Puschel gern gesehen - Tinker & Co.

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Fionnlagh
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Re: Puschel gern gesehen - Tinker & Co.

Beitrag von Fionnlagh »

Ich kann dich gut verstehen! :-n
Ich hab auch immer wieder mal abgebrochen, weil ich dachte, ich "daschlag den Gaul gleich :-z "
Grundsätzlich find ich abbrechen besser als "daschlagen" :mrgreen:
Aber ich hab auch die Erfahrung gemacht, dass man damit tatsächlich nicht weiter kommt :nix:
Mit wütend werden kommt man allerdings noch weniger weiter.... bei meinem Pferd zumindest :nix:

Am besten klappt es, wenn man einfach stoisch und ruhig immer wieder einfordert, was man haben will. Und das kann dauern...
Ich hab letztens 1 geschlagene Stunde lang gebraucht, bis ich den Bären dazu bekommen habe, die eine Reitplatz-Seite entlang zu gehen. Das haben wir schon 100mal gemacht und mit einem mal sagte er "nein" :evildevil:
Ich war zwischen drinnen auch mal echt wütend und hab nen Schrei los gelassen :tuete: aber verbessert hat das die Sache nicht - eher verschlimmert :nix:
Schließlich hab ich tief durchgeatmet, mich beruhigt und so lange darauf bestanden - immer wieder - bis es schließlich klappte... wie gesagt, hat ne Stunde gedauert :ohhh: und Spaß ist das keiner :-ü
Aber bisher die einzige Möglichkeit, die ich für uns gefunden hab :nix:
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Nucades
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Re: Puschel gern gesehen - Tinker & Co.

Beitrag von Nucades »

kolyma hat geschrieben:Ganz, ganz, ganz ehrlich???
Ich bitte darum ;-)
Ich lasse ihm das nicht durchgehen. Ich auch nicht :nix:
Ich lasse viel durchgehen - wenn ich weiß mein Pferd versteht mich nicht... Ok... Wenn mein Pferd sich schwer tut bei manchen Übungen... naja - gut, ok - wir üben.

Aber verarschen muss ich mich nicht lassen. Mein Pferd kann beim Aufsitzen stillstehen. Wir haben das geübt und er ist darin Profi. Wenn er jetzt meint, dass wir daraus ein Spielchen machen - nach dem Motto: "Na, schaun mer doch mal, was das Frauchen dazu sagt..." Dann gibts nen Anschiss. Warum sollte er nicht merken, dass ich wütend werde? Er wird doch auch genau so oft wütend und zeigt mir das....
Natürlich darf er merken, dass ich wütend werde - lässt sich auch gar nicht vermeiden.
Das Pferd zerbricht nicht daran, wenn es mal ne Ansage bekommt. Es stimmt - sie sind wie pupertierende Kinder. Sie testen ihre Grenzen aus. Aber um Grenzen auszuloten braucht man dann auch mal die Grenze an der man sich stößt.Der Bub kennt die Grenzen ganz genau, sonst würde er sie ja nicht immer mal wieder hinterfragen. Sonst weiß man nie wie weit man gehen kann. Und man wird so lange suchen bis die Grenze erreicht ist. Das heißt im Umkehrschluss sie werden so lange "testen" bis sie wissen wo der Mensch sagt: "Nein!"
Da gehe ich völlig mit Dir. Nur juckt es den Bub in einer solchen Situation überhaupt nicht, wenn er eine Ansage/einen Anschiss bekommt, im Gegenteil er wird nur noch renitenter :shifty:
Anderes Beispiel:

Wenn es regnet muss ich mein Pferd leider im Stall anbinden. Das ist er nicht so recht gewohnt und außerdem ist er recht hengstig und dort steht ein anderer junger Wallach mit ner Stute zusammen was meinen dazu bringt sich aufzublasen und einen auf Gockel zu machen.
Er steckt die Nase in die Box von denen, will dem anderen Wallach am Pillermann rumschnüffeln, es wird gezapptelt, gequietscht und ich kann nicht putzen.
Ich sag es einmal im Guten, dass er Ruhe geben soll. Wenn das nix hilft dann gibts ne "Aufmunterung" in Form eines Klatschers auf den Arsch....
Das tut sicher weniger weh als er sich erschreckt dabei.
Und urplötzlich kann der "Hengst" strammstehen wie ein Mäuschen...

