Erfahrungsaustausch Belohnungssysteme

Moderator: Keshia

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Sheitana
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Beitrag von Sheitana »

Equester hat geschrieben: Mi 30. Okt 2019, 07:58 Wobei mir die Methode, das Lob ist, wenn ich den Druck weg nehme oder nix sage überhaupt nicht gefällt :shy:
Wobei das ja auch wieder eine Frage des "wie" ist...
Bestes Beispiel Abby jetzt im Galopp. Sie will schnell werden und keine Last auf der HH aufnehmen. Ich nehme sie vorne an, um sie da zu begrenzen = ich übe Druck mit der Hand aus. Ich nehme die Schenkel mehr ran, um ihr zu signalisieren, sie soll die HH mehr einsetzen und den Bauch mehr anspannen = Druck mit meinen Schenkeln. Kommt die gewünschte Reaktion geht die Hand vor und gibt nach, der Schenkeldruck wir weniger.
Unterm Strich ist es dann wieder genau das, Druck weg = Lob fürs Pferd :nix: Mit dieser "Methode" hat Abby die letzte Zeit die größten Fortschritte gemacht :nix: (was ja nicht heißt, dass ich nicht trotzdem gleichzeitig mit Stimme arbeite und sie wie wild lobe, wenn sie es richtig macht und man auch mal mit kleineren Schritten zufrieden ist).
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Equester
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Erfahrungsaustausch Belohnungssysteme

Beitrag von Equester »

*tbzweckentfremde*
Nee, wir reden aneinander vorbei. Was Du meinst ist die Hilfegebung bei der Ausbildung, die sich im Laufe der Zeit immer mehr vermindern sollte (und wenn es notwendig wird, auch mal wieder gesteigert wird). Ich liebe es zu probieren, wie weit ich das minimieren kann und er mich immer noch versteht. Das heißt nicht, dass ich unlustigen Tagen nicht auch mal mehr eingreifen muss.

Was ich meine ist die Ausbildung an der Hand/Freiarbeit. Meine "Lieblingsübung" ist weichen: ich drücke, bis das Pferd weicht (weicht es nicht sofort, steigere den Druck Zug um Zug bis es endlich weicht) und die Belohnung ist dann, dass man aufhört zu drücken. Und ja (bevor jemand fragt) ich habe das mal ziemlich lange gemacht, weil das gerade DIE Methode überhaupt war. Kann ich heute nicht mehr verstehen, ich finde das schlicht scheußlich.
wir machen aus :hm: ein :dafuer2:
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A.Z.
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Erfahrungsaustausch Belohnungssysteme

Beitrag von A.Z. »

Wenn es da weitläufigeren Austauschbedarf gibt - auch über das was und wie von Futterbelohnung - könnten wir ja auch ein Thema in einem Fachbereich aufmachen.

Ich bin da mittlerweile auch ganz und gar bei Equester. Natürlich kann ich Hilfen in der Regel nicht ganz drucklos geben. Allein dass ich im Sattel sitze ist ja schon Druck. Aber Druck erhöhen bis Pferd tut ist mittlerweile nicht mehr mein Weg. Zumal ein gewisser dunkelbrauner Herr dabei ziemlich kopflos werden kann. Auch sogenannte Ansagen gewöhne ich mir mehr und mehr ab. Ja, es passiert ihm mal, dass er mit den Zähnen am Ärmel zupft. Die gewöhnliche Ansage wäre, mit der Hand zu patschen oder ähnliches. Danach habe ich aber mind. für den Rest des Tages ein Pferd, dass bei jeder Handbewegung den Kopf hoch reißt. Gelernt hat er davon nichts. In der nächsten Stresssituation passiert es ihm ggfs. wieder.
Viele Grüße Angela

Oh Großer Geist, hilf mir, nie über einen anderen Menschen zu urteilen, bevor ich nicht zwei Wochen lang in seinen Mokassins gelaufen bin. (Lachender Fuchs, Sioux-Häuptling)

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Sheitana
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Re: Erfahrungsaustausch Belohnungssysteme

Beitrag von Sheitana »

Ich bin da ehrlich überhaupt nicht mehr dogmatisch. Ich lobe viel, ich schimpfe auch mal, ich arbeite in manchen Situationen mit Druck, auch mal mit steigendem Druck und manchmal auch nicht. Was grad für die Situation passt und fürs Pferd.
Jup, manchmal entscheide ich mich falsch, verrenne mich, denke mir " das hättest du besser machen können", aber im Großen und Ganzen leben die Pferde gut damit.

