grundlegende Anfängerfragen

Moderator: Keshia

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marrylou
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grundlegende Anfängerfragen

Beitrag von marrylou »

Hallo,

ich möchte schon seit längerem mit dem Clickern meiner Tiere (Hunde und Pferde) beginnen, hab mich aber bisher nicht getraut, weil ich Angst habe was falsch zu machen oder ohne Unterstützung vor Ort wieder in alte Muster (eben nicht das positive zu bestärken sondern negatives zu unterdrücken) zurück zu fallen. Nun will ich es endlich angehen und habe mich auch viel belesen. Trotzdem bleiben wieder einige Frage übrig. Die da wären:

- Was tuh ich, wenn ich mit meinem Pferd/Hund in eine Situation komme, wo ich ein schnelles richtiges Handeln von ihm erwarte/brauche....zum Beispiel ich gehe mit dem Hund/Pferd spazieren und er/es springt auf die Straße. Wie korrigiere ich soetwas, wenn ich keinen Druck...in dem Falle am Halfter/Leine ziehen anwenden darf/soll. Das wäre jetzt nur ein Beispiel...da gibt es sicher viele...

- Muss die Motivation wirklich immer vom Tier ausgehen, oder kann ich auch versuchen, ihn in eine bestimmte, von mir gewünschte Richtung zu bestärken. Z.B. der Hund kommt zum Abendbrot an den Küchentisch und bettelt und ich gehe in den Flur und locke ihn freundlich hinaus, clicke wenn er rauskommt und belohne. Oder müsste ich theoretisch warten bis er von selber rausgeht, dann clicken und belohnen?

- Bei meiner Recherche habe ich überall gelesen, das man Clickern am besten in kurzen knappen Einheiten durchführen soll und diese Einheiten auch mit einem bestimmten Wort/Ritual beginnen und beenden soll. Wie ist das nun bei einem Hund. Der ist ja immer mit dabei, so das es immer mal wieder Dinge im Alltag gibt, die ich bestärken möchte....kann ich dann nicht einfach C+B machen, weil es keine eingeleitete Einheit in dem Sinne ist?

Wenn mir jemand dazu auf die geistigen Sprünge helfen könnte, wäre ich sehr dankbar. Mein Köppel raucht schon. :mrgreen: Liebsten Dank und viele Grüße

Marrylou
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november
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Re: grundlegende Anfängerfragen

Beitrag von november »

Wie schön, dass du clickern möchtest! Mach dir nicht zu viel Kopp und hab keine Angst. Sehr viel falsch machen kannst du nicht. ;)

Ich versuche mal, deine fragen zu beantworten.

1. Diese Situationen wird es immer geben und da gibt es dann auch keine Diskussionen. Wenn gefahr im Verzug ist, wird natürlich am Halfter, an der Leine gezogen oder eben die momentan notwendige Maßnahme ergriffen. Das schadet dann auch nicht dem Gesamttraining. Das Training beginnt viel früher, vor der Notsituation. ;) D.h. du trainierst z.B.die Abrufbarkeit des Hundes. Je besser das sitzt, desto seltener wirst du in die Verlegenheit kommen, druckbasierende Methoden einzusetzen.
Clickertraining basiert zwar auf Freiwilligkeit, aber im Umgang mit Tieren wie Hunden oder Pferden, die einfach bestimmte Sachen tun MÜSSEN, damit niemand in gefahr gerät, ist es leider nicht immer realistisch. Bei Katzen geht das eher, weil es da nicht so wichtig ist, dass die Katze bestimmte Kommandos sofort ausführt. Wie schon geschrieben, kann man aber so trainieren, dass Situationen, in denen man gezwungen ist, Druck auszuüben, anders lösbar sind und seltener vorkommen. Z.B. Führtraining mit dem Pferd, Training der Abrufbarkeit mit dem Hund. Diese Dinge kann man prima ganz entspannt mit dem Clicker üben.

2. Natürlich SOLL die Motivation vom Tier ausgehen, aber du kannst sie beeinflussen. In deinem Beispiel würde ich allerdings anders vorgehen.Zum einen ist es nicht im Sinne des CT, zu locken. Das ist keine Eigeninitiative.
Zum anderen würde ich bei dem beschriebenen Problem sehr viel kleinschrittiger vorgehen, bzw. auf eine andere Weise. Wenn man etwas verhindern möchte, ist eine Möglichkeit, ein mit der unerwünschten Handlung unvereinbares Verhalten einzuüben.
Kleinschrittigeres Training:
Anstatt darauf zu warten, dass dein Hund aus dem zimmer geht, müsstest du bei kleinschrittigem Training jede Bewegung weg vom Tisch clicken. Also der Hund kommt und bettelt. Er bekommt nichts. Irgendwann wird er wegschauen. C+B! Das wiederholen, er wird es schnell begreifen. Wenn es sitzt, den Click verzögern und eine Steigerung des Verhaltens abwarten. Z.B. deutliches Bbwenden. C+B! Und so weiter. Ganz kleinschrittig. Bis du ihn aus dem Zimmer geclickert hast (bzw. vielleicht reicht es ja, wenn er außer Reichweite des Tisches liegt oder sitzt). Dauert seine zeit, sitzt dann aber und ist für das Tier verständlich erarbeitet.

