Beruf Equotherapeutin. Erfahrungen gesucht

Moderator: Stjern

Antworten
Benutzeravatar
Katja1
Sportpferd
Beiträge: 2283
Registriert: Do 17. Mai 2012, 15:41
Wohnort: Oberpfalz

Beruf Equotherapeutin. Erfahrungen gesucht

Beitrag von Katja1 »

Vorerst:
Ich bin schon seit längerem begeistert, wenn ich Leuten zusehe, die mit der Hilfe von Tieren andere Menschen zum strahlen bringen und damit sogar heilen können. Verstärkt wurde meine Faszination durch die vor kurzem gezeigte Reportage auf arte ''Die heilende Sprache der Pferde''.
Hat das zufällig auch jemand gesehen?
Und dabei sind mir im Minutentakt die Tränen gekommen.. Ich war so berührt von der Fürsorge der Therapeutinnen, Pferde und Eltern der Patienten, das hat mich echt umgehauen.. :geruehrt:
Da ist mir auf einmal klar geworden: Ich will das auch.
Also habe ich mich für nächstes Jahr für ein Praktikum beworben in einem Therapiezentrum ganz in der Nähe von mir.
Ich wollte nun gerne wissen, ob vll jemand hier aus dem Forum selbst diesen Beruf ausübt(e) oder schonmal damit in Kontakt gekommen ist?
Wie sehen die Zukunftschancen in dem Beruf aus?
Welchen Schulabschluss bräuchte man mindestens dafür?
Wo habt ihr den Beruf erlenrt und wie?
Ist das mit dem Gehalt wirklich so schlecht?

Ich würde mich sehr sehr freuen,wenn jemand etwas dazu wüsste.
Viele liebe Grüße und :grouphug:
Zwei Mädchen wollen auf Reisen gehen, um EURE Wege zur Freundschaft mit dem Pferd zu erfahren. *klick*

Unser Fotografie Blog Pixelschaaf
Benutzeravatar
Cashew
Lehrpferd
Beiträge: 4150
Registriert: Di 15. Mai 2012, 11:10

Re: Beruf Equotherapeutin. Erfahrungen gesucht

Beitrag von Cashew »

Hallo Katja!

Ich arbeite seit 3 Jahren ca. einen halben Tag pro Woche als Equitherapeutin. Ausgebildet bin ich bei EAGALA, das ist eine amerikanische Vereinigung. Die Grundsätze dort sind: Bodenarbeit, lösungsgerichtet, und immer als Team arbeiten (Mental Health und Horse Professional) Grundvoraussetzungen sind also entweder ein Abschluss innerhalb des Gesundheitssektors (Psychologe, Krankenschwester, ...) oder innerhalb des Pferdesektors. Sie sind da nicht so penibel, verstehen sich aber deutlich nicht als grundständige sondern weiterbildende Ausbildung. Kannst ja mal auf der website vorbei schauen. http://www.eagala.org

Ich bin selbst Musiktherapeutin und habe einen Master. Bei Eagala sind sie für den Basiskurs aber nicht sehr penibel. Der Basiskurs besteht aus zwei Kurseinheiten von jeweils drei Tagen. Danach erhält man ein Zertifikat. Im Augenblick mache ich die "Advanced" Ausbildung, da muss man den vollständigen Basiskurs nochmal wiederholen, einen speziellen Advanced-Kurs besuchen, 10 Stunden Supervision über insgesamt 150 Praxisstunden, Artikel schreiben, und und und. Ich bin zufrieden über die Ausbildung, aber wohl nur, weil meine erste Ausbildung sehr umfangreich und sorgfältig war. Wie gesagt, um psychotherapeutische Techniken zu erlernen, reicht der Eagala-Kurs sicher nicht. Da entscheidet dann immer die erste Ausbildung, wie weit man in der Arbeit gehen kann und mit welchen Klienten man arbeitet.

In Belgien gibt es mittlerweile in Gent eine eigenständige Ausbildung, ein Deutschland gibt es das sicher auch. Anders kenne ich nur noch zwei andere amerikanische Ausbildungen: Ok Korral und Epona.

