Positiv oder respektlos?

[Alwaha]

Hallo!

Ich frage mich nun schon ne Weile was genau ich davon zu halten habe, darum schildere ich einfach mal kurz

Mein Pony (7 jähriger Tinkerwallach), habe ich erst seit so etwa 4 Wochen. Er kann noch nicht viel und wir machen ganz viel Bodenarbeit und einfach "Grundlagen".

Er folgt mir auf den Fuß in der Halle. Er folgt mir in alle Wendungen, Kurven, über Stangen, um Pylonen... Wenn ich stehen bleibe, steht er auch sofort wie angewurzelt. Er nimmt dabei immer wundervoll Rücksicht auf mich und bemüht sich den Abstand zwischen uns gleich zu halten, mich nicht versehntlich am Arm zu berühren oder so. Teilweise setzt er das auf der Weide dann noch fort, bis er dann beschließt, nun doch zu seinen Kumpels zu gehn.

Das alles funktioniert aber nur im Schritt, wenn ich dann "antrabe" sucht er sich einen eigenen Weg. Ihm verständlich zu machen, dass ich ihn auch mal von mir wegschicke zum Freilaufen hat eine Weile gedauert, funktioniert aber inzwischen ganz toll. Sobald ich mich dann "passiv" hinstelle, bleibt er auch stehen und wenn ich dann meine Seite zu ihm drehe, kommt er zu mir und folgt mir wieder.
Aber so das Pferd in der Halle "abstellen" und etwas aufbauen oder so, oder mal in nem großen Kreis drumrum gehen, das klappt nicht, weil ich ihn sofort auf den Fersen habe...

Am Stall wird mir nun aber ganz oft gesagt, dass "so ein Verhalten" respektlos sei und ich ihm abgewöhnen müsse, mir zu folgen.
Ich persönlich habe das bisher immer als eher positiv betrachtet und in einigen Punkten (mittraben und auf Wunsch dann auch stehenbleiben) noch ausbaufähig. Wenn er mir nicht zumindest in der Situation (im Gelände z.B. verlässt er sich dann doch oft lieber auf sich selbst) vertrauen würde, dann würde er mir doch nicht so folgen und so konzentriert auf mich und meine Bewegungen achten und Rücksicht nehmen...?
Aber die immer wiederkehrenden Meinungen, dass das respektlos sei verwirren mich dann allmählich doch...
Was meint ihr dazu? Irre ich mich und "die anderen" haben Recht?

LG
Alwaha

[jaz]

Ich an Deiner Stelle würde mich einfach freuen dass er so viel Kontakt zu Dir sucht und Deine Gegenwart toll findet. Du hast da nach Deiner Beschreibung ein hochmotiviertes und mitarbeitendes Pferd, und schon nach wirklich kurzer Zeit einen tollen Draht zu ihm

[ehem User]

Er nimmt dabei immer wundervoll Rücksicht auf mich und bemüht sich den Abstand zwischen uns gleich zu halten, mich nicht versehntlich am Arm zu berühren oder so.

Ich finde, das klingt so gar nicht respektlos! Im Gegenteil, dein Tinker ist total höflich und bemüht, alles 100%ig richtig zu machen. Er hat nur noch nicht gelernt, stehen zu bleiben, wenn du ihn darum bittest. Das wird er aber sicherlich auch schnell verstehen!

Sei doch froh, dass du so ein tolles Pferd hast und ihr nach der kurzen Zeit schon so eine gute Verbindung habt. Lass dir nicht reinreden, oft sind die Leute einfach nur neidisch!

[Alwaha]

Vielen Dank

Er ist da teilweise etwas "zwiegespalten"... In der "1:1 Situation" in der Halle mit mir ist er wie oben beschrieben.

Auf der Weide in der Herde gibt es immer wieder Tage, da will er nix von mir wissen. Er steht mit 5 Stuten zusammen und seit die nun alle mal rossig waren, verhält er sich durchgehend sehr hengstig und sieht sich als "Leithengst"-Wallach (er zieht Montag auch um jetzt, in eine andere Herde...). Und da gibt es dann Tage an denen es ihm wohl besonders wichtig ist bei seinen Weibern zu bleiben. Er kommt dann auch zu mir, lässt sich streicheln und so, geht dann aber kurz danach wieder.
Ich hab das immer als "Sorry, aber heute nicht, okay?" aufgefasst, zumal ich schon weiß, dass er dann auch eh unkonzentriert wäre.


