Übungen abspulen

Moderator: Stjern

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Zaubermieze
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Übungen abspulen

Beitrag von Zaubermieze »

Ich hoffe, hier sind auch ein paar Besitzer übermotivierter Pferde dabei und ihr habt mir vielleicht ein paar Anregungen. Ich nenne das mal "übermotiviert", wobei ich glaube, mein Pferd tut das nicht aus Freude sondern aus Unsicherheit.

Mir passiert es immer wieder, dass mein Pferd beginnt, selbständig Übungen abzuspulen und dann erstmal büffelig-hektisch wird statt mir zuzuhören, was ich genau will. Sicher kommuniziere ich es auch nicht immer verständlich genug. Aber die Tendenz ist schon, dass ich eine Lektion etwa zwei Mal üben kann und danach glaubt sie zu wissen, was ich von ihr will und zieht ihr Ding durch - nur ist es eben leider oft noch nicht ganz das, was ich wollte. Ihr Hauptkriterium scheint vor allem Geschwindigkeit zu sein. :roll:

Beispiel Vorhandwendung: Da habe ich eh schon das Problem, dass sie den verwahrenden Zügel schlecht akzeptiert und zuerst einen Schritt vorwärts statt seitwärts macht. Ich übe das im Moment auch nur für zwei Tritte und reite dann wieder weiter, eben um nicht zu sehr im hibbeligen Chaos zu versinken, weil sie gleich die volle Wendung irgendwie im Kreis herumschleudert. Trotzdem kann ich das pro Ritt nur die besagten zwei Mal üben. Beim dritten Mal denkt sie nach dem Halt "Ah! Jetzt kommt die Vorhandwendung" und macht die so schnell als möglich - egal wie.

In Ruhe stehen lassen funktioniert als Korrektur irgendwie genau so wenig, wie ständig was Neues zu fordern. Lasse ich sie stehen, schaut sie sich die Gegend an, fordere ich mehr, hört sie auch nicht mehr richtig zu und probiert wahllos von seitwärts bis rückwärts alles Mögliche aus. Ganz extrem habe ich das Problem bei der Arbeit an der Hand. Das ist eine echte Herausforderung, sie da zu ruhiger Mitarbeit zu bringen.

Habt ihr Wege gefunden, solche Pferde zur Ruhe zu bringen?
Je m'efforcerai de donner le meilleur de moi-même, afin que ces chevaux me jugent bien dans leur gentillesse et que l'harmonie règne par l'entente entre deux êtres vivants.
Nuno Oliveira
Lisa-Marie

Re: Übungen abspulen

Beitrag von Lisa-Marie »

Hm, nicht ganz leicht. Ich hab so einen Hampelmann an der Hand, der auch immer gleich anbietet, wenn er glaubt, dass ich das "Kommando" dafür gleich geben würde. Wir clickern, dies nur vorab als Erklärung.
Nun halte ich es so, dass ich eine Übung clicke, wenn er sie auf meinen Hinweis ausführt. Wenn er strampelt oder verschiedene (falsche) Ansätze macht, gehe ich einfach weiter. Das ist momentan für ihn ein gutes Konzept, weil er merkt: Kein Keks - war wohl nicht richtig.

Andere Situation: wenn er halten soll und geht noch einen Schritt, muss er diesen Schritt wieder zurück gehen, ohne dass es dafür gesondert Belohnung gibt. Erst nach 2 oder 3 sec. gutem Stehen gibt es dann wieder einen Click.

Beim Rüberwandern während einer Vorhandwendung, könnte ich mir auch vorstellen (wenn Dein Pferd das kennt), ein NEIN zu benutzen (meiner weiß, dass das ein "Das war nicht richtig" ist) oder eben bei schnellem Rüberhuschen direkt ins Vorwärts OHNE Stimmlob (oder wie Du halt arbeitest) oder sofort wieder zurückstellen (stell ich mir schwierig vor, dass sie nicht noch hektischer wird).
Auch noch noch noch feiner werden mit Deinen Hilfen (vielleicht auch erstmal nur daran denken) kann eine Hilfe sein...
ehem User

Re: Übungen abspulen

Beitrag von ehem User »

Ich würde mit vielen, unterschiedlich großen Veränderungen der Lektionen/Übungen arbeiten.
Also mal schneller, mal ruhiger, mal einen, mal fünf Tritte, mal mit mehr, mal mit weniger Abstellung und immer wieder in neuen Kombinationen oder Abfolgen. Gern auch mal mittendrin halten und atmen. ;)
Oder den Fokus mal auf ein Detail (korrektes Heben der Schulter, korrekte Brustkorbrotation - je nach Übung) legen und den Rest 'ihr überlassen'.