Ich habe damals über eine Kollegin (mit der ich heute in ihrer Privatpraxis arbeite) kennen gelernt. Mich hat daran gereizt, dass der Rahmen es zuließ, dass ich meine bisherigen Erfahrungen und Überzeugungen mit einbringen konnte. Es war also nicht eine so-macht-ihrs-und-nicht-anders-Schule. Außerdem werden die Pferde mit sehr viel Respekt behandelt und machen wirklich als eigene Persönlichkeit mit. Sie werden auch nicht speziell ausgebildet, sondern sollen einfach so sein, wie sie eben sind. Natürlich wird darauf geachtet, dass wir keine Beißer oder Kicker dabei haben, aber das ist wohl auch das einzige Aussschluskriterium.

Die Zukunftschancen sind, denke ich, die gleichen wie für alle anderen psychotherapeutischen Berufe - nicht ganz easy. Es besteht eine deutliche Frage, der Knackpunkt ist aber immer wieder die Finanzierung. Besonders weil wir ja immer zu zweit arbeiten, ist die Therapie recht teuer. Trotzdem kann in unserem belgischen Netzwerk niemand von seiner Tätigkeit als Equitherapeut leben - es ist immer Nebentätigkeit. Hier in Europa ist die Kombi "anderer Beruf im Gesundheitssektor" (z.B Arzt oder Psychologe) üblich, in Amerika auch oft die Kombination mit einem größeren Pferdebetrieb wie Reitschule oder Zucht. Es ist aber auch noch recht jung - vielleicht so 10 Jahre alt - und der ganze Bereich fängt jetzt erst an, sich in der mehr offiziellen Welt der Psychotherapie durch zu setzen. Vielleicht kommt mit dem Ausbau ja auch noch die Möglichkeit, wirklich von diesem wundervollen Job zu leben.

Ich hoffe, mein Roman gibt dir schon mal einige Ansätze ;) Wenn du noch Fragen hast, melde dich einfach. Kannst auch gerne PN schicken.

Viele Grüße,

Sarah
Viele Grüße,
Sarah und Co


Das Tagebuch des Herrn Nuss
in memoriam Die Orgelpfeifenbande
ehem User

Re: Beruf Equotherapeutin. Erfahrungen gesucht

Beitrag von ehem User »

Ich habe diese Doku auch gesehen und mir gewünscht, ich könnte noch mal den Beruf wechseln... Ist ja leider alles nicht so einfach *jammer* ;)
Benutzeravatar
Schnucke
Pegasus
Beiträge: 13080
Registriert: Di 15. Mai 2012, 10:12

Re: Beruf Equotherapeutin. Erfahrungen gesucht

Beitrag von Schnucke »

Ich habe mich auch sehr für diese Richtung Therapie interessiert. Ich hab selber einen Hof (ok der der gehört meiner Mutter), bin Kunsttherapeutin usw.. Was mich abgeschreckt hat ist das was Cashew schon so schön angedeutet hat, man kann davon nicht Leben. Ich seh es mit der Kunsttherapie, die Nachfrage ist riesig, das Problem besteht nur ständig in der Finanzierung. Das ist nunmal das Problem im gesamten Sozial- Gesundheitssektor, es ist kein Geld da, die Arbeit ist verdammt schlecht bezahlt. Ich arbeite in der Kunsttherapie mit der AWO zusammen, allderdings nicht als Mitglied und nicht fest angestellt, denn ersteres würde mir meinen "Lohn" komplett streichen und zweites ist finanziell absolut uninteressant. Die AWO bucht mich also als "Kursleiterin" für Tages oder Wochenendprogramme.
Womit man sowohl als Kunst- als auch Equotherapeutin Geld machen kann sind die ganzen Managerseminare. Aber dazu braucht man auch erstmal viel Geld und einen Namen. Geld weil die ganz andere Vorraussetzungen und ein anderes Ambiente erwarten. Und einen Namen weil man sonst gar nicht rein kommt. Außerdem ist es denk ich nicht ganz das Klientel wieso ich diese Ausbildung gemacht habe.
Keine Stunde im Leben, die man im Sattel verbringt, ist Verloren (Sir Winston Churchill)

Form und Farbe
Benutzeravatar
Cashew
Lehrpferd
Beiträge: 4150
Registriert: Di 15. Mai 2012, 11:10

Re: Beruf Equotherapeutin. Erfahrungen gesucht

Beitrag von Cashew »

Seufz... Stimmt. Ich glaube, die Nachfrage ist wohl noch nie so groß gewesen, die Bereitschaft (von staatlichen Institutionen) oder die Möglichkeit (von Privatpersonen) es zu bezahlen noch selten so niedrig.

