Fenja hat geschrieben: Als ich sagte, dass wir mit Clickern arbeiten meinte er, dass er manchmal auch Futterlob nutzt, dass Pferd aber dann nur noch für das Futter etwas tut und nicht mehr für den Menschen

.
Das Pferd soll also
für mich eine Lektion ausführen.Jetzt stelle ich mir die Frage, ob es überhaupt möglich ist, dass ein Pferd etwas für den Menschen macht

. Denken Pferde so?
Ich denke nicht, dass Pferde überhaupt so denken können. Mal ganz im Ernst, warum sollten sie etwas für uns tun? Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass sie etwas machen, ohne einen persönlichen Nutzen davon zu haben. Damit würden wir die Denkweise und den Horizont der Pferde deutlich überschätzen.
Pferde sind darauf ausgelegt, mit dem was sie tun, ihre persönliche Situation zu verbessern oder zu optimieren. Mal eben etwas für uns zu tun, ohne dass sie dahinter einen persönlichen Nutzen in Form von Futter und Wasser erwarten, macht für sie keinen Sinn.
Aus diesem Grund funktioniert das Clickern so hervorragend (bei den meisten Pferden, ich kenne inzwischen zwei, denen das Futterlob völlig wurscht ist) und bringt die Pferde dazu Dinge zu tun, die aus ihrer Sicht völlig unsinnig sind. Sie machen etwas und das Leckerchen am Ende der Aktion verbessert ihre Situation: sie bekommen Futter. Aber auch aus diesem Grund funktioniert die "ich mache Druck, bis Du das machst, was ich will" Methode. Mit der Reaktion auf diesen Druck und der daraus resultierenden Reaktion von uns - ich nehme den Druck weg - optimieren sie ihre Situation: der Druck ist endlich weg.
Fenja hat geschrieben:Die nächsten Fragen werfe ich einfach mal so in den Raum:
Gibt es eine Rangordnung zwischen Mensch und Pferd?
Wenn ja, gibt es Situationen, in denen man diese klarstellen muss, oder ergibt sich das aus dem täglichen Umgang?
Ich würde diese Frage ganz klar mit einem NEIN beantworten. Es gibt keine Rangordnung, es gibt nur jemanden, der es entweder besser weiß, oder aber, der Mittel hat, die das Pferd dazu zwingen, das zu tun, was man gerade will.
Die Rangordnung in einer Herde ist eine Aufgabenverteilung ganz nach den Fähigkeiten des Einzelnen. Es ist nicht der Chef, der am besten treten, schlagen, beißen kann, sondern der, der durch seine Erfahrung der Gruppe Sicherheit gibt. Auch unter dieser "Führungspostion" gibt es verschiedene Aufgaben, die von den einzelnen Herdenmitgliedern wahr genommen werden. Deshalb kann man auch nur schwer ausmachen, wer ist 2. 3. 4. usw. und ein angeblich rangniedriges Pferd kann in einer bestimmten Situation ein ranghöheres Pferd "schicken".
In dieses Sozialsystem reihen wir Menschen uns nun ein und übernehmen eine Aufgabe, kein Rang. Wobei hier das Pferd nicht die freie Auswahl hat, ob es nun damit einverstanden ist, dass ein Mensch es von A nach B bringt. Es muss folgen, traut es dem Zweibeiner diese Aufgabe nicht zu, kommt es zu den bekannten und immer wieder gerne beschriebenen "Dominanzproblemen". Das Pferd drängelt, schubst, oder rempelt den Menschen an, es ist aus Sicht des Menschen respektlos. Wie sieht das Pferd das? Die Figur, die einen da zwingt, von A nach B zu gehen, ist in seinen Augen schlicht unfähig, also muss darf man sich so benehmen, wie man es mit unfähigen Herdenmitgliedern auch macht: man sagt über Körpersprache: weg da, jetzt komme ich oder aber sie bekommen echte Angst und wollen einfach nur weg. Wir reagieren dann gerne mit Dominanztraining und üben auch mal Gewalt aus, um dem Pferd den notwendigen Respekt beizubringen. Da wir im Gegensatz zu dem Pferd uns beliebig bewaffnen und auch immer wieder aufrüsten können, "gewinnen" wir oft am Ende, aber haben wir dann auch den Respekt des Pferdes? Ich denke nein

. Bei denen wir nicht gewinnen, sind dann die Problempferde, nur dass die Pferde im Grunde gar kein Problem haben

.
Fenja hat geschrieben:Ist es für euch wichtig, das ihr z.B. Vorhand/Hinterhand undabhängig voneinander bewegen könnt, auf Druck mit der Hand, Gerten/Fingerzeig, Blickkontakt?
Es ist mir bedingt wichtig, weil es für mich in vielen Situationen einfach bequem ist