Es kann sein, dass sich das Pferd dann ärgert, da würde ich gar nicht weiter drauf eingehen. Maximal schauen, dass ich an diesen Tagen die Anforderungen an die Details eben niedriger halte oder öfter Pausen einbaue. Erholung kann auch sein, danach erstmal frisch geradeaus zu traben oder freien, raumgreifenden Schritt zu gehen.
Und über jede kleine richtige Reaktion freuen!
Versuche, dem Pferd nicht zu vermitteln, was es alles nicht tun soll, sondern was es alles richtig macht. ;)

Entscheidend ist dabei, dass du selber ganz aufmerksam bei deinem eigenen Körper bist (je genauer du deine Muskeln einsetzen kannst, desto feiner kannst du die Übungen verändern).



Zurückkorrigieren kann funktionieren, muss aber nicht.
Übermotivierte Pferde verstehen das denke ich eher als Pferde, die vorwegnehmen, weil sie mitdenken und selbstbestimmt agieren wollen. So eine Korrektur kann dann für das Pferd frustrierend sein oder eben dazu führen, dass es sich ärgert (und dann hört es ja auch nicht besser zu als vorher...).
ehem User

Re: Übungen abspulen

Beitrag von ehem User »

Nachtrag:
Wenn das Pferd den Rumpf anhebt, sich mehr trägt und 'aus seiner Mitte heraus agiert', könnte sich das Nach-Vornhintenseitwärts-Wegstürzen auhc deutlich verbessern.
Das kannst du an der Hand auch nur über deinen eigenen Körper lösen.
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kolyma
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Re: Übungen abspulen

Beitrag von kolyma »

Das ist - grad in so Wendungen - auch ein Gleichgewichtsproblem. So wie es Plüschtiger schon sagte. Mit mehr Training gibt sich das. Meiner ist ne Weile beim Schenkelweichen über die äußeren Schulter weggelaufen und jedes Umstellen war für ihn eine Aufforderung zum Schenkelweichen. Die Pferde müssen lernen den äußeren Zügel und den verwahrenden Schenkel zu verstehen. Und das dauert eben eine Weile. Meiner Ansicht nach hilft da nur Wiederholung. Damit das Pferd in der Übung sicherer wird, sein Gleichgewicht finden kann und die Hilfen verstehen lernt.
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


"Besser wenig und das Wenige gut."Egon v. Neindorff

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Muriel
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Re: Übungen abspulen

Beitrag von Muriel »

ich denke auch dass es zum Teil ein Gleichgewichtsproblem ist. Das Pferd fällt in der VHw seiner Balance hinterher und kann sich darin nicht anhalten. Hilfreich kann sein, die Übung in Mikroschritte zu zerlegen mit vielen Wiederholungen und vielen Pausen.
Ein faszinierender Aspekt den ich vom letzten Kurlandkurs mitgenommen habe ist die Frage nach der Reversibilität einer Bewegung. Die Bewegung ist dann balanciert wenn sie umkehrbar ist in jedem Moment. Kann man selbst mal ausprobieren, das ist gar nicht so einfach.
Geradeaus langsam gehen, oder um eine Kurve: Kann ich die Bewegung in jedem Moment anhalten und ohne Mühe umkehren?
Oft ist es für die Pferde dann auch angenehmer wenn sie verstehen dass sie gar nicht so viel Bewegung auf einmal machen müssen. Es ist meistens nur unser Kopf der dem im Weg steht weil "Arbeit" ja "Bewegung" heisst in der Regel ;)
"Gegen Zielsetzungen ist nichts einzuwenden, sofern man sich dadurch nicht von interessanten Umwegen abhalten lässt."
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Re: Übungen abspulen

Beitrag von Zaubermieze »

Danke für eure Anregungen. Ich glaube, ich habe mich tatsächlich zu sehr darauf versteift, schon alles gleichzeitig richtig zu haben. Ich habe jetzt mal beim Üben der Vorhandwendung versuchsweise das Vorwärtsgehen nicht korrigiert und einfach abgewartet, bis ein guter Seitwärtsschritt hinten kam und dann gelobt. Damit waren wir dann beide zufriedener.
plüschtiger hat geschrieben:Nachtrag:
Wenn das Pferd den Rumpf anhebt, sich mehr trägt und 'aus seiner Mitte heraus agiert', könnte sich das Nach-Vornhintenseitwärts-Wegstürzen auhc deutlich verbessern.
Das kannst du an der Hand auch nur über deinen eigenen Körper lösen.
Wie mache ich das über meinen eigenen Körper?
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Re: Übungen abspulen

Beitrag von umamulher »

Oh ja, das kenne ich auch gut aus den ersten 2-3 Jahren mit meiner kleinen Streberin. Ich habe es mit der Zeit in den Griff bekommen mit der Kombination aus den bereits genannten Maßnahmen. Übungen in einzelne Schritte gliedern mit kurzer Pause dazwischen, Übungen nie mehr als 2 mal an der gleichen Stelle bzw. in der gleichen Folge und dazwischen immer wieder ein frisches Vorwärts/Abwärts ganze Bahn zum Runterkommen.
LG Christa

Urteile nie über einen Fremden bevor Du nicht 1000 Schritte in seinen Mokassin getan hast
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