Unzufrieden mit dem eigenen Pferd

Moderator: Stjern

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Heupferdchen
Sportpferd
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Unzufrieden mit dem eigenen Pferd

Beitrag von Heupferdchen »

Ihr Lieben,

ich bin schockiert: ich hab mich verliebt. In ein anderes Pferd. O wei. Dass mich ein Bild und ein kurzer Beschreibungstext in einer Anzeige so aus der Fassung bringen würde, hätte ich nicht gedacht.

Weil ich ein vernünftiger Mensch bin, werde ich da wohl nichts unternehmen. Was ich mich frage: Was bedeutet es für das Verhältnis zu meinem eigenen Pferd, wenn mir fast alle anderen Pferde irgendwie besser gefallen als meiner?

Mein Pferd habe ich seit 6 Jahren. Ich habe ihn mir ausgesucht, weil mich sein nettes Wesen spontan angesprochen hat. Mir war nur wichtig, dass er gesund ist, und dachte mir: Den Rest bekommen wir mit gutem Training schon hin. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich mich damit (und auch den Einfluss von Training auf die Reiteignung eines Pferdes) maßlos überschätzt habe. Er war damals noch nahezu ungeritten, einen Proberitt gab es nicht. Und ehrlich - ich war so unerfahren, dass ich viele Baustellen gar nicht gesehen habe.

Die folgenden Jahre habe ich damit verbracht, viele verschiedene Trainingsansätze auszuprobieren. Ich habe einiges gelernt. Was ich nicht geschafft habe: Mir ein Reitpferd hinzutrainieren, auf dem ich mich wohl fühle.

Dabei sind meine Ansprüche nicht mal besonders groß: Ich möchte weder Häuser springen noch piaffieren. Nur ein Pferd, das ich in den Grundgangarten nett reiten kann, das sich dabei balanciert und angenehm bewegt. In Turnierklassen lässt sich das schlecht ausdrücken, aber von den Lektionen her ist für mich E bis max. A völlig ausreichend.

Pony kommt mir auf der Koppel entgegen, obwohl wir meist anstrengende und für ihn schwierige Dinge tun und der Spaß meist zu kurz kommt. Er lässt sich, obwohl mit schwachen Nerven ausgestattet, brav verladen, alleine ausreiten ist kein Problem uvm. Ein nettes Pferd. Eigentlich. Trotzdem macht es bei mir nicht 'klick', wenn ich ihn sehe. Sobald er sich auf der Koppel bewegt, muss ich wegschauen. Ich finde ihn einfach nicht gut, da kann ich mir einreden, was ich will :nix: .

Mich stört, dass er sich so schlecht bewegt. Dass für ihn das korrekte Laufen so schwer ist, dass er Nachhilfeunterricht braucht. Dass sich da sehr mühsam gegensteuern muss.

Mir fehlt auch ein wenig der 'Biss' bei meinem Pony. Bei seinen körperlichen Voraussetzungen müsste er noch leistungsbereiter sein, um da was zu erreichen. Aber ich muss höllisch aufpassen, ihn nicht zu überfordern, muss mich sehr beherrschen, die positiven Dinge zu sehen, um ihn weiter motiviert zu halten.

Ganz ehrlich: Ich bin unzufrieden mit dem, was ich habe. Dabei bin ich eigentlich kein chronisch unzufriedener Mensch: ich mag meine Arbeit, bin sehr sehr glücklich mit meinem Partner usw. Nur mit meinem Pony stimmt's irgendwie nicht. Obwohl ich das Zusammensein mit Pferden und das Draußensein sonst sehr genieße. So erwische ich mich immer wieder auf den Seiten diverser Verkaufsportale und Pferdezüchter. Das gibt mir zu denken. Genau so, wie ich meine Liebesbeziehung hinterfragen würde, wenn ich mich ständig auf Datingseiten herumtreiben würde ...

Ich weiß, das mit der Liebesbeziehung ist noch mal was anderes. Aber die Option 'mehrere Pferde' kommt für mich höchstens übergangsweise in Frage. Das ist finanziell, zeitlich und auch von meiner Lebensplanung her nicht möglich. Für mich gibt es nur ein Pferd.

