollierbar sein könnte. Meine RL schärfte mir aber ein, ein entspanntes Pferd hüpft nicht und rast nicht und solange die Ohren locker zur Seite hängen, ist die Welt in Ordnung.
Und ich habe auch mehr Zutraunen zu mit selbst und den Pferden gewonnen. Reddi ist ja gut nach FN ausgebildet, der hatte ja nur ein Vertrauensproblem. Nun habe ich aber durch die AR auch gelernt, mal Vertrauen zum Pferd zu haben und nun reiten wir Reddi auch mal gebisslos. Geht super.
Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg
Verfasst: Mo 22. Sep 2014, 22:49
von jella
HIna ...
finde ich ja sehr bemerkenswert, dass du deine FN-RL zu diesem Kurs mitnehmen konntest. Das ist bei uns schon so verhärtet, das ist leider unglaublich traurig!!!
Meine RL ist den FN-lern sehr aufgeschlossen u. tolerant. Anders herum funktioniert das gar nicht.
Im Grunde ist mir das völlig egal, genervt bin ich lediglich von den Äußerungen, dass mein Tempo ja einer Schnecke gleicht! Erklärt hat mir meine RL hierzu folgendes; sie muss derzeit noch in diesem Tempo laufen, da sie sonst wieder ins "schieben" gerät, anstatt zu "tragen". Mehr Tempo kann ich erst von ihr fordern, wenn sie sicher ist u. die Kraft entwickelt hat, das auch in etwas schnellerer Gangart zu halten.
Ich für mich kann nur sagen, dass ich mich völlig entschleunigt fühle, Jakari besser läuft als je zuvor und ich mich insgesamt sehr wohl fühle im RU. All das spricht für sich! Ich kann mit meiner Stute endlich galoppieren, ohne dass GEfühl zu haben, einen Ferrari unterm Hintern zu haben.
Seit dem ich bei ihr reite, bin ich um ein vielfaches entspannter geworden.
Erstaunlich finde ich, dass du so "umswitchen" kannst. Ist das nicht schwer, das eine Pony FN-mäßig zu reiten u. das andere auf dem akademischen Weg?
Das größte Problem für mich war das äußere Bein ... du hast es in deinem Eingangspost ganz toll beschrieben. Hier erwische ich mich immer noch, dass ich dort Druck aufbaue, obwohl es gar nicht nötig ist. Meine Stute hat die "neuen" Hilfen viel leichter umgesetzt als ich. Was mir widerum sagt, dass diese Hilfen für sie verständlicher sind.
Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg
Verfasst: Di 23. Sep 2014, 00:12
von Hina_DK
Ja, irgendwie gehts einigermaßen aber die Schwierigkeiten sind eher jetzt bei der FN-Reitweise gekommen. Manchmal muss ich schon grinsen, wenn meine RL dann ermahnt, ich soll doch immer mal eine halbe Parade geben und dem Reddi sagen, dass ich noch da oben bin oder ich soll mehr mit dem verwahrenden Schenkel arbeiten, wobei der das auch rausfordert. Aber da wir jetzt bei Reddi auch erstmal auf gebisslos umgestellt haben, einfach mal probeweise und das hervorragend geht, reiten wir nun auch so nicht mehr so ganz typisch FN.
Meine FN-RL war total offen dafür, als ich vorsichtig versuchte, sie dafür rumzukriegen mit mir zu meiner AR-RL zu fahren. Die hat sich riesig gefreut, da mal reinschnuppern zu können, weil sie schon von den Bildern der Webseite beeindruckt war, wieviel Leichtigkeit da zu sehen ist und der Kurs hat ihr auch viel gebracht. Sie will jetzt auch komplett die Bodenarbeit mit einbeziehen. Ihr Pferd, das sie mit hatte und mit dem sie gerade Regionsmeisterin in der Dressur geworden ist, ist ja so der totale Aufreger und sie war so begeistert, wie toll der da gelernt hat, sich in kürzester Zeit zu entspannen. Das war dann auch für sie ein ganz anderes Reiten. Sonst hat sie immer zu tun gehabt, den Burschen zu lösen. Mit der kurzen Bodenarbeit vor dem Reiten, und dann ein paar Seitengänge geritten, statt der endlosen langweiligen Aufwärmschrittrunden, gehts nun ruckzuck.
Das mit dem Tempo ist auch so ein Isländerproblem. Die sind ja nun voll auf Schub gezüchtet. Richtige Rennsemmeln. Da in ein moderates Tempo zu kommen, dass die überhaupt dazu kommen, Tragkraft zu entwickeln, ist etwas kniffelig aber allzusehr schleichen wir auch nicht. Beim Trab darf er noch das Tempo selbst wählen. Der muss sich ja erstmal stabilisieren. Wird aber schon recht ordentlich.
Meine erste Unterrichtsstude dort hatte ich übrigens auf dem PRE-Hengst meiner AR-RL. Wir haben CR gemacht, um erstmal meinen Sitz frei für die AR zu bekommen und es war auch schon gleich mal ein Hereinschnuppern, wie sich das anfühlt, wenn man ein Pferd reitet, das in der AR bis in die hohe Schule ausgebildet ist. Den Kerl hätte ich natürlich am liebsten gleich eingesteckt und man kann nur sagen, einfach ein irres Gefühl. So muss sich gutes Reiten anfühlen. Man ist wie mit dem Pferd verwachsen und fühlt sich auch extrem sicher und das ohne Sattel und ohne Steigbügel. So reite ich zwar den Reddi auch gerne und der ist auch das totale Sofa aber es ist eben doch nochmal eine andere Welt.
Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg
Verfasst: Di 23. Sep 2014, 01:05
von Hina_DK
cinnamon hat geschrieben:Das ist ja mal wieder total spannend hier
Berichtet gerne mal weiter, bin voll interessiert. Mal so ne Frage nebenbei... Diesen Online-Kurs bzw. Kurse, den es auf der BB-Seite gibt... Ist der empfehlenswert für den Einstieg?
Wollte darauf nochmal eingehen. Ich habe mir, nachdem ich vor einigen Jahren zwei AR-Kurse als Zuschauerin mitgemacht hatte, die deutschsprachigen BB-Onlinekurse zur Boden- und Longenarbeit und den Reitkus spendiert. Die haben mir wirklich viel gebracht, im Prinzip das ganze Grundlagenwissen nicht nur, wie was gemacht wird, sondern auch warum überhaupt und vor allem werden auch viel biomechanische Zusammenhänge vermittelt. Es gibt ja immer erst einen Theorieteil, in dem BB sehr anschaulich erklärt. Der Mann ist einfach ein brillanter Didaktiker. Dann werden alle Lektionen mit verschiedenen Pferden in der Praxis gezeigt. Die Pferde haben verschiedene Ausbildungsstände, es wird die Erarbeitung gezeigt, auch die Fehler, die sich dabei einschleichen können und wie man da einwirken kann. Als Einführung und Ergänzung zum AR-Reitunterricht sind sie hervorragend geeignet. Den Unterricht direkt können sie aber nur schwerlich ersetzen, es sei denn, man ist der totale Pferdemensch mit einem super gut geschultem Auge, der seine Fehler auch immer gleich selbst erkennt. Aber man steuert autodidaktisch da doch recht schnell in Sackgassen, auch wenn man das theoretische Rüstzeug damit durchaus erwerben kann. So ganz können sie meiner Meinung nach nicht einen guten RL ersetzen, zumindest nicht der RU. Bei der Bodenarbeit mag es vielleicht noch etwas besser möglich sein, da man da ja auch selbst das Pferd im Blick hat aber es ist schon nicht schlecht, wenn da noch ein paar Augen auf Abstand mit draufschauen. Vor allem ist ja auch jedes Pferd doch noch recht individuell zu betrachten und da ist ein statischer Ablauf nicht unbedingt so empfehlenswert.
Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg
Verfasst: Di 23. Sep 2014, 09:02
von Cate
Ich finde das auch total spannend hier!
Und muss feststellen, dass ich bei der Ausbildung meiner Norikerstute vieles auf diese Art erarbeitet habe, obwohl ich eigentlich ein "klassischer" FN-ler bin. Aber bei Pferden, die eher auf Schub als auf Tragkraft gezüchtet sind, und auch nicht soviel Puste haben wie ein WB, funktionieren oft andere Wege besser ....

Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg
Verfasst: Di 23. Sep 2014, 09:03
von Schattenstern
Ich bin nach euren Berichten (und auch nach deinen Bildern bei dir im TB, jella) total fasziniert dass ihr ja auch trabt und sogar galoppiert. Ich glaube ich muss mir da wirklich nochmal einen anderen Lehrer anschaun!
Wie habt ihr euren Pferden die stellende Wirkung des inneren Zügels erklärt? Wenn ich außen bewusst vorgebe und innen Einwirke läuft Bilbo nach innen, er versteht nicht dass der angelegte innere Zügel ihn außen halten soll.
Bisher kennt er es ja so, dass der äußere Zügel ihn auf der linie führt und der innere Stellung angibt.
Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg
Verfasst: Di 23. Sep 2014, 10:20
von ehem User
Danke Hina, für deine ausführliche Erklärung. Das hilft mir weiter

Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg
Verfasst: Di 23. Sep 2014, 11:07
von Hina_DK
Das wird ja erstmal alles am Boden ganz sauber erarbeitet. Dort hat man dann natürlich noch das Mittel der eigenen Körpersprache und die anglegte Gerte zur Verfügung. Im nächsten Schritt kann man dann am Boden Zügel in den Kappzaum einschnallen und es nochmal mit Hilfe der Zügelführung simulieren, was aber oft nichtmal notwendig ist. Die Pferde verstehen das recht schnell. Erst wenn das Pferd die Anforderung verstanden hat, wird das aufs Reiten übertragen. Verständigungsschwierigkeiten gibts dann eher wenig und man kann sich auf die Sitz- und Gewichtshilfen konzentrieren, die letztendlich das Pferd dann dahin lenken, wo man es hinhaben will. Beim SH bleibt z.B. das Becken des Reiters dann im Geradeaus, der Blick auch, die Schulter wird nach innen geführt und die Hände, durch die Schulterstellung mit nach innen geführt. Beim Krupperherein bleiben Blick und Schulter im Geradeaus und man dreht das Becken nach innen. Man spiegelt im Grunde genau das, was das Pferd mit Becken und Schulter auch machen soll. Dadurch kommen die Pferde eigentlich nicht vom Wege ab. Das Wichtige ist ja immer das Zusammenspiel aller Hilfen.
Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg
Verfasst: Di 23. Sep 2014, 11:26
von Cate
@ Bilbo
Sarah, bisher - bzw. bei Tina - ist der Hobbit ja nach ganz anderen Grundsätzen ausgebildet worden, kann es sein, dass er einfach noch mehr Zeit und Vorbereitung am Boden braucht? Er soll ja "umlernen", das ist oft schwieriger und langwieriger, als neu lernen ...
