Hallo, spannendes Thema.
Gerade in den letzten Wochen habe ich mir viele Gedanken darum gemacht, was den Respekt angeht. Hier in Spanien arbeite ich gerade zum Teil auf eine Weise mit Pferden, wie ich es zu Hause nicht mehr tun werde. Wobei ich aber nicht alles mache, nur weil die Pferde es hier so kennen.

Aber mal Beispiele:
Hier heißt es im Prinzip, daß jedes Verhalten des Pferdes, das mir nicht gefällt, respektlos ist. Bzw. ein Indikator für die Rangfolge ist. Wenn das Pferd beim Reiten frißt, und ich strafe es nicht hinterher, dann merkt sich das Pferd das und denkt sich: Ha! Ein Punkt für mich. Je öfter es zum Fressen kommt, desto ranghöher fühlt es sich.
Das kann man so sehen, man kann es aber auch lassen.
Das Pferd muß hier auch hinter einem gehen. Sobald der Kopf auf die gleiche Höhe kommt, muß das Pferd vehement zurück gerichtet werden. Dies passiert mit dem Schlenkern des Seils und evtl. mit den Ellenbogen.
Ab wann wäre das Überholen des Pferdes respektlos? Zu Hause führe ich so, daß das Pferd mich mit seiner Schulter nicht überholen darf. Ich bin mir unschlüssig, ob ein Überholen respektlos ist. Bei manchen Übungen fordere ich das Pferd ja auch gezielt auf, vor mir zu gehen.

Für mich ist das Verhalten beim Führen eher eine Frage der Sicherheit als des Respekts, genauso wie auch das Fressen beim Reiten. Ich will mir nicht die Zügel aus der Hand ziehen lassen oder plötzlich stoppen, etc. Aber ob das was mit der Rangfolge zu tun hat?
Persönlich finde ich, daß Rempeleien respektlos sind. Viele hier haben schon geschrieben, daß das Pferd aufmerksam sein sollte, nicht ignorieren sollte, sich der Gegenwart des Menschen bewußt sein sollte. Die Beschreibung mag ich. Rücksichtnahme spielt da mit rein.
Allerdings finde ich nicht, daß meine Aufmerksamkeit dem Pferd gegenüber so weit gehen muß, daß ich jedes verstandene Signal sofort belohne oder lobe. Da komm ich nicht weit.

Das mache ich anfangs so in der Lernphase, und bei bestimmten Signalen lobe ich zwischendrin immer mal wieder, aber viele Dinge werden schon zur Selbstverständlichkeit, zum Alltag.
Aber ich sollte mir auch stets der Gegenwart des Pferdes bewußt sein, sollte mir z.B. - falls ich mit Gebiß reite - bewußt sein, was es für das Pferd bedeutet, dort mit einem starken Hebel gelenkt und pariert zu werden.
Das mit dem Schubbern finde ich ein gutes Beispiel. Das Pferd hat das Bedürfnis, sich zu kratzen. Aber: ich bin wirklich kein Kratzbaum, und ein Schubbern an mir empfinde ich als respektlos, ja. Was anderes ist es, wenn es mir zeigt, es juckt, und ich kratze dann aktiv an der Stelle. Damit wird man beiden Bedürfnissen gerecht: das Pferd kann sich kratzen und ich werde nicht umgeschubst.
Was ich bei Smartie zum Beispiel sehr respektvoll finde: Wenn ich vor ihm an der Box stehe und er seinen Kopf neben mir hat, dann achtet er darauf, daß er seinen Kopf über meinen schwenkt, wenn er woanders hingucken möchte. Er berührt mich nicht und stößt mir nicht seinen Schädel gegen meinen. Ebenso finde ich es respektvoll, wenn er mir den Vortritt läßt, wenn wir in den Stall gehen. Oder beim Wälzen. Er schüttelt sich grundsätzlich nicht in meiner Nähe, sondern geht ein paar Schritte von mir weg.
Macht irgendwie Spaß, wenn man das ganze mal umdreht und sich überlegt, wie denn respektvolles Verhalten aussieht.