Das heißt er weiß genau wie man sich zu benehmen hat - aber wenns halt grad so lustig ist, dann vergisst man das schnell mal bis Frauchen ganz klar sagt: "bis hierhin und nicht weiter!"

Wollte nie nen Hengst - wusste schon warum. Jetzt hab ich einen sehr spät gelegten Wallach. Da lernt man das durchgreifen, ob man will oder nicht... ^^
Als mich der Bub bei dieser Aktion mit voller Absicht von der Aufstiegshilfe geschubst hat, gab´s auch eine mit der flachen Hand auf den Hals und eine verbale Ansage. Das hat dann zur Folge, dass er mich nicht mehr runter schubst, aber deswegen steht er noch lange nicht still... Das Durchsetzen ist nicht mein Problem, ich denke, ich kann sehr gut deutlich machen, das es langt. Mein Problem ist, dass ich den längeren Atem haben muss und da komme ich an die Grenzen meiner Geduld. Und das weiß der Bub, also lässt er mich in solchen Situationen so lange am ausgestreckten Huf verhungern, bis ich mich zwischen Gewalt und Aufgabe entscheiden muss und ich entscheide mich immer gegen die Gewalt. Ich suche also Strategien, die mir helfen, sehr lange sehr cool zu bleiben...
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Re: Puschel gern gesehen - Tinker & Co.

Beitrag von Nucades »

Fionnlagh hat geschrieben:Ich kann dich gut verstehen! :-n
Ich hab auch immer wieder mal abgebrochen, weil ich dachte, ich "daschlag den Gaul gleich :-z " Ja, solche Gedanken kommen mir dann eben auch...
Grundsätzlich find ich abbrechen besser als "daschlagen" :mrgreen:
Aber ich hab auch die Erfahrung gemacht, dass man damit tatsächlich nicht weiter kommt :nix:
Mit wütend werden kommt man allerdings noch weniger weiter.... bei meinem Pferd zumindest :nix:
Genau das ist das Dilemma :seufz:
Am besten klappt es, wenn man einfach stoisch und ruhig immer wieder einfordert, was man haben will. Und das kann dauern...
Ich hab letztens 1 geschlagene Stunde lang gebraucht, bis ich den Bären dazu bekommen habe, die eine Reitplatz-Seite entlang zu gehen. Das haben wir schon 100mal gemacht und mit einem mal sagte er "nein" :evildevil:
Ich war zwischen drinnen auch mal echt wütend und hab nen Schrei los gelassen :tuete: aber verbessert hat das die Sache nicht - eher verschlimmert :nix: Ja, so ist es. Der Bär und der Bub sind offenbar Brüder im Geiste :punk:
Schließlich hab ich tief durchgeatmet, mich beruhigt und so lange darauf bestanden - immer wieder - bis es schließlich klappte... wie gesagt, hat ne Stunde gedauert :ohhh: und Spaß ist das keiner :-ü
Aber bisher die einzige Möglichkeit, die ich für uns gefunden hab :nix:
Geht mir genauso - stoische Ruhe ist das einzige, was (irgendwann) zum Ziel führt. Und darauf bezog sich meine Frage: Welche Strategien hast Du/habt Ihr um "lange genug" stoisch bleiben zu können?
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kolyma
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Re: Puschel gern gesehen - Tinker & Co.

Beitrag von kolyma »

Nur nochmal zum verdeutlichen: Ich wollte nicht sagen, dass schlagen die Strategie ist - ganz sicher nicht! Schlagen ist keine Erziehungsmethode - ich glaube da sind wir uns alle einig.

Ich habe einfach im Laufe der Zeit versucht gewisse Regeln aufzustellen, deren Einhaltung ich fordere. Dazu gehört das stillstehen am Putzplatz, das stillstehen beim Aufsitzen, stillstehen wenn wir wo stehen und warten müssen, usw.

Ich gehe mit meinem Pferd mittlerweile ja auch auf Sternritte. Er ist jung, er ist aufgedreht - alles kein Thema. Aber er muss händelbar bleiben. Und er muss wissen, dass ihm nichts passiert, wenn er sich an die Regeln hält.