Aber. Wer das Virus hat soll sich davon nicht abschrecken lassen. :-D Alles fängt immer mit einem Traum an!
Viele Grüße,
Sarah und Co


Das Tagebuch des Herrn Nuss
in memoriam Die Orgelpfeifenbande
Benutzeravatar
Katja1
Sportpferd
Beiträge: 2283
Registriert: Do 17. Mai 2012, 15:41
Wohnort: Oberpfalz

Re: Beruf Equotherapeutin. Erfahrungen gesucht

Beitrag von Katja1 »

Cashew hat geschrieben:Hallo Katja!

Wie gesagt, um psychotherapeutische Techniken zu erlernen, reicht der Eagala-Kurs sicher nicht. Da entscheidet dann immer die erste Ausbildung, wie weit man in der Arbeit gehen kann und mit welchen Klienten man arbeitet.

In Belgien gibt es mittlerweile in Gent eine eigenständige Ausbildung, ein Deutschland gibt es das sicher auch. Anders kenne ich nur noch zwei andere amerikanische Ausbildungen: Ok Korral und Epona.

Mich hat daran gereizt, dass der Rahmen es zuließ, dass ich meine bisherigen Erfahrungen und Überzeugungen mit einbringen konnte. Es war also nicht eine so-macht-ihrs-und-nicht-anders-Schule. Außerdem werden die Pferde mit sehr viel Respekt behandelt und machen wirklich als eigene Persönlichkeit mit.

Finde ich super!

Sie werden auch nicht speziell ausgebildet, sondern sollen einfach so sein, wie sie eben sind. Natürlich wird darauf geachtet, dass wir keine Beißer oder Kicker dabei haben, aber das ist wohl auch das einzige Aussschluskriterium.

Werden sie dann nicht extra an den Rollstuhl oder ähnliches gewönt?

Die Zukunftschancen sind, denke ich, die gleichen wie für alle anderen psychotherapeutischen Berufe - nicht ganz easy. Es besteht eine deutliche Frage, der Knackpunkt ist aber immer wieder die Finanzierung.
*seufz* :(

Es ist aber auch noch recht jung - vielleicht so 10 Jahre alt - und der ganze Bereich fängt jetzt erst an, sich in der mehr offiziellen Welt der Psychotherapie durch zu setzen. Vielleicht kommt mit dem Ausbau ja auch noch die Möglichkeit, wirklich von diesem wundervollen Job zu leben.

Ich hoffe, mein Roman gibt dir schon mal einige Ansätze ;) Wenn du noch Fragen hast, melde dich einfach. Kannst auch gerne PN schicken.

Viele Grüße,

Sarah
Hi Sarah.
Erst mal :hug: für deine riesige Antwort ;)
Habe mal gleich einige Fragen dazu:
Wird man bei Eagala denn dann in den USA ausgebildet, oder ist das bei uns in DT auch möglich?
Wenn man (nur mal angenommen) zB Erzieherin ist, dann wird man bei der Ausbildung zur Equitherapeutin nur erziehen dürfen? Oder habe ich das falsch verstanden?

Ich hoffe auch sehr, dass dieser Beruf mehr Anklang und v.a. Respekt findet. Ich denke, dass die Reportage auf arte zB der erst Schritt dazu ist. Zumal diese Therapieform ja bei weitem effektiver ist als die herkömmliche Therapie..

