
Auswertung für Stjern:
Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir es hier mit einem richtigen Charakterpferd zu tun. Schon allein die Profillinie ist außergewöhnlich. Ein starker Ramskopf und direkt unterhalb der Augen ein Höcker. Ramsköpfigen Pferden wird nachgesagt, dass sie stur und schwer von Begriff sind und es stimmt wohl, dass sie bei ungerechter Behandlung widerspenstig werden. Bekommen sie jedoch eine gute Ausbildung, ist davon nichts zu merken.
Doch dies ist nicht das einzige Anzeichen für Starrsinn. Schauen wir uns das kleine Auge, die kurze Maulspalte, das breit hervortretende Nasenbein und natürlich den Höcker unterhalb der Augen an und es wird deutlich, dass dies ein Pferd mit einem starken eigenen Willen sein müsste. Gleichzeitig kann es auch inflexibel sein, dieser Eindruck verstärkt sich auch durch die kleinen Ganaschen, und wahrscheinlich reagiert es auf Druck mit Gegendruck bzw. Widerstand.
Den meisten Merkmalen, die auf Starrsinnigkeit hindeuten, spricht Linda Tellington-Jones auch langsames Lernen, also geringe Intelligenz zu. Ich sehe das inzwischen anders und denke, dass diese Pferde innerhalb konventioneller Ausbildungsmethoden oft länger brauchen, um Neues zu lernen, weil sie sich innerlich und äußerlich gegen diese Aufgabe sperren.
Dann ist es die Herausforderung des Reiters, das Pferd die Aufgabe so lösen zu lassen, dass es denkt es wäre selbst auf die Idee gekommen. Und nach Möglichkeit sollten Ideen solcher Pferde auch angenommen werden, damit sie sich gerecht behandelt fühlen. Gelingt es dem Reiter dies zu tun, würde ich vermuten, dass diese “starrsinnigen” Pferde genauso schnell, wenn nicht schneller, wie andere “intelligente” und “arbeitswillige” Pferde lernen können.
Wenn ich diese Vermutung nicht eh schon hätte, würde sie nun durch den gut ausgeprägten Nüsternrand, die fein geformten Ohren und die im Vergleich zum restlichen Kopf sehr kleine Maulpartie (“Teetassen”-Nase), die auf ein schnell begreifendes Pferd hinweisen, aufkommen.
Die kleine Maulpartie spricht auch für Sensibilität.
Der einzelne Wirbel, das runde weiche Kinn, Ohren, die schon am Ansatz weit auseinander stehen und an den Spitzen noch weiter und natürlich das breite, wohlgeformte Ohr - all das sind Anzeichen für ein verlässliches, beständiges und unkompliziertes Wesen.
Die oben abgerundeten Nüstern und die herzförmige Oberlippe lassen auf eine extrovertierte, neugierige, aufgeweckte und ausdrucksstarke (das kann ich an dieser Stelle schon selbst bestätigen) Pferdepersönlichkeit schließen.
Insgesamt kann ich sagen, dass das eines der ausdrucksstärksten Gesichter ist, die ich bis jetzt genauer betrachtet habe. Ein Pferd, das in den falschen Händen vermutlich großes “Monsterpotenzial” hat und auf den Bildern doch sehr “in sich ruhend” erscheint.
Ich vermute, dass es hier eine entscheidende Frage gibt, die über den Charakter und das Verhalten dieses Pferdes den Menschen gegenüber entscheidet - schafft es der Mensch zu einem wahren Freund zu werden?
Wenn nicht, hat man hier wohl wenig Freude. Wer ein Pferd möchte, das auf Knopfdruck springt (okay, solche Leute sollten gar keine Pferde haben…) aber derjenige ist hier höchstwahrscheinlich an der falschen Adresse.
Aber wenn es der Mensch nun schafft sich wirklich interessant zu machen, dem Pferd sinnvoll erscheinende Spiele vorzuschlagen und auf Augenhöhe mit dem Pferd zu kommunizieren, kann hier eine tolle Partnerschaft entstehen mit einem Pferd, das auf seinen Menschen aufpasst und gern zusammenarbeitet. Dazu muss es jedoch in seiner Individualität geschätzt und nicht verbogen werden.
Meiner Ansicht nach ein Pferd, das einem viel über die eigene Einstellung zum Pferd beibringen kann.