Haftpflicht - Wann ist Pferd "schuldhaft", und wann der Pferdeführer?

Moderator: Stjern

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Cashew
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Haftpflicht - Wann ist Pferd "schuldhaft", und wann der Pferdeführer?

Beitrag von Cashew »

Hallo Fori's!

Da ich weiß, dass hier ein paar Mitleser versiert in Sachen Versicherungsangelegenheiten sind, mal eine Frage:

Aus gegebenem Anlass stellte ich der Versicherung (Provinzial) die Frage, ob meine minderjährige RB alleine ausreiten darf - rechtlich gesehen und versicherungstechnisch gesehen. Rechtlich wohl sowieso, versicherungstechnisch wird sie abgedeckt, solange das Pferd in der Schuld ist. Handelt der Pferdeführer schuldhaft, muss die eigene private Haftpflicht angesprochen werden. Nun habe ich unseren Versicherungsmann bereits um ein konkretes Beispiel gebeten, weil mir das alles wenig sagt, aber vielleicht kann ja auch jemand hier weiterhelfen?
Viele Grüße,
Sarah und Co


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Avalon
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Re: Haftpflicht - Wann ist Pferd "schuldhaft", und wann der Pferdeführer?

Beitrag von Avalon »

Um das eindeutig zu klären müsstest du deine genauen Vertragsbedingungen durchforsten.
Aber grundsätzlich deckte eine Tierhalterhaftpflicht Schäden ab, die Du oder deine RB im Umgang mit deinem Pferd anderen anrichtet.
Sollte sie jedenfalls....
Ich verweise mal auf das hier https://vierpfotenmakler.de/mitversiche ... teiligung/, vielleicht hilft Dir das weiter
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Reitmaus
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Re: Haftpflicht - Wann ist Pferd "schuldhaft", und wann der Pferdeführer?

Beitrag von Reitmaus »

Cashew hat geschrieben: Mi 20. Dez 2017, 10:45 ... Rechtlich wohl sowieso, ...
Wieso meinst du "rechtlich sowieso"? Also dass sie rechtlich gesehen alleine ausreiten darf. Das kann auch noch heikel werden. Angenommen du hast die schriftliche Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten, dass ihr minderjähriges Kind auf deinem Pferd alleine ausreiten darf : dann können ihre Eltern sich womöglich im Schadensfall damit rauswinden, dass sie ja nicht wissen konnten dass dein Pferd "so gefährlich" ist, und dann wird dir womöglich ein Mitverschulden oder gar Alleinschuld angelastet, da du als Pferdebesi besser hättest einschätzen müssen, was passieren könnte.

Wenn sich das Pferd bei deiner RB losreisst und anderweitig Schaden anrichtet, dann ist es strittig, ob "das Pferd Schuld hat", weil es nunmal eine arteigene instinktive Reaktion war, oder ob der Führer Schuld hat, weil er nicht angemessen reagiert hat. Einem erwachsenen Führer könnte man unterstellen, dass er angemessen reagiert hat und somit der Zwischenfall dem Verhalten des Pferdes geschuldet werden kann. Einem minderjährigen Führer wird man vermutlich von vorneherein unterstellen, dass er nicht angemessen reagieren kann. Und dann ist die Frage, wer für den Minderjährigen haftet : die Eltern (die evtl von Pferden keine Ahnung haben und nicht wissen konnten, was da passieren kann), oder der Pferdebesi, der es hätte wissen können, es aber trotzdem erlaubt hat....

Ich bin kein Jurist, aber ich weiss, dass sowohl versicherungstechnisch sowie juristisch immer alles so hingedreht wird, dass der Tierhalter am Schluss der Dumme ist. Im Schadensfalle zahlen Versicherungen u.U. tatsächlich erstmal, aber dann wird weiter untersucht, alles ausklamüsert und 10x herumgedreht, bis es dann doch wieder am Tierbesitzer/halter hängen bleibt und sich die Versicherungen bei dem das Geld wieder zurück holen.
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Cashew
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Re: Haftpflicht - Wann ist Pferd "schuldhaft", und wann der Pferdeführer?

