Das kann man so sehen, klar. Ist wahrscheinlich eine Frage des individuellen Umgangs mit Risiken. Bei uns in Sachsen (Wolfsgebiet) gibt es große Mengen an unbefestigten Koppeln und 24/7-Koppelpferden. Dabei kam es 2022 laut Schadenstatistik der Fachstelle Wolf zu zwei gemeldeten Angriffen. Bei einem wurde der Wolf als Verursacher nachträglich ausgeschlossen und einer ist noch in Bearbeitung. Es kann also sein, dass letztes Jahr in Sachsen ein Angriff passiert ist. Daraus ziehen verschiedene Menschen natürlich verschiedene Schlüsse. Für mich persönlich ist es so: Bevor diese Anzahl von Angriffen mich zum Einsperren meiner Pferde motivieren würde, täte es die Todesgefahr durch Rangeleien in der Herde, Vergiftung aufgrund von über den Zaun geworfenen Gartenabfällen, oder Übergriffe durch Pferderipper. Alles davon passiert hier um ein Vielfaches häufiger als Wolfsangriffe. Mich persönlich hat das bisher nicht davon abgehalten, Pferde zu haben und auf der Koppel zu halten.
Ich frage mich manchmal, was den Wolf so außerordentlich gefährlich erscheinen lässt, wenn die Daten dazu so wenig Anlass geben. Zum Teil ist das wahrscheinlich das Verhältnis zwischen Auftretenshäufigkeit in echt und in den Medien. Ich denke aber einen weiteren Teil macht es aus, dass der Wolf neu ist und vermeidbar erscheint: prinzipiell könnte man die Ausbreitung ja verhindern, ohne massive Eingriffe am für Menschen wahrgenommenen Status quo zu machen, wohingegen das bei Herdenrangeleien, wohlmeinenden Gartennachbarn oder Pferderippern wohl eher nicht möglich ist.