Ich finde aber auch "Druck verstärken" jetzt nicht unbedingt schlimm, es kommt doch immer auf die Situation an. Wenn ich damit mein Pferd überfordere, weil es so gar nicht weiß, was es tun soll und es Stress bekommt, dann ist es sicherlich falsch. Aber nicht jedes Pferd bekommt damit ein Problem.
Und, als Frage in den Raum gestellt: Ist nicht auch ein Pferd in Volten schicken, wenn es irgendwo nicht vorbei will und aufhören, wenn es runter gekommen ist nicht auch eine Form von Druck machen und Druck dann nachlassen, wenn die gewünschte Reaktion kommt?

Letzlich versuche ich immer das zu tun, was es dem Pferd und mir einfach macht, zu verstehen und zu dem gewünschten Ergebnis zu kommen. Deswegen komme ich kaum noch auf die Idee zu sagen "nein, das mag ich nicht, das mache ich grundsätzlich nicht mehr so". Wenn es uns hilft, ist es gut.
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feendrache
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Re: Erfahrungsaustausch Belohnungssysteme

Beitrag von feendrache »

Erst mal danke fürs Thema raus basteln :D
A.Z. hat geschrieben: Mi 30. Okt 2019, 09:51 Ja, es passiert ihm mal, dass er mit den Zähnen am Ärmel zupft. Die gewöhnliche Ansage wäre, mit der Hand zu patschen oder ähnliches. Danach habe ich aber mind. für den Rest des Tages ein Pferd, dass bei jeder Handbewegung den Kopf hoch reißt. Gelernt hat er davon nichts. In der nächsten Stresssituation passiert es ihm ggfs. wieder.
Wenn er so auf das patschen reagiert dann keine Frage, das ist der falsche Weg.
Bei mir ist eine Ansage, aber auch erst mal tatsächlich das... eine Ansage... also eine Lautäußerung von mir oder auch mal eine hoch gezogene Augenbraue. Wenn es rüpelt kann es auch mal patschen, aber meist reicht die Ansage.
Unsere Ponies kennen das wirklich von klein auf, das mit ihnen verbal kommuniziert wird und wissen was das heisst.
Sie kennen auch die Bedeutung von Räuspern ...
Beispiel:
MiniMe soll frei stehen bleiben... hat aber keine Lust... und bewegt einen Huf.. wird zurück gestellt... will wieder, ich sehe das, räuspere mich und Madame bleibt dann doch brav stehen.
Klappt natürlich nicht immer... aber sie weis was damit gemeint ist... und sie arbeitet mit... der Räusperer war nie mehr als eine Lautäußerung und eine Erinnerung und sie weis genau was damit gemeint ist.
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feendrache
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Re: Erfahrungsaustausch Belohnungssysteme

Beitrag von feendrache »

Nachtrag:
Was Druck machen und dem weichen angeht...
So basiert ja auch meine Kommunikation vom Pferd aus darauf ... Ich nehme den Zügel leicht an und erwarte eine Reaktion... um das ganze Fein zu gestalten ist mein Timing wichtig das ich nachgebe, wenn die richtige Reaktion kommt.
Ich bin mir aber auch nicht zu fein eine Übung abzubrechen, wenn das Maß des erforderlichen Drucks das übersteigt, was ich anwenden will...

Aber ich bin da auch wie Sheitana nicht mehr bei einer Methode, ich würfel das auch nicht wild zusammen, bitte nicht falsch verstehen, aber ich orientiere mich da am aktuellen Zustand, Tag und Pferd...
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Lottehüh
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Re: Erfahrungsaustausch Belohnungssysteme

Beitrag von Lottehüh »

Oh das ist ja interessant.

