Dominanz - und Relevanz dieses Konzeptes

Moderator: Keshia

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A.Z.
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Re: Dominanz - und Relevanz dieses Konzeptes

Beitrag von A.Z. »

Der Gedanke an Dominanz und darauf basierte Konzepte haben aus oben genannten Gründen überhaupt keine Relevanz mehr in meiner Beziehung zum Pferd Romy.

Ich finde diesen Begriff im Sinne sämtlicher Definitionen, die ich auffinde als unpassend.

Weder erzeuge oder reagiere ich mit Unterwürfigkeit, wie es HIER beschrieben wird.
Noch beherrsche ich oder werde beherrscht.

Keiner von uns gibt den Ton an, ragt heraus, überwiegt - zumindest nicht dauerhaft, so wie ich es in den Begriffen Dominanz oder dominieren suchen würde.

Es ist ... was anderes - ich krieg das grad nicht in Worte gefasst.
Viele Grüße Angela

Oh Großer Geist, hilf mir, nie über einen anderen Menschen zu urteilen, bevor ich nicht zwei Wochen lang in seinen Mokassins gelaufen bin. (Lachender Fuchs, Sioux-Häuptling)

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Lottehüh
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Re: Dominanz - und Relevanz dieses Konzeptes

Beitrag von Lottehüh »

Sheitana hat geschrieben:Das ist übrigens ein Grund, warum Appaloosa oft so verschrien sind. Als ich meine Georgia kaufte wurde mir gesagt "bei dem Vater, die ist nicht ganz richtig im Kopf, dazu noch ein Appaloosa, um Gottes Willen".
Und man hätte das auch meinen können, trat sie doch und ging mit gebleckten Zähnen auf mich los...
Fakt ist aber leider, dass viele Appaloosa noch nicht auf "ich bin brav und ertrage alles, was der Mensch mit mir tut" gezüchtet sind und es daher eben vermehrt zu "Auseinandersetzungen" kommt.
DANKE für das kurze OT - wir hatten 2 Appis am Stall - die Menschin total im 08-15-Dominanzdenken, aber selbst sowas von unsicher und unklar. Die eine hat sich ja noch einigermaßen damit abgefunden, aber die andre (Appi-Quarter-Mix) hatte richtige Angst-/Unsicherheitsaggressionen. Ich fand das Pferdchen wahnsinnig interessant, weil eigentlich super lieb - wenn man klar war und sie respektiert hat.
Das Leben schenkt Dir ein Pferd - reiten musst Du schon selber.
:schritt:
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Romy
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Re: Dominanz - und Relevanz dieses Konzeptes

Beitrag von Romy »

Danke dir, Angela! Dein Beitrag zeigt mir, dass ich da in meinem Denken wahrscheinlich irgendwo eine Unklarheit habe. Und zwar deshalb, weil mir Dominanz in allen möglichen Definitionen im Sinne von "Beherrschen" ebenso irrelevant erscheint wie du schreibst. Aber wenn ich es umformuliere und frage ob "innere Stärke, Autonomie und Klarheit" des Pferdes für euch relevant ist wird die Frage ziemlich banal. :lol:
Zuletzt geändert von Romy am Mi 9. Okt 2013, 15:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Sheitana
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Re: Dominanz - und Relevanz dieses Konzeptes

Beitrag von Sheitana »

Ah, verstanden (glaube ich *gg*).

Also ich empfinde keines unserer Pferde als dominant... :-ü

Sie sind selbstbewusst, intelligent, wach, ideenreich, offen, neugierig, arbeitsinteressiert, manchmal frech, auch mal fordernd, probieren viel aus und sind eigentlich die liebsten und tollsten Pferde überhaupt :herzi:

Wie du siehst, nein, ich sehe das absolut nicht als Problem und ich befürworte es sehr, dass unsere Pferde so aufgeschlossen sind und möchte das auch fördern. Wohl wissend, dass sie für die meisten Pferdemenschen nicht alltagstauglich sind (wie schon gesagt, die Meisten würden sie vermutlich als dominante, freche, unerzogene Mistviecher bezeichnen).