Vielleicht habe ich ein besseres Beispiel.
Nero kann unglaublich schlecht in fremder Umgebung still stehen. Daheim kein Thema, sobald wir den Hof verlassen und wo anders stehen müssen - fängt er das Zappeln an und wird, wie ein kleines Kind quengelig. Bei etwa 600 Kilo Pferdegewicht ist das kein Spass und kann gefährlich werden. Gerade wenn es evt. auch eng ist.
Also habe ich jede noch so kleine Bewegung immer sofort konsequent geahndet in dem ich ihn ruhig aber bestimmt an seinen Platz geschickt habe.
Ich versuche da so emotionslos wie irgendwie möglich zu sein. Da wird auch nur dann gelobt, wenn er wirklich mehrere Sekunden brav und in entspannter Haltung neben mir steht. Anspannung, erhobener Kopf usw. wird ignoriert. Nur Entspannung und stillstehen werden gelobt. Und ich habe gemerkt, dass Leckerli in der Situation völlig kontraproduktiv sind weil er dann mit Absicht das Zappeln anfängt, damit das Procedere von vorne los geht und er sich wieder entspannen kann und muss... Denn dann gibts was.

Jetzt steigere ich meine Hilfen, wenn er weiter rumprollt, zappelt und sich dreht. Also merkt er langsam oder sicher, dass ich ungemütlich werde. Da wird er schon mal etwas deutlicher zurück geschickt. Was vorher mit einem zarten Tippen der Finger auf die Brust begann wird deutlicher in dem ich klopfe und später anfange mit der Gerte zu touchieren. Er weiß - ich mein es ernst und er kann jetzt kucken was die nächste Stufe ist oder er kann still stehen.

Nach der Zeit in der wir uns kennen genügt schon eine leicht erhobene Stimme und er steht still. Nicht immer, aber es wird besser. Er weiß natürlich mittlerweile, dass mir das toternst ist.

Wie gesagt, ich möchte absolut vermeiden körperlich zu werden. Aber anrempeln und in Gefahr bringen lasse ich mich auch nicht. Also muss er verstehen, wohin es führt, wenn er grob wird.
Ich biete ihm die Sicherheit, dass ihm nichts passiert, so lange er sich in dem Raum aufhält, den ich ihm zuweise.

Das ist sicher ein langer Prozess und bedarf viel Geduld - aber ich kann mein Pferd jetzt auf Veranstaltungen nehmen mit ganz vielen anderen Pferden und er steht neben mir, kuckt und schaut - aber er bleibt stehen und ist auch nicht mehr so aufgeregt. Er orientiert sich dabei sehr an mir - schaut mich an und wenn ich signalisiere, dass er sich entspannen kann, senkt er den Kopf und entspannt sich dann.


Regeln vermitteln für mich Sicherheit. Regelverstöße haben eine Konsequenz. Das Pferd muss aber wissen, dass der Druck sich steigert, wenn er das Verhalten nicht lässt. Ich weiß nicht ob es alleine mit stoischer Ruhe und immer gleichbleibenden Druck funktioniert - so ein Tinker hat nen verdammt langen Atem...

Das hat jetzt natürlich null und nix mit clickern und positiver Verstärkung zu tun, das ist mir schon kar. Das kann man natürlich alles auch auf einem anderen Weg versuchen.
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


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Fionnlagh
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Re: Puschel gern gesehen - Tinker & Co.

Beitrag von Fionnlagh »

Also ich versuch einfach tief zu atmen und mir gedanklich klar zu maxhen, dass ich ruhig bleiben MUSS. Ich rede mir dann gedanklich selber gut zu, lass den Baeren in der Zwischenzeit einfach stehen und ignorier ihn bis ich mich beruhigt hab.
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Never Mind
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Re: Puschel gern gesehen - Tinker & Co.