Mit Sicherheit mache ich auch noch einiges falsch beim Training. Mein Pferd ist ein hervorragender Reitlehrer. Er lässt mich viele Dinge hinterfragen. Ich kann nicht einfach 'irgendwie' trainieren - weil es bei ihm einfach nicht funktioniert. Und obwohl ich langsam immer besser werde beim Pferdetraining und sich nun die ersten Erfolge einstellen - hätte ich einen guten Platz für ihn, würde ich ihn sofort hergeben.

Als Besi bin ich auch nicht die Idealbesetzung. Abgesehen davon, dass er natürlich spürt, dass ich ihn nicht gut finde, hätte er gern jemanden, der mehr tüddelt und weniger Ansprüche stellt. Er versteht sich gut mit unserem neuen Pfleger, der immer mal ein paar Streicheleinheiten für ihn übrig hat. Mit so jemandem als Besitzer wäre er wohl noch schmusiger und anhänglicher, als er sowieso schon ist. Aber auf eine ganz angenehme Art, er fordert nicht und gibt sich auch mit weniger zufrieden. Ein ideales Freizeitpferd eigentlich, dass man auch mal für ein paar Tage in die Ecke stellen kann.

Darf man ein Pferd abgeben, weil es die eigenen Erwartungen an das Zusammensein nicht erfüllt? Habt ihr das schon getan? Und was ist danach passiert? War es mit dem nächsten Pferd dann besser?
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Sheitana
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Re: Unzufrieden mit dem eigenen Pferd

Beitrag von Sheitana »

Heupferdchen hat geschrieben: Darf man ein Pferd abgeben, weil es die eigenen Erwartungen an das Zusammensein nicht erfüllt? Habt ihr das schon getan? Und was ist danach passiert? War es mit dem nächsten Pferd dann besser?
Ja, ich finde das darf man. Denn letztlich tut man damit sich UND dem Pferd einen Gefallen.

Wir haben das in unserer Gruppe zweimal gemacht. Beide Male haben die Pferde ihre Traumbesitzer, bzw. die Besitzer ihre Traumpferde gefunden.
Sicherlich klappt das nicht, indem man sein Pferd dem nächstbesten in die Hand drückt. Trotzdem glaube ich ganz fest an Schicksal und wenn es so sein soll findet sich auch der richtige Mensch.
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Cate
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Re: Unzufrieden mit dem eigenen Pferd

Beitrag von Cate »

*unterschreib*


Hab ich ja im Frühjahr auch erst gemacht, weil es einfach nicht gepaßt hat :nix:
Und unser Forum hier ist eine ganz tolle Pferde-Vermittlungsstelle .... :whistle:
Es ist sinnvoll, sich mit dem Üben anzufreunden, denn man wird weit mehr Zeit mit Üben verbringen als damit, perfekt zu sein - Maren Diehl

Was wir sehen, hängt hauptsächlich davon ab, wonach wir suchen - Sir John Lubbock :puppy: :puppy:
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Scheckenfan
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Re: Unzufrieden mit dem eigenen Pferd

Beitrag von Scheckenfan »

:-n Solang man das Pferd nicht nur "irgendwie weg" gibt, umd sich was "neues" holen zu können, finde ich das absolut nicht verwerflich.
Wann man dem Pferd einen guten neuen Platz sucht, wo Pferd & neuer Besitzer miteinander glücklicher sind, ist das ja nicht mal nur egoistisch, sondern auch für's Pferd ne bessere Lösung.

Zumal dein Pferd so klingt, als würden recht viele Leute sich über so ein Pferd freuen!

Also: :goforit: und :ohm: - du wirst scon die richtige Entscheidung treffen.
Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst in dieser Welt.
- Mahatma Ghandi
noriker
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Re: Unzufrieden mit dem eigenen Pferd

Beitrag von noriker »