Beitrag von Cashew »

Avalon hat geschrieben: Mi 20. Dez 2017, 12:15 Um das eindeutig zu klären müsstest du deine genauen Vertragsbedingungen durchforsten.
Aber grundsätzlich deckte eine Tierhalterhaftpflicht Schäden ab, die Du oder deine RB im Umgang mit deinem Pferd anderen anrichtet.
Sollte sie jedenfalls....
Ich verweise mal auf das hier https://vierpfotenmakler.de/mitversiche ... teiligung/, vielleicht hilft Dir das weiter
Danke für den Link, Avalon! Die Info finde ich gut, ich werde mal vergleichen. Den Ton finde ich allerdings - ähem - gewöhnungsbedürftig und riecht auch bereits von fern nach Eigenwerbung...
Reitmaus hat geschrieben:
Cashew hat geschrieben: Mi 20. Dez 2017, 10:45 ... Rechtlich wohl sowieso, ...
Wieso meinst du "rechtlich sowieso"? Also dass sie rechtlich gesehen alleine ausreiten darf. Das kann auch noch heikel werden. Angenommen du hast die schriftliche Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten, dass ihr minderjähriges Kind auf deinem Pferd alleine ausreiten darf : dann können ihre Eltern sich womöglich im Schadensfall damit rauswinden, dass sie ja nicht wissen konnten dass dein Pferd "so gefährlich" ist, und dann wird dir womöglich ein Mitverschulden oder gar Alleinschuld angelastet, da du als Pferdebesi besser hättest einschätzen müssen, was passieren könnte.
MIr geht es hier vor allem um den Bezug auf die Straßenverkehrsordnung. Ich hatte bis jetzt immer im Kopf, dass Minderjährige sowieso nicht alleine ausreiten dürfen, egal was Eltern oder Versicherung dazu sagen. Dem ist aber nicht so. Ich habe also festgestellt, dass die deutsche Gesetzgebung das Ausreiten von Minderjährigen ohne Begleitung nicht verbietet. Welche Risiken damit verbunden sind und wie man sie abdeckt, bzw. nicht abdeckt, darum geht es mir ja im Moment.
Viele Grüße,
Sarah und Co


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Re: Haftpflicht - Wann ist Pferd "schuldhaft", und wann der Pferdeführer?

Beitrag von A.Z. »

Die deutsche StVO spricht ganz verschwommen von Personen, die "ausreichend auf sie einwirken können" (§ 28 StVO)
Was ausreichend ist, ist im Zweifel immer zu begutachten.
Bei Lichte betrachtet - wer kann 300, 400, 500 kg festhalten, die wirklich weg wollen. :nix: Ich nicht. :-u

Die Haftung des Tierhalters ergibt sich aus dem BGB §833
Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(der zweite Satz ist für uns Privatleute nicht anwendbar)

Dafür und nur dafür steht eine entsprechende Versicherung ohne weitere Nebenabreden ein.

Und dann hat da nochmal ein Gericht definiert, was unter Tierhalter zu verstehen ist
Tierhalter ist derjenige, dem aus eigenem Interesse auf längere Zeit die Bestimmungsmacht über das Tier zusteht, der für dessen Kosten aufkommt und der das wirtschaftliche Risiko des Verlustes des Tieres trägt.
Gefunden HIER

Der Rest ist Vertragsgestaltung und darüber kann dir tatsächlich nur deine Versicherung Auskunft geben.
Viele Grüße Angela

Oh Großer Geist, hilf mir, nie über einen anderen Menschen zu urteilen, bevor ich nicht zwei Wochen lang in seinen Mokassins gelaufen bin. (Lachender Fuchs, Sioux-Häuptling)

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Avalon
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Re: Haftpflicht - Wann ist Pferd "schuldhaft", und wann der Pferdeführer?

Beitrag von Avalon »

Cashew hat geschrieben: Do 21. Dez 2017, 09:01 Danke für den Link, Avalon! Die Info finde ich gut, ich werde mal vergleichen. Den Ton finde ich allerdings - ähem - gewöhnungsbedürftig und riecht auch bereits von fern nach Eigenwerbung...
Das mag so klingen, ist aber ein wirklich sehr netter Mensch (hatte schon das persönliche Vergnügen ;) ), der sich darauf spezialisiert hat.
Der "Ton" ist so, weil er sich Tag ein Tag aus mit Irrungen und Wirrungen der Verträge und der Versicherungen rumschlägt und versucht Licht ins Dunkle zu bringen.
Das Vertragsdeutsch versteht man ja in der Regel nicht^^
Naja und ein bissel Eigenwerbung gehört dazu...allerdings kenn ich tatsächlich niemanden der so adäquat Bescheid weiß, wie er
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Cashew
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Re: Haftpflicht - Wann ist Pferd "schuldhaft", und wann der Pferdeführer?

Beitrag von Cashew »

Danke Angela!

