So anders war es damals eigentlich nicht. Gute Sättel wurden mit einem meist gegurteten Holzfederbaum, einem Kopfeisen und wollegefüllten Sattelkissen gebaut. Natürlich gab es die modernen Materialien noch nicht aber auch heute gibt es noch - und das vor allem im hohen Preissegment -, die ganz klassischen Sättel. Ich reite meinen einen Isi z.B. mit einem alten, aufgearbeiteten Dressursattel. Die Kunststoffmaterialien haben sich vor allem im unteren Preissegment etabliert. Man könnte glatt meinen, eher als Sparmaßnahme

. Früher gab es zudem noch Trachtensättel. Davon ist man heute abgekommen, sie werden teilweise aber noch für Wanderritte verwendet, da dann oftmals alte aufgearbeitete Militärsättel. Die Trachtensättel haben durch die Trachten eine sehr große Auflagefläche aber da liegt dann so eine Sattel allenfalls auf großrahmigen Warm- und Kaltblütern vielleicht noch akzeptabel. Besonders aber bei kurzen und schmalen Pferden, liegen sie viel zu sehr auf nichttragenden Körperteilen. Man ging davon aus, dass die Trachten das Gesamtgewicht auf eine größere Fläche auf dem Pferd verteilt. Heute kann man aber viel präziser Druckmessungen unterm Sattel machen und hat eben doch festgestellt, dass die Nachteile die Vorteile überwiegen.
Früher wurde aber z.B. auch als Sattelunterlage so gut wie ausschließlich ein Woilach verwendet, eine Sattelunterlage, die heute kaum noch jemand kennt. Nur die Wander- und Distanzreiter und Leute, die so wie ich, ein wenig älter sind, kennen die in der Regel noch und wissen sie sehr zu schätzen. Diese Dinger sind im Prinzip genial, denn sie sind ausgesprochen variabel und bieten dadurch auch den Spielraum, der Dir vorschwebt, je nachdem wie man den Woilach faltet. Das sind ganz einfach hervorragende ausgesprochen stabile Schurwoll-Loden-Decken, die nach einem ganz bestimmten System zu falten und aufzulegen sind. Ja, es ist ein wenig mühselig und erfordert einiges an Übung, bis man es korrekt kann

. Da sie nicht sonderlich schick sind, verwendete man, wenn man rennomierten wollte, über dem Woilacht eine sehr dünne aber kunstvoll gefertigte Schabracke. Daher auch die Form der heutigen Schabracken. Die Westernunterlagen sind ja im Prinzip auch Schabracken. Einen Woilach kann man 6-,4- oder auch 2-lagig verwenden, sie sind atmungsaktiv und vielseitig verwendbar fürs Pferd aber auch den Reiter, z.B. auf Wanderritten nachts zum zudecken. Sie sind aber heute vollkommen durch die modernen Sattelunterlagen, die man aber nur verwenden oder nicht verwenden kann, nicht aber variabel sind, abgelöst. Heute hat man in seinem Arsenal meist zig verschiedene und ist mit einer unglücklicher oder glücklicher, als mit der anderen. Frag nicht, wie lange ich gebraucht habe, bis ich in den Besitz von zwei klassischen Woilachen aus alten Militärbeständen gekommen bin

. Einen dritten kleinen habe ich dann tatsächlich noch auf dem Stallboden gefunden. Der ist aber nur 2- oder 4-lagig lagig verwendbar.
Und da wir gerade bei "früher" sind, da gab es auch noch viel mehr fähige Sattler

. Allerdings gab es keine Röntgengeräte und keine Osteopathen, aber die sog. "Knochenbrecher". Waren die am Ende ihres Lateins, warum ein Pferd lahm ging, kam es kurzerhand zu Schlachter und wurde zum Fleischlieferanten. Da war man reichlich unsentimantal. Ein kreuzlahmes Pferd hat man nicht durchgefüttert.
Was die Baumlosen betrifft, so wird einer ganz entscheidenden Sache kaum Beachtung geschenkt. Ein guter baumloser Sattel kann trotzdem immer nur so gut sein, wie sein Reiter sitzt, da er nie das an reiterlichen Defiziten abfangen kann, was ein gut angepasster Baumsattel abfangen kann. BB z.B. verlangt von den Käufern des von ihm entwickelten Sattels (in dem Fall ein Lederbaumsattel), dass sie entweder nachweisen, dass sie auf baumlosen Sätteln reiten können oder mindestens einen Kurs bei einem seiner RL mitmachen. Leider wird das bei ihm immer wieder als "Werbetrick" ausgelegt. Aber ich finde es vollkommen richtig, denn die Gesundheit des Pferdes sollte immer erste Priorität haben und dazu gehört nunmal auch, dass der Reiter ihm nicht ungebremst in den Rücken plumpst, sich verkrampft oder das Pferd (auch unbewusst) durch eine steife Hüfte blockiert.