Beitrag von Never Mind »

Ich komme zwar aus dem verbrüderten Haflinger-Lager aber die Probleme sind ja doch irgendwie die Gleichen und ich habe mittlerweile auch Tinker-Tage live miterlebt :frech:
Ich habe die Erfahrung gemacht, mit dem Klapsen - oder "schlagen" oder wiie auch immer man das nennen mag - also flache Hand mit Schwung auf Hintern oder Hals etc. - befreit man seine eigenen Gefühle aber hilft weder dem Pferd noch der Situation. Wenn überhaupt muss man sich ganz sicher sein, dass das Pferd die Sache zu fast 100% wirklich macht um einem auf den Kopf zu scheixxen. Nur, ich finde der Punkt ist, sowas kommt echt selten vor; meist steckt doch ein vermeidbarer Grund dahinter und das Pferd wird für instinktielle (?) Handlungen "bestraft".
Ich biete ihm die Sicherheit, dass ihm nichts passiert, so lange er sich in dem Raum aufhält, den ich ihm zuweise.
Der ist mir jetzt nur ins Auge gesprungen ... nicht persönlich von dir aus kolyma, sondern als allgemeine philosophische Frage ..
.. weiß ich sicher, dass ich ihm Sicherheit gebe? Also weiß ich, dass Sicherheit das ist was bei ihm ankommt? Oder ist es "Angst" oder "ich bin jetzt einfach mal brav und still"? Ich finde ich kann nicht sagen, dass mein Pferd sich sicher fühlt nur festgemacht an dem, dass er brav ist..
.. sobald er die Raumgrenze überschreitet wird ja zur "Ansage" oder zum "Klaps" oder etc. was ihm vorher Sicherheit gegeben hat? :-e Und wenn er wieder im zugelassenen Raum ist, ist das was vorher unangenehm war wieder sicherheits-gebend? Also ich als Mensch würde mich nicht in 100% Sicherheit wiegen wollen bei jemandem der dann "gegen" mich ist sobald ich eine unsichtbare Grenze übersteige, die ich eigentlich nicht erahnen kann.

Ich sag ja jetzt nicht, dass ich nicht auch so handle :frech: ich mein das auch nicht als Kritik, sondern rein gedankliches Geschreibe.. :breitgrins:

Am weitesten komme ich indem ich auch stoisch mit gleicher emotionaler Basis aber im Gegensatz OHNE Implussteigerung das gleiche verlange. Mittlerweile komme ich an einen Mikrosekundenpunkt an dem es bevor es in die Aggression geht ich einfach lachen muss - weil man sich aus dem tollen Hobby, in das man so viel Geld und Mühe steckt so ärgern kann. Dann steh ich halt eine Stunde da und geh mit ihm einfach an der Bande entlang - obwohl es selbstverständlich ist - aber auch mit nem Lächeln, ist halt so und sobald die Anspannung und Aggression vom Menschen aus weg ist - fluppts gleich viel besser. Ich finde unsere Pferde müssen viel zu viel funktionieren :nix: .. oder müssen es doch können weil wir es ihm hundert mal gezeigt haben ... das Pferd muss seines Wesens aus gar nichts, das Problem in solchen Situationen liegt also an den Menschen und ihren Ansprüchen, die solche Situationen und die darausgehenden Gefühle erst überhaupt entstehen lassen.
Reiten ist eine Schule von Verzicht und Demut.

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kolyma
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Re: Puschel gern gesehen - Tinker & Co.

Beitrag von kolyma »

Ich habe kein Problem damit kritisiert zu werden. Ich denke nur, man liest viel und man hört so viel und da ist es doch auch gut mal verschiedene Meinungen zu lesen. Ich weiß, dass ich mit dem was ich schreibe anecke. Aber auch deshalb weil es halt eine Situation beschreibt die eigentlich sehr, sehr, sehr selten vorkommt.

Ich halte nichts vom schlagen. Aber ich bin der Meinung, dass es hilft (also nicht das Schlagen) sich die Aufmerksamkeit des Pferdes zu holen. Ob das durch Ansprechen ist, einen Klaps auf die Schulter oder den Po (ich schlage grundsätzlich nicht auf den Hals - das ist mir zu nah am Kopf), mit den Hufkratzer auf den Anbindestange klopfen, damit es ein lautes Geräusch macht usw. Hauptsache das Pferd besinnt sich wieder dem Menschen.

