Pferd und Mensch wollen fahren lernen

Moderator: Cate

Stjern
Einhorn
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Pferd und Mensch wollen fahren lernen

Beitrag von Stjern »

Hallo Ihr Lieben,

ich bin bisher "nur" Bodenarbeiter und Reiter. Freiheitsdressur liebe ich. Nun haben wir ja vor einiger Zeit unseren Irish Cob, das Baerchen bekommen. Erstmal war gefragt, dass Mensch und Pferd sich aneinander herantasten. Baerchen ist ein superbegeisterndes Pferd. Es ist ein Vergnuegen mit ihm etwas zu machen, man koennte es beinahe ein Privileg nennen mit so einem blitzgescheiten und dabei nur freundlichen Pferd zusammenarbeiten zu duerfen.

Mit so einem Partner koennen wir uns vorstellen, uns ans Fahren zu wagen. Aber dazu brauchen wir Tipps und Anleitungen. Sicher kann man erstmal auch da vom Boden aus beginnen, kann ich mir vorstellen.

Unser Baerchen hat mittlerweile gelernt (ohne Halfter und Strick) neben einem herzugehen und -traben. Er nimmt jede Wendung, die man macht mit. Er laesst sich zuverlaessig auf Stimme aus dem Schritt, Trab (und sogar Galopp) anhalten (er naehert sich bereits dem Anhalten auf etwas lauteres und deutliches Ausatmen an - bzw. wenn ich drueber nachdenke, dann macht er es immer). Insofern wuerde ich schonmal sagen, dass die Arbeit ueber eine "Fuehrperson" gesichert ist.
Kleine Anmerkung: setzt man sich auf Baerchen, dann folgt er den Stimmkommandos genauso lieb und brav.
Reize von aussen sind fast gar kein Thema.

Meine noch laienhaften Vorstellungen waeren nun, dass einer sich mit langen Zuegeln hinter das Pferd begibt und man die Situation, dass die "Kommandos" von hinten kommen, uebt.

Wir haben einen Longiergurt mit vielen Ringen. Leinen koennten wir leihen. Gebiss haben wir aber nur Wassertrensen.

Ueber "Anleitungen", Vorgehensweisen, Tipps mit Links oder Buchempfehlungen wuerden wir uns freuen. Jede Erklaerung kann helfen.

Um der Frage vorzubeugen, warum wir in unserer Umgebung nicht zu einem Kurs gehen oder das Pferd von jemanden einfahren lassen, der es oefters macht. Pferde werden hier viel gefahren. Will man nach links, dann zieht man links. Will man anhalten, dann zieht man halt beidseitig. Eingefahren werden PFerde hier gerne so, dass man ihnen im Winter etwas sauschweres hinten anhaengt und sie notfalls im Schnee so lange rennen laesst bis sie aufhoeren zu rennen. Dann sagt man, dass er es nun "begriffen" hat, dass sich wegrennen nicht lohnt. Ich nenne das eher erschoepft und aufgegeben.
So etwas kommt fuer mich nicht in die Tuete. Dann werde ich lieber nicht fahren.

Sicher koennte ich mir auch vorstellen zu einem Kurs zu gehen. Dazu muesste ich aber weit fahren und das ist erstmal nicht drin bzw. erstmal einen Kurs finden.
Also bleibt anfangst die sanfte Autodidaktenmethode. Und hier koennte ich Eure Hilfe und Anleitung gebrauchen.

:bittebitte: :bittebitte:
Frau Gretel
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Re: Pferd und Mensch wollen fahren lernen

Beitrag von Frau Gretel »

Ich glaube da gibts auch so ein Buch zu dem thema...
was ich noch üben würde wäre irgendwas schleppen kann zb auch nur ein autoreifen sein oder ein klappersack
schrecktraining vor allem auch wichtig...
wassertrense ist als gebiss auch vollkommen ausreichend notfalls doppelringtrense..dann würde ich doppellonge üben und langer zügel, vielleicht auch schon geschirr kaufen und mit scheuklappen üben wenn ihr denn welche benutzen wollt

wenn ihr natürlich schon ein fahrpferd + kutsche hättet, hätte ich gesagt, ihr lasst das pferd nebenher laufen ...
ich würde vllt an eurer stelle nochmal selbst einen fahrkurs machen, falls ihr damit noch nichts zu tun hattet
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SCvet
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Re: Pferd und Mensch wollen fahren lernen

Beitrag von SCvet »

Hi,

wir (Lele und ich) sind mittlerweile so weit, daß wir die erste Alleinausfahrt hinter uns gebracht haben. Ich kann also aus eigenen, allerdings deutlich begrenzten Erfahrungen berichten.