Natürlich darf man das, sonst könnten sich wohl die meisten kein Pferd kaufen wenns keine zu verkaufen gibt ;)
Ich hatte mal mein erstes Pferd ausgeschrieben. Er war viel zu schwierig für mich, es machte nicht den geringsten Spass und ich war überfordert. Ich suchte für ihn jemand erfahrenes und ein Heim wo er gefahren würde. Das konnte ich ihm damals nicht bieten. Tja, es haben sich nur unmögliche Leute gemeldet. Teenies die mit ihm Springen wollten (er wog damals noch eine Tonne, usw.). Ich behielt ihn, es gab einige Lichtblicke aber wir waren weit von dem entfernt, was ich mir vorgestellt hatte. Als er nach einer längeren guten Phase wieder durchbrannte, war ich wirklich und echt bereit ihn in die Metzg zu geben. Ich habs nicht getan und ab da gings aufwärts. Langsam, mühsam, nicht geradlinig und er wurde nie ein einfaches Pferd. Er hatte es auch nicht immer leicht mit mir, wir schenkten einander nichts. Manchmal mochte ich ihn nicht mal und auf Veranstaltungen schaute ich mir die anderen an, die so viel besser waren. Ein Gedanke hielt mich immer vor dem Aufgeben ab; "was wenn ich es mit dem nächsten auch nicht schaffe? "
Wir haben über die Jahre viel erlebt, zusammen durchgemacht und gelernt. Und als es anfing richtig gut zu laufen, wo ich endlich auch ihm gerecht werden konnte, mussten wir ihn auf Grund sehr massiver Arthrose einschläfern lassen. Ich glaube er half uns noch den Kleinen einzufahren und als dieser das erste Mal einspännig ging, war kurz danach von einem Tag auf den anderen Schluss.
Ich weiss selber nicht, warum ich das jetzt so ausführlich aufgeschrieben hab. Ich kann gut nachfühlen wie das ist, wenn man sein Pferd nicht will und keine Freude daran hat. Verkaufen ist nichts schlimmes, wie ich eingangs schon geschrieben hab. Für das Pferd war die Zeit sicher auch nicht immer lustig und ich wünschte mir im Nachhinein, er hätte es besser gehabt. Auch wenn ich froh bin, ihn nie verkauft zu haben und wir noch so viel tolles zusammen erlebt haben.
Schreib ihn aus und höre auf dein Gefühl wenn sich die Interessenten melden. Bist du erleichtert oder willst du ihn dann doch nicht hergeben?
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tara
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Re: Unzufrieden mit dem eigenen Pferd

Beitrag von tara »

Heupferdchen hat geschrieben: Darf man ein Pferd abgeben, weil es die eigenen Erwartungen an das Zusammensein nicht erfüllt? Habt ihr das schon getan? Und was ist danach passiert? War es mit dem nächsten Pferd dann besser?
ja, das darf man.

Um das Beispiel einer menschlichen Beziehung aufzugreifen:
wenn ich jemanden kennenlerne, gehen wir erst ein paar mal aus, unternehmen was zusammen, treffen uns immer öfter, dann wird es vielleicht 'intimer', und nach einiger Zeit entschließt man sich (beide!) zusammenbleiben zu wollen.
Und beim Pferd? Mensch sucht sich ein Pferd aus, reitet vielleicht einmal Probe, besucht es vielleicht 2-3 mal. Und nimmt es dann mit. Und nach einiger Zeit stellt Mensch dann fest, daß der Funke nicht überspringt. Pferd wußte das natürlich schon von anfang an, war aber zu nett, es deutlich zu sagen.

Du hast dein Pferd seit 6 Jahren. es ist also keine leichtfertige Laune. Natürlich braucht es Zeit, bis man zusammengewachsen ist. Aber bei meinen beiden Pferden konnte ich nach max. 1 Jahr mit Sicherheit sagen, das ist jetzt MEIN Pferd.

Also, habe den Mut, diesen Schritt zu gehen, denn wenn beide nur noch gefrustet sind von einander, ist auch niemandem geholfen.
Liebe Grüße
tara
☮️ 🇺🇦 🇮🇱

Ändere deine Einstellung zu den Menschen, und die Menschen ändern ihre Einstellung zu dir.
Samy Molcho



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foxy48
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Re: Unzufrieden mit dem eigenen Pferd

Beitrag von foxy48 »

Ja, ich denke, man darf sich von seinem Pferd trennen, wenn es denn gar nicht passt. Ist mir auch schon passiert und ich bin froh, dass ich diese Entscheidung damals getroffen habe, wenn ich auch zugeben muss, dass es in dunklen Stunden doch an mir nagt, dass wir es nicht geschafft haben, das Dreamteam zu werden.