Und meist sind es ja Situationen wo die Aufmerksamkeit des Pferdes im Außen ist und nicht bei einem. Wäre sie bei mir, gäbe es die Situation ja nicht. Zumindest habe ich noch nie erlebt, dass mein Pferd zappelt, ruckelt usw. wenn er mich anschaut und sich auf mich konzentriert.

Kann man mal drüber nachdenken, wo die Aufmerksamkeit des Pferdes ist, wenn es zu Problemen wie diesen kommt... Ich würde mal behaupten, das Pferd ist überall - aber nicht bei mir.
Never Mind hat geschrieben:Ich komme zwar aus dem verbrüderten Haflinger-Lager aber die Probleme sind ja doch irgendwie die Gleichen und ich habe mittlerweile auch Tinker-Tage live miterlebt :frech:
Ich habe die Erfahrung gemacht, mit dem Klapsen - oder "schlagen" oder wiie auch immer man das nennen mag - also flache Hand mit Schwung auf Hintern oder Hals etc. - befreit man seine eigenen Gefühle aber hilft weder dem Pferd noch der Situation. Wenn überhaupt muss man sich ganz sicher sein, dass das Pferd die Sache zu fast 100% wirklich macht um einem auf den Kopf zu scheixxen. Nur, ich finde der Punkt ist, sowas kommt echt selten vor; meist steckt doch ein vermeidbarer Grund dahinter und das Pferd wird für instinktielle (?) Handlungen "bestraft".
Ich biete ihm die Sicherheit, dass ihm nichts passiert, so lange er sich in dem Raum aufhält, den ich ihm zuweise.
Der ist mir jetzt nur ins Auge gesprungen ... nicht persönlich von dir aus kolyma, sondern als allgemeine philosophische Frage ..
.. weiß ich sicher, dass ich ihm Sicherheit gebe? Also weiß ich, dass Sicherheit das ist was bei ihm ankommt? Oder ist es "Angst" oder "ich bin jetzt einfach mal brav und still"? Ich finde ich kann nicht sagen, dass mein Pferd sich sicher fühlt nur festgemacht an dem, dass er brav ist..
.
Ich kann ja nur von meinem Pferd sprechen. Da mag es andere ja auch geben. Aber ja - mein Pferd entspannt dann merklich. Ich merke direkt, wenn er mal verstanden hat, dass jetzt stillstehen angesagt ist, dass jegliche Anspannung abfällt, seine Augen werden weich, seine Ohren spielen, er schnaubt ab und kuckt interessiert. Manchmal legt er dann sein Maul auf meine Schulter, sucht Bestätigung und Kontakt.

Würde Gewalt und Aggression meinen Umgang mit dem Pferd beherrschen wäre das sicher nicht so. Aber das will ich ja auch gar nicht. Ich möchte, dass er mir vertraut und auf mich achtet.

Unterm Strich kann man vielleicht sagen, dass es für die Lösung des Problems wichtig ist, dass einem das Pferd seine Aufmerksamkeit zuwendet und bei einem bleibt.

Ich hab mal ein HMS-Seminar mitgemacht (ich halte davon nichts, ist mir zu viel Druck), erste Übung war Aufmerksamkeit gewinnen. Dort bekam man beigebracht, dass man mit dem Stick so lange auf den Führstrick "klopfen" soll, bis das Pferd sich einem zuwendet. Das hat funktioniert - aber die Pferde haben alle den Kopf hochgerissen und sich rückwärts gewichen und wollten sich teils am Kopf nicht mehr anfassen lassen.

Da ist es mir deutlich lieber, wenn ich ihm mit der Hand auf die Schulter klopfe oder auch mal klatsche, damit er mich wieder wahrnimmt.