Siehe hier die Antwort der Versicherung:
beim Pferdehalter und auch beim Hundehalter gilt immer die sog. Gefährdungshaftung, d.h. von dem Tier kann immer eine Gefahr ausgehen, wo grundsätzlich niemand Schuld dran hat. Die Haftung liegt dann aber trotzdem beim Halter. Z.B.: Das Pferd erschreckt sich und geht durch und beschädigt ein Auto etc.
Eine Schuld beim Reiter oder Führer müsste nachgewiesen werden, z.B. das Geschirr wurde nicht richtig angelegt etc.
Das ist auch was mir der gesunde Menschenverstand sagt, aber die Versicherungssprache bringt mich irgendwie durcheinander :roll:
Viele Grüße,
Sarah und Co


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Cashew
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Re: Haftpflicht - Wann ist Pferd "schuldhaft", und wann der Pferdeführer?

Beitrag von Cashew »

Avalon hat geschrieben: Do 21. Dez 2017, 10:11
Cashew hat geschrieben: Do 21. Dez 2017, 09:01 Danke für den Link, Avalon! Die Info finde ich gut, ich werde mal vergleichen. Den Ton finde ich allerdings - ähem - gewöhnungsbedürftig und riecht auch bereits von fern nach Eigenwerbung...
Das mag so klingen, ist aber ein wirklich sehr netter Mensch (hatte schon das persönliche Vergnügen ;) ), der sich darauf spezialisiert hat.
Der "Ton" ist so, weil er sich Tag ein Tag aus mit Irrungen und Wirrungen der Verträge und der Versicherungen rumschlägt und versucht Licht ins Dunkle zu bringen.
Das Vertragsdeutsch versteht man ja in der Regel nicht^^
Naja und ein bissel Eigenwerbung gehört dazu...allerdings kenn ich tatsächlich niemanden der so adäquat Bescheid weiß, wie er
Ok :lol: Ist ja auch eine subjektive Beurteilung. Die Info hat jedenfalls meinen "Horizont" erweitert und ich werde sicher näher drauf eingehen :-)
Viele Grüße,
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Sunny77
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Re: Haftpflicht - Wann ist Pferd "schuldhaft", und wann der Pferdeführer?

Beitrag von Sunny77 »

Cashew hat geschrieben: Do 21. Dez 2017, 10:43 Siehe hier die Antwort der Versicherung:
beim Pferdehalter und auch beim Hundehalter gilt immer die sog. Gefährdungshaftung, d.h. von dem Tier kann immer eine Gefahr ausgehen, wo grundsätzlich niemand Schuld dran hat. Die Haftung liegt dann aber trotzdem beim Halter. Z.B.: Das Pferd erschreckt sich und geht durch und beschädigt ein Auto etc.
Eine Schuld beim Reiter oder Führer müsste nachgewiesen werden, z.B. das Geschirr wurde nicht richtig angelegt etc.
Das ist auch was mir der gesunde Menschenverstand sagt, aber die Versicherungssprache bringt mich irgendwie durcheinander :roll:
Ich hab's jetzt erst gelesen, ansonsten hätte ich das gleiche gesagt :) Es gilt IMMER eine Gefährdungshaftung in Bezug auf Pferde und wenn jemand glaubt der Pferdeführer sei Schuld, dann muss er oder sie das Beweisen. "Schuld" bezieht sich hier immer auf Fahrlässigkeit. Fahrlässig ist, wer ohne die notwendige Vorsicht oder Aufmerksamkeit, zu der man verpflichtet ist handelt. Grob fahrlässig ist nicht genau definiert, man kann aber sagen, dass man grob fahrlässig handelt, wenn naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden (nach dem Motto "das hätte nicht passieren dürfen, das weiß doch jeder wie man das verhindert"). Das bezieht sich immer auf Haftungsfragen im Zivilrecht.

Im Strafrecht grenzt man grobe Fahrlässigkeit (ungefähr) dadurch ab, das einem zwar bewußt war, dass ein Schaden eintreten könnte, dieses Risiko aber billigend in Kauf genommen hat. Dann hat man nicht vorsätzlich gehandelt, aber auch nicht unbewußt Fahrlässig. (Strafrecht sind die Sachen, die man bei der Polizei anzeigt oder die die Saatsanwaltschaft anzeigt - Körperverletzung, Tötungsdelikte, etc.)

PS: Bin auch kein Jurist, aber finde solche Themen seltsamerweise ziemlich interessant *ggg*
Liebe Grüße,
Sunny
Eine unerwartete Reise
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