Pferd einschläfern

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Sheitana
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Re: Pferd einschläfern

Beitrag von Sheitana »

Ich hab mir für unsere alte Scarlet auch immer vorgestellt, dass sie auf der Weide bei ihrer Familie eingeschläfert wird. Unsere Herde ist ja genau das, ein Familienverband, weil entweder die Pferde alle miteinander verwandt sind, oder schon sehr lange zusammen standen. So war Scarlet auch schon einige Jahre dabei und gehörte einfach dazu.

Letztlich kam es doch ganz anders. Es kündigte sich schon lange über den Sommer an, dass dies ihr Letzter sein würde. Anfangs hat die Herde sie noch sehr betüddelt, es stand immer jemand bei ihr, scheuchte sie regelmäßig zum Wasser und zum Heu. Sie war nie alleine und es wurde darauf geachtet, dass sie nicht verloren geht.

Das hörte dann relativ plötzlich auf. Von der Herde kümmerte sich keiner mehr, Scarlet war immer öfters alleine. Erst fand ich es total grausam, dass sie sie so alleine lassen, ich glaube aber, dass es einfach ihre Natur ist, dass sich sterbende Tiere absondern.
Als Scarlet dann nur noch auf der Weide lag und fast gar nicht mehr aufstand, holten wir sie alleine in den Stall. Ihre Besitzerin brauchte einfach noch zwei Tage um wirklich zu begreifen, dass der Zeitpunkt gekommen war. Scarlet war nicht krank, sie hatte auch keine Schmerzen. Sie war einfach alt. So war es vertretbar, ihrer Besi die Zeit zu geben.

Sie wurde dann fernab der Herde eingeschläfert, es ging ganz schnell und friedlich. Wir haben die Herde auch nicht schauen lassen. Das brauchten wir auch gar nicht.

Es war einfach so klar, für uns alle. Schon den ganzen Sommer über konnten wir uns verabschieden.

Wir sind sehr sehr eng mit unserer Herde verbunden. Bisher dachte ich immer, das wundervollste Erlebnis war die Geburt unserer letzten Fohlen. Doch so traurig es war, der Tod von Scarlet war fast noch schöner und mit Sicherheit ergreifender. Natürlich tut es weh. Doch es war so.... normal... Es war nichts Schlimmes, es war einfach der Lauf der Dinge.

Ich hatte immer Angst davor, ein Pferd einschläfern zu müssen und tatsächlich war dies trotz, dass ich schon über 20 Jahre mit Pferden zu tun habe das erste Mal.
Der Umgang mit der Herde damit hat mir sehr geholfen. Sie waren nicht traurig. Sie haben nicht gesucht. Sie haben sich drauf vorbereitet und wussten was kommt. Es war für sie völlig unemotional und das Normalste der Welt, dass dies geschieht.

Allerdings haben sie auch weiterhin die Herde und keiner ist alleine zurück geblieben, das macht sicher auch nochmal einen Unterschied. Und, dass es keine zusammengewürfelte Herde ist.
Jedenfalls habe ich nun keine Angst mehr davor und wenn irgendwann eins meiner Pferde wird gehen müssen, dann wird es für mich auch unendlich traurig sein, aber nicht mehr schlimm. Denn die Angst vor dem Tod ist nur eine menschengemachte Sache.
Schimmelchen
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Re: Pferd einschläfern

Beitrag von Schimmelchen »