Natürlich verhalten sich Pferde instinktiv. Aber so ein Verhalten kann man auch nur steuern, wenn sich das Pferd wieder auf den Reiter konzentriert. Jetzt kann ich natürlich mit immer gleichem Druck stoisch versuchen Mitarbeit herzustellen - bei einem glotzigen Pferd in freier Wildbahn klappt das aber oder der Tinker hat sich überlegt, dass man das immer gleiche Zupfen neben einen schön ausblenden kann und macht sich dann trotzdem alleine auf den Weg...
Mir ist das schon mal passiert, mein Pferd galoppierte fröhlich über die Landstraße und ich durfte kucken wie ich hinterher komme... Nur weil mein Pferd der Ansicht war, dass Schafe ihn fressen und ich eh nicht in der Lage wäre auf ihn aufzupassen. Seit dem bin ich sehr schnell wenn ich merke er entgleitet mir geistig. Dann klopfe ich nicht zehn mal zart an. Dann frag ich zweimal vorsichtig nach und beim dritten Mal, wenn er noch immer stocksteif was anstarrt und ich merke er ist nicht mehr da, werd ich deutlich. Sicherheit geht mir da vor.
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


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kolyma
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Re: Puschel gern gesehen - Tinker & Co.

Beitrag von kolyma »

Zum Thema: "Pferde müssen funktionieren"... Pferde müssen seit Jahrhunderten ihren "Job" machen. Das stimmt schon. Und da wir Pferde ja zu unserem "Vergnügen" halten und wir Freundschaft mit ihnen schließen möchten, ist zu hinterfragen ob Pferde immer funktionieren müssen...

Ich stelle mir halt die Frage ob eine Grunderziehung dem Pferd tatsächlich etwas weg nimmt. Wieviel Freiraum gibt es, wieviele Kompromisse gehe ich als Reiter ein? Wo ist es Freiraum und wo wird es gefährlich?

Ich glaube wir wären uns alle einig, dass ein Hund nicht ein bisschen beißen darf, weil es zu seiner Natur gehört. Ein Hund darf keine Menschen beißen. Da drüber depatiert niemand.
Bei einem Pferd welches im Straßenverkehr geführt wird ist es ja ähnlich. Es soll möglichst nicht "ein bisschen vor einen LKW springen" - das kann tödlich enden.
Woher soll das Pferd aber wissen, dass im Straßenverkehr zappeln nicht geht, aber auf dem Platz schon?

Ich finde stillstehen ist für mich eine grandiose Idee.
Vorhin war ich ausreiten. Alles war super. Tolles Wetter, gut gelaunter Tinker.... Perfekt.
Auf dem Heimweg kam die Müllabfuhr. Wir müssen durch eine enge Gasse zum Stall. Die Müllabfuhr fuhr erst rechts an uns vorbei. Ich dachte, das wars und führte mein Pferd die Gasse entlang.
Dann kam die Müllabfuhr plötzlich zurück und fuhr hinten auf uns auf. Ich merkte schon, wie Nero sich anspannte, den Kopf hoch riss und den Arsch einzog. Der riesige Laster hatte auch null Rücksicht genommen und fuhr mit etwa 30km/h in unsere Richtung. Ich gab Handzeichen zum Anhalten, der LKW-Fahrer sah das entweder nicht oder es war ihm egal...Nero wollte sich schon drehen - damit wäre er komplett auf der engen Straße gestanden. Rechts waren Koppelzäune mit Strom, links war ne Mauer - hinter uns Müllabfuhr.
Also hab ich ihn an den Rand gestellt und still stehen lassen. Kaum stand er, war er ruhig. Die Müllabfuhr fuhr wirklich sauknapp an uns vorbei. Ich glaube da war kein Meter Luft zwischen LKW und Pferd. Aber Nero stand ganz ruhig da - spitzte nur die Ohren.
Er weiß, wenn ich ihn stehen lasse, passiert nix. Ich glaube er würde sogar stehen wenns brennt mittlerweile.

Damit habe ich aber seinen Fluchtinstinkt komplett unterdrückt.
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ehem User

Re: Puschel gern gesehen - Tinker & Co.