Wir haben (nach Führtraining und Tricktraining mit Gegenständen usw.) auch mit Fahren vom Boden aus begonnen (anfangs ohne Leinen, also einfach ohne Leinen hinter ihr nachgegangen, dann mit Leinen). Dann haben wir mit Halfter geübt, später dann mit Kolumb. Bosal.

Lele ist eigentlich ein Supercoolpony (Typ Miniaturnoriker). Trotzdem gab es Unsicherheitsaspekte, an denen wir intensiver arbeiten mußten.

Ach ja, wenn Pferd nicht weitergeht, wenn du auf einmal von hinten Signale gibst, scheint das ziemlich normal zu sein. Wenn du keine Hilfskraft hast, ist es hilfreich, deine Position schrittweise nach hinten zu legen, also zuerst auf Schulterhöhe mit beiden Leinen zu arbeiten, dann auf Bauchhöhe, dann neben dem Hinterteil (bei einem Pferd, dem man bezüglich Hinterhufaktivität vertraut), dann erst dahinter. Und auch wenn Pferd normalerweise am Viereck super läuft, wenn du hinten bist, kann es im Gelände Sinn machen, wieder neben der Schulter zu gehen, speziell wenn Gespenster unterwegs sind. Ich finde es wichtig, Fahren vom Boden auch draußen zu machen, wenn es drinnen sitzt, denn draußen ist sowieso alles anders.
Dann hab´ich einen Schepperkübel mitgezogen (Zinkeimer auf dem Asphaltweg drinnen, also im abgeschlossenen Bereich. Es war gräßlich laut und hat Lele anfangs durchaus beunruhigt. Nachdem ich ihn selbst (anfangs auf der pferdeabgewandten Seite) zog, konnte ich das Geschepper stoppen, wodurch wir sehr dosiert vorgehen konnten. Schepperdinger direkt am Pferd zu befestigen, das war mir zu riskant. War jedenfalls innerhalb ziemlich kurzer Zeit kein Thema mehr. Ach ja, ich hab´ für´s Scheppertraining anfangs ganz normal geführt. Dann haben wir drinnen ein dickes Holz nachgezogen. auch da habe ich sie zuerst geführt und bin erst zum Fahren vom Boden übergegangen, als ich sicher war, daß es sie nicht stört.

Beim normalen Fahren vom Boden haben wir auch Hütchenslalom (in Schritt und Trab), Kehrtwendungen und rückwärts geübt. Wobei Trab auf Sandboden für nur mäßig sportliche Leute eine echte Herausforderung ist (keuch!). Irgendwann habe ich drinnen festgestellt, daß wir zwar Anhalten, aber nicht ruhig stehen auf Dauer geübt hatten und das dann nachgeholt.
Ach ja, Training mit Leinen um Brust und Schweif haben wir auch gemacht.

Einparken zwischen die Anzen des Gigs habe ich alleine mit ihr geübt (Hinterhandtarget und dann rückwarts, dann rumrütteln). Als ich sie erstmals wirklich einspannte, hatte ich eine Hilfsperson. Fahren haben wir ebenfalls zuerst drinnen (und mit Hilfsperson) geübt. Die erste Ausfahrt war sicherheitshalber ebenfalls mit einer Hilfskraft vorne am Strick.

Drinnen haben wir neben Kurven und rückwärts im Gig auch das Wenden auf der Stelle geübt, das ja auf Feldwegen oft nötig ist. Und rückwärts. Und die Bremse betätigen (meine Bremse quietscht fürchterlich). Bei unser 1. Ausfahrt haben wir das alles gebraucht...(es ging am Heimweg leicht bergab, und ohne bremsen hat der Wagen geschoben und mein Pony angetrabt. Die Lärmbelästigung durch die Bremse hat sie gut weggesteckt und ist im Schritt geblieben.)