Ich hab ja 2 völlig unterschiedliche Pferdetypen - der Bunte ist ja sehr reaktionsfreudig, während der Blonde manchmal eher so der Typ Rambo ist, zumindest was Futter angeht. Verhalte ich mich unterschiedlich? Ja! Während Pablo sehr häufig auch mit Futter gelobt wird, weil er viel Bestätigung braucht, bleibt Sly halt einfach mal stehen, wenn der Hund was bekommt und er der Meinung ist, dass er doch auch was bekommen soll. Dann gibt's natürlich grad nix... Dann wird gestreichellobt und er darf weiterlaufen und bekommt möglicht dann ein Lecker, wenn ich ihn anhalte.

Auch mit dem Druck ist es unterschiedlich - während man beim Bärchen echt aufpassen muss, was man tut, weil sich sonst die Einheit erledigt hat (Stresslippenklappern und nix mehr denken können), darf man beim Hafschlingel schon auch mal sagen, was man will.

Ich denke, es ist von Pferd zu Pferd und von Mensch zu Mensch unterschiedlich, was dem Team mehr liegt - sowohl Pferd als auch Mensch. Clickern mit Sly ist was echt grenzwertiges, da muss man sehr genau aufpassen, wie man das macht, sonst hat man keine Finger mehr und ne Pferdenase im Magen. Pablo ist halt ein "Zartie", da brauch man auch nicht so konsequent sein, der rammt einem nicht die Nase in die Magengegend auch wenn man mal nicht so durchdacht Leckerli verteilt.
Das Leben schenkt Dir ein Pferd - reiten musst Du schon selber.
:schritt:
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Sunny77
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Re: Erfahrungsaustausch Belohnungssysteme

Beitrag von Sunny77 »

Ich bin da bei Euch Feendrache und Sheitana, ich mische auch. Aber - ich bin mir bewußt darüber, dass ich leider auch sehr inkonsequent bin und Bilbo viel zu viele Leckerli bekommt. Sobald ich sehe, dass er sich stresst oder aufgeregt wird, breche ich sofort ab, aber ich wende bei kleinen Tricks und so sehr gerne das Klickern an :) Er weiß aber halt auch genau "Leckerlitasche = es wird geklickert". Keine Leckerlitasche = normale Arbeit. Ein Problem, was viele ungeübte Klickerer haben, ist unter Anderem fehlende Signalkontrolle. Das braucht halt auch einfach seine Zeit. Sonst bekommt man Pferde, die andauernd alles mögliche anbieten, dass gerade nicht gefragt ist, es KÖNNTE ja einen Keks geben ;) Das wirkt dann auf Außenstehende auch ziemlich nervig und ungezogen denke ich.

Das mit dem SOFORT nachgeben als "Belohnung" scheitert meist an meinem schlechten Timing, aber daran arbeite ich eben noch. Ich wende das aber auch 99,9% der Zeit an.

Ich denke, im Großen und Ganzen hat alles seine Berechtigung. Es gibt nie den "einen" richtigen Weg. Das eine ist besser, um bestimmtes, gewolltes Verhalten zu verstärken (Lob, in welcher Form auch immer) und das andere ist besser, um bestimmtes, ungewolltes Verhalten zu unterbinden (Strafe/Konsequent oder die Androhung dessen, Beispiel Elektrozaun -> ich will nicht, dass das Pferd da durch geht und das lernt es auch GANZ schnell - normalerweise). Und es gibt auch immer viele, verschiedene Wege einem Pferd etwas neues (eine neue Bewegung, etc.) beizubringen und als gewünscht auf Signal zu vermitteln.

Intention und innere Bilder können bei beiden Wegen (Futterlob und Druck anwenden/weglassen) Wunder bewirken, ich glaube, dass wir Menschen unseren Körper nie so 100%ig unter Kontrolle haben und daher beim Gedanken an etwas das so oder so schon über unseren Körper/Muskeltonus ausstrahlen. Und Pferde sind Meister im Körpersprache interpretieren. Dann reicht eben auch eine hochgezogene Augenbraue ;)
Liebe Grüße,
Sunny
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Equester
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Re: Erfahrungsaustausch Belohnungssysteme

Beitrag von Equester »

Noch mal zum Thema Druck.