Ich finde es richtig und auch sehr mutig von dir, diese Gedanken nicht nur zuzulassen, sondern sie auch zu äußern. :hutab:
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forty
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Registriert: Sa 19. Mai 2012, 17:30

Re: Unzufrieden mit dem eigenen Pferd

Beitrag von forty »

ich denke sogar, es ist einer der wenigen "guten" Gründe. :-n
Du willst kein Sportgerät aussortieren und du ziehst dich nicht einfach aus der Verantwortung, weil das Pony alt oder krank ist.

Wenn man seinen Partner (in diesem Falle eben das Pony) liebt, dann liebt man genauso all seine Fehler und Eigenarten, die ihn eben ausmachen. Wenn das nicht der Fall ist, dürfte das für beide nicht wirklich eine gute Lösung sein. Wieso also nicht ruhigen Gewissens einen Schlussstrich ziehen und neu anfangen?
Shieldmaiden

Re: Unzufrieden mit dem eigenen Pferd

Beitrag von Shieldmaiden »

Ich schliesse mich meinen vorschreibern an. Ich hatte ja auch das theoretische traumpferd mit bilbo - aber 'meiner' war er selbst nach 2 jahren nicht so wirklich. Ich habe zwar eine tiefe zuneigung zu ihm entwickelt, aber waere er mein reitpferd geblieben, ich waere nur frustriert gewesen.

ich habe mir auch in den letzten wochen noch versucht einzureden, dass ich vielleicht ein staemmigeres, ruhigeres pferdchen haben wollen wuerde - aber die tatsache ist, das ist einfach nicht mein typ :nix:

Ich kann das Forum auch sehr gut fuer Pferdevermittlung empfehlen :-n Ich wuerde mir, und dem Pferd, den Gefallen tun. Es ist wirklich richtig schoen zu lesen, wenn das pferd, das einem so viel bedeutet aber mit dem man nicht gluecklich wird (so war's bei mir) einen menschen findet, der richtig freude an ihm hat, fuer den er nummer 1 ist. Kann ich wirklich nur empfehlen :-)

Ob's beim naechsten besser wird? :nix: kann ich noch nicht sagen, bin noch nicht so weit. Aber ich weiss, ich hatte schon mal ein Pferd der so wirklich 'meins' war, meine grosse liebe. Und das wuensche ich mir so sehr wieder. Und wenn man nciht mehrere haben kann/will, dann verbaut man sich wohlmoeglich die chance, dieses pferd zu finden, und dem pferd, das man hat, ebenfalls...

Und bei mir ging's ganz schnell als ich mich einmal wirklich entschieden hatte - Sarah war innerhalb weniger wochen in England und hat ihn ein paar wochen spaeter gleich 'eingepackt'. Manchmal passt es eben :-)

Ich wuerde allerdings nicht 'mal probieren'. Ich wuerde wenn es wirklich entscheiden - denn mein 'einfach probieren' hatte null erfolg. Aber einmal wirklich entschieden fand sich sofort jemand :nix:
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Jochen
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Re: Unzufrieden mit dem eigenen Pferd

Beitrag von Jochen »

(Ein Bekannter hatte mal ein Kaninchen, das nicht mehr auf die Weibchen ging und deshalb zu Weihnachten in den Kochtopf sollte. Etwa Mitte Februar sorgte sich dann dieser Bekannte, weil das Kaninchen immer magerer wurde. Auf meine Frage, ob er ihm gesagt habe, daß das mit dem Kochtopf vom Tisch sei, meinte er, wie ich das denn meine.
"Stell dich vors Kaninchen und sag ihm: 'Kaninchen, das mit dem Kochtopf ist vom Tisch.'"
Ein paar Wochen später ging's dem Kaninchen wieder richtig gut, und Nachwuchs war auch im Anmarsch. Auf meine Frage, ob er's ihm gesagt habe, meinte mein Bekannter, nein, wohl nicht so direkt wie in meiner Karikatur, aber es sei ihm schon deutlich klar geworden, daß er das Kaninchen behalten werde... Hat er dann auch, bis zum natürlichen Ende.)


Wenn "die Chemie nicht stimmt", läßt sie sich nicht erzwingen.

Und verantwortungsbewußt wie Du schreibst, sehe ich da überhaupt kein Problem.
In schlechte Hände wirst Du ihn schon nicht geben.
Halt mich fern von der Weisheit, die nicht weint, der Philosophie, die nicht lacht,
und der Größe, die sich nicht vor Kindern verbeugt.


Gibran Khalil Gibran, "Handful of Beach Sand"
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