Tja, soweit sind wir mittlerweile...

Wichtig finde ich die Kleinschrittigkeit und daß man bei Bedarf in der Ausbildung wieder ein paar Schritte zurückgeht, wenn Unsicherheit auftritt.

Für wichtig halte ich auch das abgesicherte Üben mit Gig auf unterschiedlichen Böden (Geräusch + Bewegungen am Geschirr;M drinnen kann man z. B. auch über eine Plane fahren).

Wir haben das Training über sehr lange Zeit verteilt, da Jungpferd und zuerst spielerisch und einige von ihr unabhängige Hindernisse. Die Standardeinfahrmethoden, die ich aus Erzählungen (häufig mit kaputtem Wagen endend, wenn ein Fahranfänger sein frisch eingefahrenes Pferd vom Profi übernommen hat und selbst nicht dazu kommt, sein Pferd jeden Tag einzuspannen, sodaß es müde genug ist, um auf keine blöden Gedanken zu kommen) kennen gelernt habe, halte ich allerdings für zu schnell.

Viele Grüße

Carola
Stjern
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Re: Pferd und Mensch wollen fahren lernen

Beitrag von Stjern »

Danke fuer die Tipps.
Damit kann ich schon viel anfangen.

Wenn Ihr das Schleppen geuebt habt, wie habt ihr denn die Gegenstaende festgemacht?
Wallinka
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Re: Pferd und Mensch wollen fahren lernen

Beitrag von Wallinka »

zwei mir für diesen Zweck empfohlene Bücher, die ich sehr hilfreich finde, auch wenn ich noch nicht besonders weit bin:
http://sz-shop.sueddeutsche.de/mediathe ... kafka:9009

und fast noch besser:

http://sz-shop.sueddeutsche.de/mediathe ... 1558147.do
Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie, was man bekommt.
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SCvet
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Re: Pferd und Mensch wollen fahren lernen

Beitrag von SCvet »

Stjern hat geschrieben:
Wenn Ihr das Schleppen geuebt habt, wie habt ihr denn die Gegenstaende festgemacht?
In ein dickes Vierkantholz zwei Ringösen eingeschraubt und mit Anbindestricken (Haken in Öse, mit Sicherheitsknoten am Geschirr) befestigt.

Viele Grüße

Carola
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Veilchen
Sportpferd
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Re: Pferd und Mensch wollen fahren lernen

Beitrag von Veilchen »

Hallo,

die übliche Einfahrmethode ist bei uns folgendermaßen.

1. Pferd lernt das Kommando steh.
2. Pferd geht gut auf beiden Händen im Schritt und Trab an der einfachen Longe
3. Pferd geht gut an der Doppellonge im Schritt und Trab und auch rückwärts (dabei das Pferd an Berührungen an und auch zwischen den Hinterbeinen gewöhnen.
4. Geschirr anpassen
5. Nach der normalen DL-Arbeit mit Kammdeckel und Brustblatt, die langen Zugstränge nehmen und eine Hilfsperson da dran hängen. Also der Longenführer arbeitet nun auch hinter dem Pferd und macht auch Fahren vom Boden aus. Das war bei uns immer ein fließender Übergang. Die Hilfsperson kommt also an das Ende der Zugstränge und lässt sich immer mal ein kurzes Stück erst mit ziehen. Anfangs erst wenig Gewicht einsetzen später sollte die Hilfsperson schon alles dransetzen, dass das Pferd es nicht so leicht hat. :lol: Von Schleppe ziehen lassen halte ich nichts. Ist viel zu gefährlich, falls das Pferd doch mal Panik bekommt. Die Stränge kann der Helfer einfach los lassen. Zu diesem Zeitpunkt sollte die Gewöhnung an Berührungen an und zwischen den Hinterbeinen schon erfolgt sein.
6. Wenn diese Sachen schon gut klappen, kommt das Pferd zu einem erfahrenen Altpferd in den Zweispänner, sofern vorhanden. Wenn einspännig eingefahren werden soll, würde ich auch das Fahren vom Boden aus mal ins Gelände verlegen. Einen Helfer die Kutsche hinter dem Pferd herziehen lassen. Wichtig ist auch die Gewöhnung an das Hintergeschirr.
Liebe Grüße vom Veilchen