Es ist jetzt über 8 Jahre her, dass ich men erstes Pferd einschläfern lassen musste und ich vermisse ihn noch immer. Ich hatte schon mehrere Monate vorher das Gefühl, dass das unser letzter Sommer ist (gegangen ist er im Sept); keine Ahnung warum. Ich habe noch mehr Zeit als vorher mit ihm verbracht und doch kam der Moment ingendwie total überrasschend und ich habe es zuerst nicht erkannt; was ich mir heute noch zum Vorwurf mache. Erst hatte er Husten (mitten im Sommer) dann ist aufgefallen, dass er abgenommen hat. Das habe ich aber nicht gleich bemerkt, da gleichzeitig der Bauch dicker wurde. Dann hatte er eine leichte Kolik. Dann mochte er sein Heu nicht mehr und ich habe anderes besorgt, das er aber auch nicht wirklich gefressen hat. Zu dem Zeitpunkt war ich noch der Meinung, dass er auf der Weide normal frisst, da er sich immer aufs Gras gestürzt hat, wenn ich ihn rausbrachte. Bis ich mal bei ihm geblieben bin und gesehen habe, dass er nur ein paar Bissen nahm und dann aufgehört hatte. Der Tierarzt hat dann Blut abgenommen und eine Leberzirrhose diagnostiziert. Er bekam noch eine Infusion, aber es hat alles nichts mehr genützt - er fraß nichts mehr. Ich habe ihn zwar nicht obduzieren lassen, aber wahrscheinlich waren seine Melanome die Ursache (er war Schimmel) . Sie sind ein paar Monate vorher stark gewachsen und ich habe gelesen, dass sie - wenn sie auch innerlich vorkommen - vor allem die Lunge und die Leber befallen. Das würde zu dem Husten und der Leberzirrhose passen.
Das Einschläfern selber war nicht so schlimm, wie ich befürchtet habe. Viel schlimmer war die Entscheidung, ihn gehen zu lassen und zu akzeptieren, dass ich nichts mehr tun kann. Eingeschläfert wurde er an einem Montag. Ich bin das ganze Wochenende über im Stall geblieben und habe mich von ihm verabschiedet. Schmerzen hatte er lt Tierarzt keine. Leberprobleme machen einfach müde und irgendwann würde der Körper sich selber vergiften. Der Tierarzt hat ihn zuerst sediert, ihm dann ein Betäubungsmittel gespritzt und dann die eigentliche Spritze gesetzt. Er war ganz ruhig und ist friedlich eingeschlafen. Ich habe dann noch die anderen Pferde zu ihm geführt, aber die hat das nicht mehr interessiert. Dass ich beim Abholen nicht dabei sein werde, war von vornherein klar; das hat eine Freundin übernommen. Ich bin dann noch ein paar Stunden bei ihm geblieben und kurz bevor der LKW kam, habe ich den Stall verlassen.

Was ich nie vergessen werde, ist der Moment, als mein Pony den Tierarzt gesehen hat. Dadurch, dass er die letzten ein, zwei Wochen vor seinem Tod oft im Stall war, ihm mehrere Spritzen gesetzt hat ihm einen Schlauch durch die Nase wegen der Kolik eingeführt hat ect hatte er sich die letzten ein, zweimal als der Tierarzt kam, verdrückt und ich musste ihm nachlaufen und ihn holen (was sonst nie der Fall war). Am letzten Tag ist er ihm entgegengelaufen, als er ihn kommen sah.
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november
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Re: Pferd einschläfern

Beitrag von november »

Wir sind sehr sehr eng mit unserer Herde verbunden. Bisher dachte ich immer, das wundervollste Erlebnis war die Geburt unserer letzten Fohlen. Doch so traurig es war, der Tod von Scarlet war fast noch schöner und mit Sicherheit ergreifender. Natürlich tut es weh. Doch es war so.... normal... Es war nichts Schlimmes, es war einfach der Lauf der Dinge.
Das hast du toll geschrieben. Genau so habe ich es bei Domino auch empfunden. ich habe zwar noch keine Fohlengeburt erlebt, aber Domino war ja 24 Jahre bei mir und wir waren sehr eng verbunden.
So wie er gestorben ist, war es ein würdiges Ende für unsere gemeinsames Zeit. Ein Kreis hat sich geschlossen in Frieden und ganz vertrauensvoll. Traurig war es, aber das Sterben an sich war nicht schlimm.
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Lottehüh
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Re: Pferd einschläfern

Beitrag von Lottehüh »

Ich hab Euch die Frage genau einen Monat davor gestellt.... :shock: Es war also doch gut, darüber nachzudenken. Davor war ich immer fest davon überzeugt, dass Pablo dabei sein muss, aber ich habe mich dann doch dagegen entschieden. Ich glaube, er wäre völlig ausgetickt.