Im Grunde ist es doch immer ein Geben und Nehmen. Das Pferd und ich, wir sind zwei selbstständige Individuuen, die nun mal aufgrund verschiedener Umstände jetzt zusammen leben... Unsere Sprache ist grundverschieden, aber trotzdem gibt es Möglichkeiten, dass wir lernen den Anderen zu verstehen. Dabei sind weder die Pferde mir gegenüber dominant, noch bin ich es ihnen gegenüber.

Trotz Allem gibt es in unserem Zusammenleben Grenzen, die gesetzt werden müssen. Sei es zu meinem Schutz, oder zum Schutz der Pferde... Aber auch sowas empfinde ich nicht als Problem.
Oft hört man ja "ich habe mit meinem Pferd dieses oder jenes Problem im Umgang". Ich sehe Umgangsdinge grundsätzlich nicht als Problem an, denn das sind sie nicht. Es ist Kommunikation. Häufig eben falsche Kommunikation.
Letztlich ist der Umgang mit Pferden doch geprägt von ständiger Kommunikation, von Grenzen setzen und versetzen (wobei ich das ausdrücklich NICHT als negativ empfinde, sondern als höchst positiv), erkennen der eigenen Persönlichkeit und Weiterentwicklung.

Aber im Grunde geht es mir wie Angela, ich kann es kaum in Worte fassen WAS es genau ist. Dominanz jedenfalls unter keinen Umständen...
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Schattenstern
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Re: Dominanz - und Relevanz dieses Konzeptes

Beitrag von Schattenstern »

Ich verfolge den ganzen Tag schon sehr interessiert eure Diskussion. Und jetzt mag ich auch was dazu sagen ;)
Ich habe mir überlegt, wie ich Dominanz im Umfeld mit Menschen sehe (also Mensch-Mensch). Und ich finde, jemand ist positiv-dominat (was wohl viele hier meinen), wenn er Verantwortungsbewusst ist. Ich bin auch so und meine Tante auch. Was ich genau damit meine ist dass diese Personen ihre Aufgaben sehr ernst nehmen und auch dazu neigen die Führung zu übernehmen, wenn sie sich sicher sind, dass das sonst keiner besser kann oder machen will. Wenn ich das auf die Pferde beziehe finde ich das auch eigentlich sehr positiv. Das sind meist sehr klare Pferde und gute Lehrmeister. Sie sagen einem direkt was man falsch gemacht hat. Wenn Menschen ihnen aber nicht zuhören und ihnen keine Sicherheit geben werden diese Pferde recht schnell "laut". Und das Endet dann manchmal in treten und steigen.
Das was oft als "Dominanz" verschrien ist ist auch für mich eine Art der Aggression, die meist etwas mit psychischen problemen zu tun hat. Bei Menschen sind das oft Kontrollzwang und Minderwertigkeitskomplexe. Sowas kenne ich von Tieren überhaupt nicht. Höchstens von Pferden und Hunden mit Angstaggressionen. Das hat aber dann absolut nichts mit Dominanz zu tun sondern ist ein krankhaftes Verhalten!
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Romy
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Re: Dominanz - und Relevanz dieses Konzeptes

Beitrag von Romy »

Danke, Sheitana und Sarah, das ist es, was ich wissen wollte. :-)

Mir ist grad noch ein Beispiel aus dem Leben mit unseren Pferden eingefallen. Summy, den ich sehr dominant finde (wie gesagt nicht nach der Beherrschen-Definition sondern im Sinne von "Wissen was er will und das auch tun"), scheint öfters mal zu entscheiden, dass das Verhalten des Menschen nicht besonders schlau ist und er das besser kann. So auch diesen Sommer während des jährlichen Sommertreffens unseres Forums bei mir. Während eines Waldspaziergangs lief einer unserer Gäste mit Summy und irgendwann mussten wir über einen Wassergraben springen. Nachdem Summy einen Moment lang davor gestanden hatte, drehte er ohne sich nochmal umzusehen in aller Seelenruhe ab und zog die Person hinter sich her (sie hätte wahrscheinlich keine Chance gehabt, ihn anzuhalten). Er lief mit ihr zu einer nahegelegenen Brücke, überquerte diese mit ihr zusammen und blieb dann sofort stehen, sah sie an und wartete auf seine Belohnung.