Es ist, wie es ist. :giraffe:
ehem User

Re: Pferd und Mensch wollen fahren lernen

Beitrag von ehem User »

SCvet hat geschrieben: In ein dickes Vierkantholz zwei Ringösen eingeschraubt und mit Anbindestricken (Haken in Öse, mit Sicherheitsknoten am Geschirr) befestigt.

Carola
Moin,

wenn Ihr mit einem Brustblatt arbeitet würde ich empfehlen ein Ortscheid zwischen den Balken und die Stränge zu verbauen um ein Scheuern des Brustblattes zu verhindern. Die Bewegungen des Pferdes werden so viel besser ausgeglichen.

Auch würde ich eine Vorrichtung schaffen um die Stränge trennen zu können. (Sicherheitsschäkel mit Zugleine). Die Luxuslösung sähe dann so aus:

http://www.reitplatz-innovationen.de/de ... cheit.html

Der Preis von 190 € dürfte die meisten allerdings abschrecken. Ein Pferd zu korrigieren , dem ewas von hinten an die Füße geschlagen ist und was es beim Durchgehen dann nicht los geworden ist macht auf der anderen Seite viel Arbeit und kostet unendlich viel Zeit.
ehem User

Re: Pferd und Mensch wollen fahren lernen

Beitrag von ehem User »

Habe heute auch diese Seite entdeckt und ich bin begeistert. Da mein Fjord-Mix aus psychischen Gründen nicht reitbar ist, habe ich mir überlegt, dass er nun doch eingefahren wird!
Und da ich mit keinem technischen Arbeitsgerät meinen kleienen Reitplatz und die Wiese bearbeiten kann, kann er auch etwas für sein Fresschen tun!

Und was kostet schon Sicherheit?! Die 190 sind´s mir wert!

Wenn er das alles sicher kann, dann überlegen wir mal, ob wir in eine kleine Kutsche investieren wollen.

Einfache Longe, doppellonge kennt er schon. Ein Fahrgeschirr habe ich noch von meinem alten Pony welches paßt.
Nun muss er nur noch lernen Gewicht zu ziehen.
Und das wollte ich so anfangen wie Veilchen es macht, bevor es an die Schleppe geht. Sicher ist Sicher!
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faraway
Lehrpferd
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Registriert: Sa 30. Jun 2012, 10:49

Re: Pferd und Mensch wollen fahren lernen

Beitrag von faraway »

*Veilchen zustimm*
Schleppe an unerfahrenes Pferd ist mir viel zu gefährlich. Im Panikfall kriegt man sie nicht ab und das kann sehr unschön enden. Wäre die Frage, ob so ein Sicherheits-Ortscheid an eine Schleppe zu verbauen wäre. Oder gehen die nur an Geräte dieser Firma?
Bei uns gab es immer zwei Hilfspersonen, eine pro Strang, die dann langsam Druck aufs Brustblatt gebracht haben. Wenn das vom Pferd gut vertragen wurde, dann in den Wagen mit einem erfahrenen Fahrpferd. So können sie z.B. erst mal bei Wendungen vom Lehrpferd mitgenommen werden, bevor sie dann lernen, den Wagen aktiv in die Wendung zu ziehen. Und man kann dann auch zunächst so verschnallen, dass das junge Pferd noch nicht so stark im Zug geht wie das Lehrpferd, so dass es auch hier behutsam an den Zug herangeführt wird.
Wir haben aber auch schon eine Stute einspännig eingefahren. Geht auch gut, vorausgesetzt die Vorbereitung vom Boden aus stimmt.
Wenn nur die Liebe, die Liebe existiert - so ist Zeit ein absurdes Konzept.
Forugh Farrokhzad an Ebrahim Golestan


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