Beitrag von ehem User »

kolyma hat geschrieben: Natürlich verhalten sich Pferde instinktiv. Aber so ein Verhalten kann man auch nur steuern, wenn sich das Pferd wieder auf den Reiter konzentriert. Jetzt kann ich natürlich mit immer gleichem Druck stoisch versuchen Mitarbeit herzustellen - bei einem glotzigen Pferd in freier Wildbahn klappt das aber oder der Tinker hat sich überlegt, dass man das immer gleiche Zupfen neben einen schön ausblenden kann und macht sich dann trotzdem alleine auf den Weg...
Mir ist das schon mal passiert, mein Pferd galoppierte fröhlich über die Landstraße und ich durfte kucken wie ich hinterher komme... Nur weil mein Pferd der Ansicht war, dass Schafe ihn fressen und ich eh nicht in der Lage wäre auf ihn aufzupassen. Seit dem bin ich sehr schnell wenn ich merke er entgleitet mir geistig. Dann klopfe ich nicht zehn mal zart an. Dann frag ich zweimal vorsichtig nach und beim dritten Mal, wenn er noch immer stocksteif was anstarrt und ich merke er ist nicht mehr da, werd ich deutlich. Sicherheit geht mir da vor.

Ich glaube wir wären uns alle einig, dass ein Hund nicht ein bisschen beißen darf, weil es zu seiner Natur gehört. Ein Hund darf keine Menschen beißen. Da drüber depatiert niemand.
Bei einem Pferd welches im Straßenverkehr geführt wird ist es ja ähnlich. Es soll möglichst nicht "ein bisschen vor einen LKW springen" - das kann tödlich enden.
Woher soll das Pferd aber wissen, dass im Straßenverkehr zappeln nicht geht, aber auf dem Platz schon?
Genau das meine ich auch.
Wie soll das Pferd wissen, wann es ernst ist oder nicht? Keiner ist böse, wenn der Reiter im Gelände 'durchgreift', weil es nötig war wegen Menschen, Autos oder was auch immer. Aber sobald man die Grunderziehung auf dem Platz, Roundpen, Paddock in Angriff nimmt, dann wird geguckt, hinterfragt ect pp.

Ich bilde gerade Dino vermehrt am Boden aus, genau wegen sowas. Und bei Jungpferden/unerfahrenen Pferden sieht das schnell hässlich aus. Es wird, trotz dass Herr Pferd meint, der Übung sich entziehen zu müssen, angefragt, ob er denn meint, wirklich dem Menschen den Strick aus der Hand reißen zu müssen. Reagiert er nicht, wird es zu einem überdeutlichen 'Anhalten' und wenn er da nicht reagiert MUSS man ihm einfach Grenzen setzen und dann ist das halt mal das Leitseil vor die Brust schlagen. Wenn er einmal merkt, er kommt damit durch, dann hat man ewig Probleme und kann sich einfach nicht sicher sein, ob er beim nächsten Mal Gelände nicht doch den nächsten Radfahrer vom Rad holt. Und wenn Dino dann noch den wilden Mustang dabei macht und die Augen aufreißt, dann sieht das für viele Außenstehende brutal aus. Aber lieber einmal 'brutal' sein und ein rittiges, gut erzogenes Pferd haben, als ständig mit der Angst im Nacken zu reiten.
Wobei ich mich mit dem Leitseil auch mal hab verprügeln lassen und das ist mehr Schreckmoment als Schmerz. Wir machen das ja nicht, um das Pferd zu quälen, sondern um ein sicheres Miteinander zu schaffen. Und das geht nur über Konsequenz und eben leider nicht wie bei Wendy. Das hauptsächliche Problem, was ich bei vielen Menschen sehe ist das Vermenschlichen der Tiere. Man kann sich zwar davorstellen und dem Pferd erklären, dass es Auabubu macht, wenn ein Auto es rammt, aber es versteht es so einfach nicht.
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Re: Puschel gern gesehen - Tinker & Co.

Beitrag von Never Mind »

Heiei, ne da sind wir dann leider verschiedener Meinung.
Prinzipiell rede ich gar nicht von Gefahrensituationen sondern von alltäglichen 'nö, ich geh lieber hier rüber statt geradeaus' -Aufstellungen.
Da bin ich lieber nicht 'brutal' und habe trotzdem vielleicht auf nem mühsameren, langwierigeren Weg aber ein genauso 'rittiges' Pferd - sicher gibts dann mehr Rückfälle, aber letztenendes kommt man ans gleiche Ziel. Wobei ich ja nicht sag, dass der andere Weg schlecht ist. Nur halt verschieden :nix:
Reiten ist eine Schule von Verzicht und Demut.

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