Weiß jemand jetzt eigentlich was über diese europäische Schule in Frankreich, wo die Dame aus der Reportage doch eine Unterstützung von den Politikern bekommen hat?
Kennt vll sogar jemand eine Website oder Personen aus dieser Doku?
Schnucke hat geschrieben:Ich habe mich auch sehr für diese Richtung Therapie interessiert. Aber dazu braucht man auch erstmal viel Geld und einen Namen. Geld weil die ganz andere Vorraussetzungen und ein anderes Ambiente erwarten. Und einen Namen weil man sonst gar nicht rein kommt. Außerdem ist es denk ich nicht ganz das Klientel wieso ich diese Ausbildung gemacht habe.
Ohje, das klingt niederschmetternd..
Cashew hat geschrieben:Seufz... Stimmt. Ich glaube, die Nachfrage ist wohl noch nie so groß gewesen, die Bereitschaft (von staatlichen Institutionen) oder die Möglichkeit (von Privatpersonen) es zu bezahlen noch selten so niedrig.

Aber. Wer das Virus hat soll sich davon nicht abschrecken lassen. :-D Alles fängt immer mit einem Traum an!
Da hast du recht :-d
Ich habe mal mit dem Gedanken gespielt, nebenher (falls ich es ernst meine und wirklich die Therapeutenausbildung mache) auch noch RU zu geben..
DEnn in vielen Ausbildungsstellen in DT ist es sogar Voraussetzung für den Beruf, den Trainer C zu haben.
Und da dachte ich mir, vll könnte man da ja noch seinen Beruf ergänzen.. :kratz:
Hat das vll schon jemand auf diese Art versucht?


Ich danke euch allen schonmal für eure Antworten und Erfahrungen!
:danke:
Zwei Mädchen wollen auf Reisen gehen, um EURE Wege zur Freundschaft mit dem Pferd zu erfahren. *klick*

Unser Fotografie Blog Pixelschaaf
Benutzeravatar
Cashew
Lehrpferd
Beiträge: 4150
Registriert: Di 15. Mai 2012, 11:10

Re: Beruf Equotherapeutin. Erfahrungen gesucht

Beitrag von Cashew »

Hey Katja!

Nein, die Pferde werden nicht an Rollstühle oder ähnliches gewöhnt. Wir machen ausschließlich tiergestützte Psychotherapie, keine Hippotherapie oder therapeutisches Reiten. Klienten mit Rollstuhl haben wir bis jetzt noch nicht gehabt. Wenn sich jemand anmelden sollte werden wir sehen wie wir das anpacken... Ich glaube, ein Pferd, dass anfangs etwas vorsichtig mit einem Rollstuhl ist könnte eine schöne Metapher sein für Reaktionen von Mitmenschen... :)

Eagala organisiert Ausbildungen in Europa. Ob in DT welche programmiert sind weiß ich jetzt nicht, die nächste findet im August in Belgien in Sint Niklaas statt. Das ist in der Nähe von Antwerpen, Sprache ist Englisch. Als (nehmen wir mal an ;) ) Erzieherin könntest du sicherlich teilnehmen. Andere Ausbildungstermine und Orte stehen aber bestimmt auf der Website.

Ich habe vor etlichen Jahren auch in Deutschland nachgeschaut für Ausbildungen, musste da aber immer irgendwelche Reitabzeichen oder sonstige Papier haben. Die hätte ich damals aber nicht machen können, deswegen schieden all die Ausbildungen aus. Auf dem Netz findest du aber sicherlich viel Info über Ausbildungen.
Viele Grüße,
Sarah und Co


Das Tagebuch des Herrn Nuss
in memoriam Die Orgelpfeifenbande
Benutzeravatar
Cashew
Lehrpferd
Beiträge: 4150
Registriert: Di 15. Mai 2012, 11:10

Re: Beruf Equotherapeutin. Erfahrungen gesucht

Beitrag von Cashew »

Schubs... Wer Info in Deutschland sucht - hier habe ich einen Thread zu einer Konferenz geöffnet:

viewtopic.php?f=42&t=3097
Viele Grüße,
Sarah und Co


Das Tagebuch des Herrn Nuss
in memoriam Die Orgelpfeifenbande
Antworten