Unvereinbares verhalten einüben:
Im Fall des unvereinbaren Verhaltens, könntest du z.B. den Hund auf eine Matte oder eine decke clickern. Wenn der Hund auf einer matte liegt, kann er nicht gleichzeitig betteln. Dazu legst du die Decke hin und erst wird der Blick dorthin geclickt, dann ein Schnuffeln daran, Pfote drauf usw. Wenn der Hund zuverlässig auf die Matte geht, das Bleiben dort bestärken (anfangs viele Clicks und Belohnungen, später kann es weniger werden). Die Decke kannst du dann irgendwo hin legen, wo der Hund nicht stört, wenn ihr esst.
Vielleicht sogar in der nähe des Tisches, denn er möchte ja vermutlich gern dabei sein. Außerdem kannst du ihn so während des Essens immer wieder für artiges Liegenbleiben bestärken.

3. Die Clickersession kann als abgeschlossene Einheit geübt werden, muss aber nicht. Gerade bei Tieren, die leicht hyperaktiv werden und sich sehr rein steigern, kann es sinnvoll sein, das Training deutlich zu beschränken. Muss man aber nicht. Empfehlenswert ist, die Konditionierung am Anfang in kleinen Einheiten zu üben, aber danach spricht nichts dagegen, immer und überall zu clickern.

Ich hoffe, ich konnte helfen, wenn noch Fragen sind, nur zu.
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Lady Ooteenee
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Re: grundlegende Anfängerfragen

Beitrag von Lady Ooteenee »

Dem ist jetzt eigentlich wenig hinzuzufügen :mrgreen:

Vielleicht eins noch:
november hat geschrieben:Anstatt darauf zu warten, dass dein Hund aus dem zimmer geht, müsstest du bei kleinschrittigem Training jede Bewegung weg vom Tisch clicken. Also der Hund kommt und bettelt. Er bekommt nichts. Irgendwann wird er wegschauen. C+B! Das wiederholen, er wird es schnell begreifen. Wenn es sitzt, den Click verzögern und eine Steigerung des Verhaltens abwarten. Z.B. deutliches Bbwenden. C+B! Und so weiter. Ganz kleinschrittig. Bis du ihn aus dem Zimmer geclickert hast (bzw. vielleicht reicht es ja, wenn er außer Reichweite des Tisches liegt oder sitzt). Dauert seine zeit, sitzt dann aber und ist für das Tier verständlich erarbeitet.
Was noch ungemein helfen kann, ist, das Leckerli so zu reichen, dass es die Übung weiterführt. Also der Hund guckt weg vom Tisch, click und Leckerli vom Tisch wegrollen (oder werfen, kommt ein bissel auf das Temperament des Kandidaten an :mrgreen: )
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november
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Re: grundlegende Anfängerfragen

Beitrag von november »

Oh ja, genau. Click for Action, feed for position. Eine sehr gute Ergänzung!
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ehem User

Re: grundlegende Anfängerfragen

Beitrag von ehem User »

Du machst Dir viel zu viele Gedanken :hug:

Da man erst konditionieren muss und am besten erst einmal spielerisch übt, sind es anfangs sowieso nur ganz kleine, abgeschlossene Einheiten. Beim Pferd ist das evtl. die Konditionierung über das Anstupsen einer Pylone. Beim Hund kann es im Grunde das gleiche sein oder ein kleiner Trick. Besonders Hunde schalten da EXTREM schnell.

Alles andere ergibt sich dann von ganz alleine bzw. kann dann auch gerne inflationär werden. :mrgreen: Bei Nelli und mir fing es klein an, jetzt clickern wir immer und überall. Aber wir sind eben auch langsam reingewachsen. Haben es anfangs im sicheren Rahmen von Reitplatz und Halle gemacht - nun auch draußen beim Spazierengehen.

Zumindest war es bei mir so, dass es von ganz alleine "gewachsen" ist. Anfangs habe ich mir auch einen riesigen Kopf drum gemacht. Als ich das dann mal beiseite geschoben habe, entwickelte sich alles ganz prächtig.

