Ja, es ist wirklich schade dass jemand wie M. D., die sich mit Clickertraining nicht wirklich auskennt, aber einfach mit einem völlig anderen Ansatz arbeitet, in der Art äussert, dass wieder so viele zu dem Schluß kommen, dass Clickertraining doch nur für Zirkus und Tricks taugt.
Ich arbeite seit vielen Jahren körper- und bewegungsbezogen über Clickertraining und habe damit gute Erfolge. Insofern kann ich diese Aussage nicht nachvollziehen.
Tatsächlich gibt es Pferde, die von Anfang an auf die Anwesenheit von Futter, gepaart mit der tatsächlichen Möglichkeit, davon viel zu bekommen, mit großer Aufgeregtheit reagieren. Das ist dann keine Frage der Signalkontrolle (für mich heißt Clickertraining auch, dass das Pferd eine Wahlmöglichkeit hat) denn sonst ersetze ich ja nur eine Form der Kontrolle (über negative Verstärkung) durch eine andere ("nur Click wenn Du auch genau das tust was ich möchte"). Da bleibt die Kreativität des Pferdes schnell auf der Strecke.
Wichtig bei solchen Pferden ist die äusserste Konsequenz des Menschen und eine gute Gestaltung der Trainingsumgebung (Arbeiten im sogenannten "geschützten Kontakt") sowie ein sauberer Trainingsaufbau, bei dem dem Pferd freundlich klargemacht wird, dass es Regeln über den Umgang und das Verhalten bei der Anwesenheit von Futter gibt und das Höflichkeit keine Lektion, sondern eine Geisteshaltung ist.
Es ist auch sinnvoll, mit solchermaßen aufgeregten Pferden nur sehr wenig anderes zu clickern bis sie in einem Zustand sind, wo das Hirn etwas anderes denken kann als "FUTTER JETZT ALLES ZU MIR SOFORT". Und in jedem Fall keine lustigen Tricks, bis die Erziehung soweit fortgeschritten ist.
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Es kann aber auch tatsächlich eine körperliche Ursache haben, wie Birte Toewe in ihrer Doktorarbeit über Koppen beschreibt:
"Eine Ausschüttung endogener Opioide wie β-Endorphin verursacht demnach auch bei Pferden, entweder über erhöhte Basalwerte infolge von chronischem Stress oder über eine direkte Stimulation der Dopamin-Rezeptoren infolge akuter Anstiege von β-Endorphin, z.B. aufgrund von Schmerz, der Aufnahme von hochschmackhaftem Futter oder sehr anstrengendem Training (Oltras et al., 1987), eine dopaminerge Hypersensibilisierung speziell der mesoaccumbialen Region der Basalganglien. Möglicherweise kann sogar das Saugen bei der Mutterstute, bei entsprechender genetischer Prädisposition, infolge eines damit verbundenen Anstiegs endogener Opioide, das Auftreten von Stereotypien bei Saugfohlen erklären. Die Tiere werden durch die beschriebenen Vorgänge in einen ähnlichen Zustand versetzt, wie er bei Menschen durch psychostimulierende Substanzen hervorgerufen wird (Cardinal and Everitt, 2004; Everitt and Robbins, 2005), welcher dann zu einem hypermotivierten, belohnungssüchtigen Phänotyp führt. Tiere mit einer derart erhöhten mesoaccumbialen dopaminergen Aktivität befinden sich laut McBride und Hemmings (2005) in einem Zustand erhöhter Motivation, bezogen auf ein zielgerichtetes Verhalten.
S. 21, Ursachen und Funktionen von Koppen bei Pferden und Möglichkeiten und Grenzen der Prävention und Therapie, 2014
Toewe, Birte Hannelore
http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2014/10989/
Ich bin gerade dabei in der Richtung etwas weiter zu forschen und bin selbst gespannt auf weitere Erkenntnisse.
Die Balance zu finden zwischen der hohen Motivation, die ich beim CT erreichen kann, und einer kontrollierbaren, im besten Fall nur milden Euphorie in Form einer gesteigerten Aufmerksamkeit und dem unbedingten Willen, etwas "Richtig" zu machen, ist ein hohes Ziel, aber es sollte nicht davon abhalten, ganz auf CT zu verzichten. Es ist einfach grundlegend anders, ob ich mit "einer Extra-Aufmerksamkeit wie einer Möhre für die Mitarbeit bedanke" oder dem Tier durch kleinschrittiges Markertraining ein Verhalten beibringe.