Ich glaube, das wird irgendwie falsch verstanden :kratz: . Also, ohne Druck geht gar nix, weil Druck ist nicht böse, sondern einfach da. Wenn ich mich drauf setze, wenn ich den Schenkel anlege, wenn ich den Zügel annehme wenn ich Energie gegen das Pferd schicke....... Wie bei allem ist eher das Thema, dass ich Druck zur "Waffe" machen kann.

Es gibt ja so den Hype, dass man jaaaaaaaaaaaaaaaa keinen Druck ausüben soll, null Zwang und überhaupt nur noch lieb. Hübscher Ansatz, ist aber in der Praxis überhaupt nicht möglich. Es sei denn, ich lasse das Pferd frei laufen, fasse es nie an und mache auch sonst nix damit :nix: . Dieses frei Laufen hat sich in unseren Breitengraden schon erledigt, weil a) das verboten ist und b) die nächste Strasse dann "Druck" ausübt. Ergo: wir müssen was machen, also müssen wir Druck ausüben.

Man sollte eine saubere Grenze ziehen zwischen Regeln setzen und Druck mit der Ausrichtung Gewalt. In den letzten Jahren ist bei (leider recht vielen) Besitzern der Hype aufgekommen, dass man null Druck machen sollte, dass das Pferd entscheiden darf, dass man immer nur lieb ist blablub... Ist sicherlich ein hübscher Ansatz, funktioniert aber nicht. Ich hatte solch antiautoritär erzogene Pferde oft in Therapie, da sind unerzogene Kinder ein Scheix gegen. Ich hatte auch Pferde an der Hand, die ausschließlich mit negativem Druck (für mich ist Druck dann negativ, wenn er als Reaktion auf unerwünschtes Verhalten gegen das Pferd angewendet wird) "ausgebildet" wurden und auch die waren nicht ohne. In beiden Fällen gab es große Probleme, eine tragbare Kommunikation aufzubauen. Bei manchen musste man sich vor der Arbeit quasi in den Boden atmen, damit man überhaupt dran kam, bei anderen musste man auch mal laut werden, damit die Bereitschaft zum zuhören aufkam. Jedes Pferd ist anders und muss entsprechend behandelt werden.
wir machen aus :hm: ein :dafuer2:
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A.Z.
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Re: Erfahrungsaustausch Belohnungssysteme

Beitrag von A.Z. »

Hach - das passt jetzt nicht mehr zu Equesters letztem Beitrag - egal:

Ich trage nun wieder die Kekstasche, wann immer ich mit dem Pferd zugange bin. :-)

Dieses "Was zur Hölle muss ich tuhuuuuuuun, damit es einen Keks gibt" Gehibbel, habe ich glaube von vornherein damit abgebrochen, dass das Pferd tatsächlich einfach nur hübsch sein muss, damit es Kekse (in unserem Fall in der Regel nackigen Hafer) bekommt. Selbst einfach nur ruhig und mit geradem Kopf neben mir gehen/stehen ist eine absolut kekswürdige Tätigkeit.

Von der Idee kein Futter ohne Click habe ich mich lange verabschiedet. Den Click gibt es tatsächlich, wenn ich einzelne Dinge punktuell bestärken will. Ein besonders gute Bewegung einfangen z.B.
Ansonsten gibt es völlig variabel immer wieder Kekse für alles mögliche, was ich gerade besonders gut gelungen finde ... und zum locken ... und ...

Moah - ich tue mich gerade ziemlich schwer, genau zu beschreiben, was ich da genau treibe. :tuete:
Equester hat geschrieben: für mich ist Druck dann negativ, wenn er als Reaktion auf unerwünschtes Verhalten gegen das Pferd angewendet wird)
Ich glaube, das wird fachlich als positive Strafe bezeichnen - also das Hinzufügen von etwas Schlechtem ... hier ist meiner Meinung nach das Problem, dass ich das am Ende immer wieder tun muss.

So wie die positive Verstärkung - also das Hinzufügen von etwas Gutem/Erwünschten - die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das (belohnte) Verhalten öfter auftritt. Je öfter ich etwas belohne, des größer wird die Wahrscheinlichkeit. Höre ich auf zu belohnen, sinkt sie auch wieder.

Auch der strafende Elektrozaun funktioniert nur deswegen, weil er immer wieder straft.
Viele Grüße Angela

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