Wir sind mit Lottchen raus gegangen, habe einen "guten" Platz gewählt, von wo man sie gut abholen kann, mit Erde drunter, damit sie wenigstens weich liegt. Gras gab es leider noch keines... Pablo haben wir später (danach) geholt. Er hat sie angestupst und ihre Lippen angeschnullert. Am nächsten Morgen dann nochmal. Da fand ich es total schlimm, dass er dann weiter lief und angefangen hat zu rufen und zu suchen, zwei Meter neben dem toten Pferd. Es war, als wollte er es nicht wahrhaben. Beim ganzen Spaziergang hat er überall gesucht und gewiehert. Wir mussten uns beide neu sortieren, mittlerweile geht's ganz gut.

Ich konnte es leider nicht so empfinden, dass es nicht schlimm war. Das Sterben an sich vielleicht nicht, aber die Entscheidung (die es ja eigentlich nicht gab, nur "jetzt, später oder morgen früh?") und Lottchen bis dahin beistehen, ihr in die Augen schauen, es einfach durchziehen, weil es mir nicht mehr möglich war, mich wirklich gefühlsmäßig mit ihr zu verbinden, zu fühlen, ob es für sie richtig ist, das war sehr schlimm für mich.

Ich habe auch ein schlechtes Gewissen, bzw. arbeite gerade daran, es nicht zu haben, weil ich immer wieder gesagt habe, dass ich hoffe, dass wir noch nen schönen Winter haben, aber dass es das dann war. Ich weiß, dass sie keinen Sommer mehr geschafft hätte und der letzte Sommer war wirklich schlimm für sie. Es ist nicht so, dass ich sie loshaben wollte, aber es wäre nicht mehr gegangen. Ein bisschen fühlt es sich aber so an, als hätte ich es mir "gewünscht". :(

Zum Glück schaffe ich es langsam darüber hinweg zu sehen und sie wieder zu spüren. :herzi: Ich habe das Gefühl, sie ist überall, in unseren alten Eichen, im Sternenhimmel, auf der Koppel...
Das Leben schenkt Dir ein Pferd - reiten musst Du schon selber.
:schritt:
Shieldmaiden

Re: Pferd einschläfern

Beitrag von Shieldmaiden »

:hug:
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umamulher
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Re: Pferd einschläfern

Beitrag von umamulher »

Lottehüh hat geschrieben:
Ich habe auch ein schlechtes Gewissen, bzw. arbeite gerade daran, es nicht zu haben, weil ich immer wieder gesagt habe, dass ich hoffe, dass wir noch nen schönen Winter haben, aber dass es das dann war. Ich weiß, dass sie keinen Sommer mehr geschafft hätte und der letzte Sommer war wirklich schlimm für sie. Es ist nicht so, dass ich sie loshaben wollte, aber es wäre nicht mehr gegangen. Ein bisschen fühlt es sich aber so an, als hätte ich es mir "gewünscht". :(
Lass dieses schlechte Gewissen nicht zu, Du hast bestimmt das Richtige getan. Ich habe mich damals auch hin und wieder dabei ertappt mir zu wünschen, dass es endlich "vorbei wäre". Vorbei für mich, dass diese emotionale Achterbahn und tägliche Angst, was mich wohl heute im Stall erwarten wird, endlich vorbei wäre. Und vorbei für sie, damit sie endlich keine Schmerzen mehr ertragen muss. Aber diese Gedanken sind menschlich und man muss sich dafür nicht schämen. Selbstverständlich wäre mir und bestimmt auch Dir ein "Alles wieder gut" der allerliebste Gedanke gewesen :hug:
LG Christa

Urteile nie über einen Fremden bevor Du nicht 1000 Schritte in seinen Mokassin getan hast
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november
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Re: Pferd einschläfern

Beitrag von november »

Das schlechte Gewissen ist glaube ich ganz normal. Es ist nun mal eine sehr, sehr gravierende und nicht rückgängig zu machende Entscheidung, die man für sein Tier trifft. Andererseits ist es auch ein großes Geschenk, die Möglichkeit zu haben, ihnen Schmerz und Leid zu ersparen.
Das smna sich wünscht, das es "vorbei" ist, ist auch nur natürlich, glaube ich. Man ist auch nur ein Mensch und hat einfach schwer zu tragen, wenn es einem geliebten Wesen schlecht geht. Mach es dir nicht schwerer als es eh schon ist. Du hast das richtige getan und bald werden die schönen Erinenrungen an das Lottchen diese blöden Gedanken ganz verdrängen. :schulter:
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