Oder beim abspritzen mit dem Wasserschlauch, wenn er um mich rum tanzt. Ich weiß, dass seine Erfahrung mit Wasser aus Schläuchen schlecht sind - nach dem Import aus England wurde er "abgekärchert". Und plätscherndes Wasser, egal ob es im Eimer plätschert, oder von einem ausgedrückten Schwamm kommt oder eben aus dem Schlauch, ist erstmal gefährlich und er will weg.
Also bin ich dazu übergegangen ihm alles langsam zu zeigen und viel zu plätschern, weil Neugierde ist bei dem Geräusch auch dabei, solange nix an seine Beine kommt. Mittlerweile kann ich einen Schwamm an seinem Bein hoch ausdrücken und er springt meist nicht mehr weg, wenn das Wasser dann aus Schulterhöhe auf den Boden fällt.

Am Stall wird mir gesagt, dass in beiden Fällen sein Verhalten auch respektlos sei (sich nicht fangen lassen und beim Wasser um mich rumtanzen) und ich mich nur durchsetzen muss (immer hinterher bis das Halfter drauf ist und "anbinden und draufhalten") und mit meinem "angeblichen Verständnis" suche ich mir nur den einfachsten Weg.

Ich glaube, viele da sehen mich als jemanden der sein Pferd verhätschelt... Und dann kommt bei mir schon immer wieder die frage auf, ob ich das wirklich tue und ob ich mich da nicht wirklich "durchsetzen" muss, oder ob ich mich richtig verhalte.
Diese ganze "eigenes Pferd Realität" ist noch so neu und dann will ich ja auch nicht falsch machen, das Pferd nicht "verziehen", aber er soll mich mögen und ernstnehmen, Spaß mit mir haben, aber doch auch was lernen...

Vielleicht muss ich auch lernen, mir etwas weniger Gedanken und Sorgen zu machen und mich nicht so schnell von anderen Stallleuten verunsichern lassen...

[ehem User]

Dazu kann ich nur sagen - lass die Leute reden. Die haben offensichtlich alle keine Ahnung. Sorry, aber so seh ich das. Du hast dein Pony gerade mal 4 Wochen! und alles was du über ihn schreibst ist total positiv.

Was mir bei sowas immer hilft, ich schau mir dann die Beziehung der, die angeblich alles besser Wissen, zu ihrem Pferd an und meistens ist mir dann ganz schnell klar, dass ich doch lieber meinen kleinen Ponyhund habe der mir hnterherläuft, mich mal abschnüffelt, mit mir spielt, immer neugierig ist, mich wiehernd begrüßt und auch meistens angelaufen kommt und der in mir einen Kumpel sieht. Habe auch nie verstanden wie das mit der Dominaz funktionieren soll. Aus meiner Sicht, bekomme ich das, was ich selbst bereit bin zu geben. Bin ich freundlich, fair und liebenswürdig zu meinem Pony, ist es das im Grunde auch zu mir. Lass es die Leute ruhig verhätscheln nennen - ist doch egal. Du wirst auch mit der Zeit selber merken, was du bei seinem Verhalten durchgehen lässt und wo du dann doch mal eine Hrenze ziehst, das entwickelt sich und verändert sich auch mal.

[jaz]

Weißt Du, ich frage mich oft warum gerade Leute so viel von "Respekt" reden, die in meinen Augen ihrem Pferd keinen Respekt entgegenbringen. Das klingt so oft nach "das Pferd muss gehorchen", darf keine eigene Meinung haben, keine eigenen Ideen, Träume, Wünsche". Für mich muss Respekt in beide Richtungen gehen, auch das Pferd will respektiert werden.

Ich finde es toll dass Du auf ihn hörst!

Ich persönlich bekomme übrigens immer mal wieder erzählt dass ich noch mein blaues Wunder mit meinem Pferd erleben würde, weil der mich nicht respektiert und ich ihn komplett verziehe, weil ich keine Konsequenz habe, ihm alles durchgehen lasse, und so weiter. Inzwischen bin ich so weit dass ich einfach mehr oder weniger still in mich rein grinse, und lieber darauf höre was mein Pferd über diese anderen Leute zu sagen hat. Es ist unser Weg den wir gehen, er passt zu uns und macht uns glücklich, und das reicht mir. Ich komme fast jeden einzelnen Tag mit einem riesen fetten Grinsen aus dem Stall weil mein Pferd mich zu Lachen bringt oder wieder absolut klasse war. Das ist ein riesen Geschenk, was ich dadurch bekomme dass ich auf mein Pferd höre. Natürlich will auch ich respektiert werden und setze meine Grenzen. Das muss ich, denn ich bin als Mensch empfindlicher als ein Pferd, kann gewisse Situationen besser einschätzen, und habe manchmal auch Wünsche oder äussere Umstände. In beide Richtungen eben.