Für mich ist diese Art selbständigen Entscheidens etwas, das ich als dominantes Verhalten interpretiere. Summy weiß, wenn er etwas besser kann und tut es dann eben einfach. Die ruhige und bestimmte Art auf die er das tut macht jede Widerrede hochgradig unwahrscheinlich - er fragt gar nicht erst nach. Mir ist klar, dass ein Großteil der Pferdeleute ein solches Verhalten total problematisch fände. Aber ich bin so froh, dass Summy so ist (unser Gast übrigens auch: sie sagte, dass sie sich mit so einem Fremdenführer als Tourist im Ausland absolut gut aufgehoben fühle). :-)
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Katja1
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Re: Dominanz - und Relevanz dieses Konzeptes

Beitrag von Katja1 »

Ich möchte hier auch noch einmal kurz danke sagen, dass ihr das Thema Dominanz hier auf eine völlig andere Weise angeht und beleuchtet.
Es hat mich sehr inspiriert :hutab:
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ehem User

Re: Dominanz - und Relevanz dieses Konzeptes

Beitrag von ehem User »

Romy hat geschrieben:den ich sehr dominant finde (wie gesagt nicht nach der Beherrschen-Definition sondern im Sinne von "Wissen was er will und das auch tun")
ich kann aber doch eine gegebene definition nicht einfach ändern. ich beharre darauf, das dieses wort im allgemeinen für die meisten pferde und situationen unpassend gewählt wird :snooty: :flag:

ich finde sheitana und a.z. haben es wunderbar beschrieben. auch bei uns spielt dominanz keine rolle. ich möchte das meine menschenregeln akzeptiert werden (führen lassen, mir aus dem weg gehen, wenn ich mit der vollgeladenen schubkarre komme, den stall verlassen, wenn ich dort sauber machen möchte, usw.). mitdenken ist absolut erwünscht und bei einem "nein" muß ich mir halt was anderes/ besseres einfallen lassen.
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Romy
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Re: Dominanz - und Relevanz dieses Konzeptes

Beitrag von Romy »

abby hat geschrieben:ich kann aber doch eine gegebene definition nicht einfach ändern.
Nun ja "gegebene Definitionen" gibt es in der Psychologie nicht so viele und je nachdem bei wem man nachliest werden Begriffe so oder so verwendet. Es stimmt, dass viele Dominanz-Definitionen was mit Beherrschen zu tun haben, aber das ist bei weitem nicht die einzige Art wie das Wort benutzt wird. Ist meiner Meinung nach aber auch nicht wirklich relevant, man muss halt einfach dazu sagen, was man meint.
abby hat geschrieben:ich beharre darauf, das dieses wort im allgemeinen für die meisten pferde und situationen unpassend gewählt wird :snooty: :flag:
Das sehe ich genau so, aber nur dass ein Konzept von vielen unpassend verwendet wird heißt für mich nicht, dass das Konzept an sich ungültig ist. :-) Aber wie gesagt, diese ganze Definitionsfrage ist für mich nicht wirklich spannend. Solange die Schreiber hier mittlerweile wissen was ich meine, kann es von mir aus jeder nennen wie er will und den Begriff Dominanz auch gern komplett abschaffen, wenn er es lieber anders bezeichnet.
ehem User

Re: Dominanz - und Relevanz dieses Konzeptes

Beitrag von ehem User »

Romy hat geschrieben: aber nur dass ein Konzept von vielen unpassend verwendet wird heißt für mich nicht, dass das Konzept an sich ungültig ist.
da hast du wohl recht. :)
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