Das wichtigste für den Anfang ist einfach das konsequente Beachten der "Futterregeln". Auch das kann man schon in die Konditionierung einbauen, bzw. direkt anschließen.
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marrylou
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Re: grundlegende Anfängerfragen

Beitrag von marrylou »

:hug: Danke ihr Lieben für eure Hinweise und Tipps. Das hilft mir schon sehr. Manchmal sieht man echt den Wald vor Bäumen nicht. Ich werde dann einfach mal anfangen und bei Fragen seit ihr ja da. :hug: Danke!
ehem User

Re: grundlegende Anfängerfragen

Beitrag von ehem User »

mir fällt gerade noch etwas ein, das ich am Anfang auch nicht wusste, was ich mir aber gewünscht hätte, zu wissen ;) :

Die ersten Übungen, die dein Pferd mit dem Clicker lernt, wird es auch später seeeehr gerne anbieten, wenn es nicht weiter weiß, gerne mehr Kekse hätte, sich langweilt, deine Aufmerksamkeit will... also OFT.

Ich bin froh, dass Kopf wegdrehen eine meiner ersten Übungen war und nicht spanischer Schritt oder so... :?

Es ist auch schon anderen Leuten aufgefallen, dass mein Witzbold immer den Kopf wegdreht und demonstrativ wegguckt, wenn er bettelt :lol: Sie halten das für merkwürdig, ich kann es mir wenigstens erklären...
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Lady Ooteenee
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Re: grundlegende Anfängerfragen

Beitrag von Lady Ooteenee »

Ebenfalls eine ausgezeichnete Ergänzung :-n
Liebe Grüße,
Lady Ooteenee :cantina:

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marrylou
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Re: grundlegende Anfängerfragen

Beitrag von marrylou »

Leute, Leute....mir sind schon wieder Fragen gekommen.

Wie handhabt man jetzt Dinge die die Tiere schon können (z.B. bei den Hunden die Grundkomandos und bei den Pferden das Longieren). Also wie geht man an diese alltäglichen Sachen ran. Tuh ich jetzt so als könnten Sie erstmal noch gar nichts und erarbeite mir alles neu oder kann ich solche Sachen jetzt schon mit dem ja bereits vorhandenen Signalwort belegen - also einfach "Sitz" sagen und wenn sich der Hund setzt, C+B? Wie ist es beim Longieren? Natürlich ergibt sich dabei die selbe Frage. Zusätzlich überlege ich grad noch wie man vorgeht wenn man ein Pferd hat was sich eigentlich sehr gut longieren lässt. Wie oft mache ich dann C+B? Was mir auch noch unklar ist: Wie longiere ich eigentlich, wenn ich gänzlich ohne Druck arbeiten will. Dann müsste ich doch die Peitsche weglassen und auf Freiwilligkeit hoffen. Laufen würde er sicher, aber wahrscheinlich würde mein Dicker dann immer langsamer werden... :whistle:

Hat jemand Ideen? :mrgreen:
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november
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Re: grundlegende Anfängerfragen

Beitrag von november »

Bei Dingen, die das tier schon kann, kannst du es tatsächlich so machen, wie du geschrieben hast. Also das Signal geben und dann clicken und belohnen, wenn die Ausführung kommt. Du kannst das auch nutzen, um das verhalten zu verfeinern, z.B. indem du nur besonders schnelle oder besonders gute Ausführungen clickst.
Nicht immer clicken ist auch nicht schlimm, im gegenteil. Das nennt man "variable bestärkung" und führt dazu, dass der Eifer wächst. Aber das sollte man nur bei tieren einsetzen, die schon ans CT gewöhnt sind.
Wenn du ein bereits erlerntes verhalten verfeinern möchtest, denk dran, dass immer nur an einem Kriterium gleichzeitig gearbeitet wird. Sonst wird es zu verwirrend.

Beim Longieren würde ich die Peitsche gar nicht als "Druckmittel" sehen, sondern als Signalgeber. Das hängt natürlich davon ab, wie das Pferd zu der Gerte steht. Wenn es davor Angst hat, ist es schwer, sie so zu verwenden, dass kein Druck aufgebaut wird.
Wenn aber das Pferd ein entspanntes Verhältnis zur Gerte hat, kannst du sie als Signalgeber einsetzen. D.H. die Gerte schleift im Sand, so lange das Pferd so läuft, wie du es möchtest. Wenn es zu langsam wird, hebst du die Gerte als Signal "schneller bitte" und kannst das auch noch stimmlich und mit Körpersprache unterstreichen. Wenn das Pferd reagiert, sinkt die Gerte wieder und das Pferd erntet Lob.
Du kannst auch die richtigen Auführungen clicken. Dann musst du halt danach anhalten und das Leckerli geben.

Ich denke, es wird nie ganz möglich sein, rein auf Freiwilligkeit basierend mit dem Pferd zu arbeiten. Es sei denn, du nimmst dir wirklich viel Zeit und akzeptierst auch mal ein "nein". Schau mal, in Heikes Clickerforum gab es gerade erst eine sehr spannende Diskussion zum Thema "Freiwilligkeit":
http://www.familie-uthmann.de/Forum/ind ... pic=3411.0
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