[Wallinka]

Du hast ihn erst vier Wochen und er hat offenbar vorher nicht nur gute Erfahrungen mit Menschen gemacht (wer kommt auf die Idee, ein Pferd abzukärchern? ) Trotzdem ist er rücksichtsvoll und aufmerksam in allem, was er schon kann, er bemüht sich, dir zu vertrauen in Situationen, vor denen er Angst hat. Und er lernt dazu. Das ist für nur vier Wochen doch eine tolle Grundlage und weiter ausbaufähig. Aus meiner Erfahrung dauert es ca 2 Jahre bis man sich wirklich gut kennt und vertraut, einfach weil da das Erleben vieler gemeinsamer Stunden dazugehört. In denen man erfährt, wie der jeweils andere reagiert, was ihm wichtig ist, was er gar nicht mag, was aushaltbar ist und wie er sich verhält, wenn etwas gar nicht geht.
Lass euch Zeit, erlebt eure Zeit gemeinsam und habt Spaß miteinander.

[Nucades]

Ist Deiner der einzige Tinker im Stall? Ich vermute es...
Ich habe auch einen Tinkerwallach, der mit auf Schritt und Tritt folgt und mich immer, wenn ich in sein Sichtfeld komme, anbrummelt. Das sorgte an meinem Stall auch für Irritationen, weil es der einzige Tinker dort ist.
Tinker sind natürlich auch Pferde, aber doch etwas anders als andere Tinker sind sehr bereit, sich einer einzigen Person eng anzuschliessen, ohne dabei ihre Selbstständigkeit zu verlieren. Das sind Eigenschaften, die in der Zucht durch die Travellers gewünscht und gefördert werden/wurden.
Aus meiner Sicht ist der partnerschaftliche Weg, wie Du ihn offenbar anstrebst, der einzig gangbare mit solch einem Pferd. Und offenbar fühlt es sich für Dich auch richtig an, sonst würden Dich die Bemerkungen der anderen ja auch nicht irritieren. Also, Kurs beibehalten - für mich klingt das alles sehr poitiv

[ehem User]

ich finde das verhalten nicht respektlos.
einerseits zeigt es, dass er interessiert ist, was du machst (was ich eine positive charaktereigenschaft finde und auch fördernswert). andererseits zeigt es schlicht, dass er noch nicht gelernt hat, abgestellt abzuwarten, was einem neugierigen, menschenbezogenene jungpferd auch verdammt schwer fallen wird.
nicht mehr nicht weniger würde uich sagen, für mich überhaupt kein grund zur besorgnis. ich würde es mit ihm in kleinen schritten üben, also das parken. wenn es dir wichtig ist. ansonsten die abkürzung zwischen deinen ohren finden und ignorieren, was die leute zu mosern haben.
stillstehen können finde ich schon wichtig, aber ob es nurn wirklich essentiell ist, dass ein pferd auf umzäuntem platz geparkt 10 min wartet bis du alles auf- oder abgebaut hast ansichtssache. und wie gesagt, unheimlich schwer für so ein interessiertes pony.
edit: ich würde annehmen, ihm das kleinschrittig beizubringen könnte locker mehr zeit dauern, als du ihn bisher hast.


gibt immer leute, die das haar in der suppe suchen...finds ja immer hübsch, wenn respektlos anhand eines bestimmten an sich neutralenn verhaltens definiert wird. klar, wenn das pferd mich umrennt oder anrempelt, mir auf die füße steigt oder mich komplett ignoriert ist das klar respektlos. aber ansonsten kommt es doch darauf an, was ich mit dem pferd als umgangsform vereinbare

[ehem User]

Ich würde dir das Buch "Vertrauen statt Dominanz" von M. Wendt hierzu gerne ans Hers legen. Da kannst du dich bestimmt gut wieder finden