. Ich finde es im Sinne der Gymnastizierung wichtig, weil ich das Pferd damit in die Lage versetze, mich zu tragen und davon (hoffentlich) nicht krank zu werden. Es macht mir einfach Spaß, mich über Körpersprache mit meinem Pferd bei der Bodenarbeit "zu unterhalten. Ich empfinde es als befriedigend, wenn mein Pferd meine Gesten richtig deutet und es macht sich ein sehr gutes Gefühl in mir breit, wenn ich die Hinweise meines Pferdes deuten kann und die für ihn richtige Reaktion zeige.
Fenja hat geschrieben:(Wie) Arbeitet ihr mit Körpersprache?
Habt ihr Erfahrungen mit Natural Horsemanship?
Wenn ja, was nehmt ihr davon positives mit?
Kann man Natural Horsemanship und Clickern verbinden?
Wie baut ihr eine Patnerschaft/Freundschaft zum Pferd auf?Letztendlich interessieren mich eure Gedanken, auch wenn sie sich nicht auf die oben gestellten Fragen beziehen:
wie geht ihr mit Pferden um und warum?
Man arbeitet immer mit Körpersprache, das macht ja die meisten Probleme

, denn ganz oft wundern wir uns über eine Reaktion, dabei hat man genau das gerade über Körpersprache vom Pferd verlangt. Doof nur, dass wir das oft nicht gemeint haben
Ja ich habe Erfahrung mit Natural Horsemanship und auch da kommt es - wie überall - darauf an, welchen Lehrer man erwischt. Viel Positives nehme ich da nicht mit, denn es ging in der Regel nur darum, dass das Pferd sklavisch gehorcht. So wie ich das NHS kennen gelernt habe, kann man es im Grunde nicht mit Clickern verbinden. Die eine Methode arbeitet mit Druck, der zur Belohnung weggelassen wird, die andere Methode ignoriert falsches Benehmen und belohnt ausschließlich die richtige Reaktion, die freiwillig vom Pferd angeboten wird.
Aber es gibt auch ein Zwischending, wenn ich z.B. das Pferd mit der Gerte antippe und es weicht, bekommt es dafür

. Ich habe durch das Touchieren Druck ausgeübt und für die richtige Reaktion gibt es eine Belohnung. Der Unterschied für mich liegt darin, dass ich den Druck bei ausbleibender Reaktion nicht steigere und dass die Belohnung auch eine Belohnung ist, nämlich etwas Leckeres im Maul

.
Mit meinem Pferd gehe ich eher unkonventionell im Sinne der Pferdefachwelt um. Er hat zu bestimmten Dingen eine eigene Meinung und die darf er auch haben (er mag es z.B. nicht zu spielen

). Er folgt mir wohin ich auch gehe, offensichtlich kann ich diese Aufgabe also gut erfüllen. Wenn er mal nicht mit will, hat er dafür einen Grund, auch wenn ich diesen Grund nicht immer erkennen oder akzeptieren kann und dann manchmal doch darauf bestehe, dass er mitkommt, weil wir Huftermin oder sonst was haben. An "normalen" Tagen kommt es auch schon mal vor, dass er einfach nicht mit will (neues Heu, neue Wiese, neues Pferd in der Herde etc.), dann begnüge ich mich mit einer Krauleinheit und dem Einwurf eines Leckerchens und gehe wieder. Unserer Beziehung hat das noch nie geschadet, eher das Gegenteil ist dadurch eingetreten, er kommt nämlich an den anderen Tagen sehr gerne mit

. Mein Pferd rempelt mich ab und zu mal an, das liegt aber daran, dass er auf einer Seite blind ist, nicht weil er keinen "Respekt" vor mir hat, man muss also immer gucken, warum sie es machen. Da ich weder Turnierambitionen noch irgendwelche Termine habe, wo ich irgend etwas zeigen muss, ist die gemeinsame Arbeit in der Regel entspannt (ok, schlechte Tage haben wir beide mal

) und ich mache immer nur das, was gerade geht. Manchmal geht halt nur ein Spaziergang, manchmal geht intensive Bodenarbeit, was gemacht wird, wird durch die Tagesform von ihm und mir entschieden. Oberste Devise ist aber: kein Stress! Warum ich das so mache? Weil ich mich dabei wohl fühle und es liebe, wenn er zufrieden guckt und mir zeigt, dass er sich wohl fühlt

und weil er mein bester Freund ist, auch wenn er "nur" ein Pferd ist.
Nach diesem Muster gehe ich auch mit anderen Pferden um und ich habe bisher keine nennenswerten Probleme gehabt. Sie arbeiten gerne mit und ich freue mich immer wie ein Kullerkeks, wenn nach einer Einheit das Pferd (und damit auch der dazu gehörige Mensch) entspannt ist und sich offensichtlich wohl fühlt.