Jungpferd und Kopfkino bei mir

Moderator: Keshia

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Sky4ever
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Re: Jungpferd und Kopfkino bei mir

Beitrag von Sky4ever »

:winken: Da bin ich mal wieder mit neuen Nachrichten. Diesmal nicht ganz so tolle :huh: Mein Kopfkino ist wieder da :schock:

Aber der Reihe nach: bei meinem Senior wurde leider eine periodische Augenentzündung diagnostiziert. Aus diesem Grund sollte er in den letzten Tagen nur raus, wenn er eine Augenmaske trägt, um jegliche Sonnenblendung und Wind am Auge zu vermeiden. Da ich eine Maske nicht sofort auftreiben konnte, musste er zwei Tage im Stall bleiben. Und da er ohne meinen Youngster nicht drin bleibt, ohne den gesamten Hof zusammen zu wiehern (auch wenn noch genügend andere Pferde im Stall waren, es muss unbedingt Ýmir sein), und ich bei ihm jeglichen Stress vermeiden soll, musste mein Kleiner also mit in Boxenhaft :-z

Ich bin an den beiden Tagen mit Ýmir ausgeritten, ohne mir großartig Gedanken zu machen. Er war ja auch im Umgang wie immer. Am ersten Tag war auch während des Reitens alles normal. Am zweiten Tag musste er dann doch seine aufgestaute Energie ein wenig loswerden. Als ich angaloppiert bin, nahm er einen auf dem Boden liegenden Tannenzweig zum Anlass, erst zur Seite zu springen, und dann noch zwei weitere Hüpfer in die Höhe zu machen. Ich habe ihn durchpariert und bin noch mal für ein paar Meter angaloppiert, da war er dann wieder voll konzentriert. Und als ich mich gerade entspannte, bog er unvermittelt in einen Seitenweg ab und schoss im Tölt los (eine Gangart, in der er noch gar nicht ausgebildet ist). Nach etwa hundert Metern konnte ich ihn auch da wieder anhalten, aber mit meiner Ruhe war es vorbei. Ich bin abgestiegen und habe ihn bestimmt so 10 Minuten geführt, bis meine weichen Beine wieder okay waren. Dann bin ich wieder aufgestiegen und im Schritt und Trab zum Stall geritten.

Mir ist im Nachhinein aufgefallen, dass mir gar nicht die Situation "vor Ort" so Angst macht, sondern dass ich mit meinem Kopfkino schon viel weiter voraus bin. Als Ýmir losgesprintet ist, fand ich das Tempo gar nicht erschreckend, und dass er so toll töltet, obwohl es unter dem Reiter noch nicht verlangt wird, war auch eher schön. Aber statt im dem Moment auch in dieser Situation zu sein, ist mein Kopfkino schon Meilen voraus und sieht die nächste Bundesstraße auf uns zu kommen oder eine scharfe Kurve, in der wir uns lang legen, usw. Und das blockiert mich total. Wir waren mitten im Wald auf einem geraden Weg... :tuete: Also keine wirkliche Gefahr in der Nähe.

Hat jemand einen Tipp für mich, wie ich es schaffe, in solchen Situationen nicht immer schon meilenweit in die Zukunft zu schauen, sondern im Jetzt zu bleiben? :bittebitte:
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Hina_DK
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Re: Jungpferd und Kopfkino bei mir

Beitrag von Hina_DK »

Ich kann es nachvollziehen aber versuch doch mal Deine Gedanken in so einer Situation umzulenken, nicht in Richtung, was könnte sein, wenn, sondern wie war es, als ... Du weißt durch diesen Ausritt, dass es letztendlich doch kein Problem ist, mit ihm so eine blöde Situation richtig gut zu meistern. Er lässt sich, auch wenn er angespannt ist, trotzdem durchparieren. Also, blöde Situation, tolles Pferd :). Du kannst Dich auf ihn verlassen. Und solange da noch blödes Kopfkino bei Dir vorhanden ist, vielleicht erstmal ganz ausgibige entspannte Schrittausritte machen. Das ist balsam für die Sele und nur, wenn Du Dich davon überzeugt hast, dass ihr beide wirklich ganz entspannt seid, dann eine Gangart höher schalten. Dann manövriert Ihr Euch auch nicht so schnell in so eine "hoffentlich passiert jetzt nichts"-Situation.
Viele Grüße
Hina

Probiers mal mit Gemütlichkeit
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wiassi
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Re: Jungpferd und Kopfkino bei mir

Beitrag von wiassi »

Ich kann hina da nur zustimmen, leider habe ich selbst auch das Problem wie du..
aber ich wollte auch nur kurz erinnern, dass wir gar nicht soo weit weg sind, wenn also mal echt Not am Pferde ist, helfe ich dir auch gern mal leihweise aus, ich hab ja viel Zeugs liegen.
Einem Tier zu helfen, verändert nicht die ganze Welt.
Aber die ganze Welt verändert sich für dieses Tier.

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ehem User

Re: Jungpferd und Kopfkino bei mir

Beitrag von ehem User »

@sky4ever: Ich habe gerade - auf auf Empfehlung hier im Forum irgendwo - mir das Buch von Jane Savoie, "Positiv denken, erfolgreich reiten" besorgt und angefangen zu lesen. Diese Prinzip, das Kopfkino zu unterbrechen haben Babette und Tanja schon in ihrem Antiangstkurs angesprochen. Ich glaube schon, dass es möglich ist, das zu unterbinden, sich selbst soweit zu beeinflussen, dass dieses Vorausdenken aufhört oder zumindest nicht mehr zum Tragen kommt. Mir geht es ja mit unser Gruselhalle genauso ... und ich kann wunderbar nachvollziehen, was in dir vorgeht in solchen Situationen.

wie gesagt, ich habe erst angefangen mit dem Buch, aber ich bin wild entschlossen, es durchzukauen und nicht nur zu lesen und ins Regal zu stellen. Vielleicht hat jemand hier schon konkretere Erfahrungen damit?
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Sky4ever
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Re: Jungpferd und Kopfkino bei mir

Beitrag von Sky4ever »

@ wiassi: :danke2: für das Angebot. Da werde ich vielleicht mal drauf zurück kommen. Wir sollten mal unsere Handynummer austauschen. Natürlich per PN.

Heute war ich mit Ymir wieder unterwegs. Ich bin Schritt und Trab geritten, und er war so artig wie eigentlich immer. Mit dem Galopp warte ich wirklich noch etwas :whistle:

Ich bin sehr gespannt, ob ich beim nächsten Anlass (der hoffentlich noch lange auf sich warten lässt :hand: ) in der Lage bin, das Kopfkino auszuschalten, da ich mir dessen jetzt mal bewusst geworden bin, wie und woran ich dann denke. :nix:

Es gibt wahrscheinlich nicht einfach einen Ausschaltknopf, den jemand mir sagen kann, oder??? :shy: :shy: :shy:
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Greta J.
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Re: Jungpferd und Kopfkino bei mir

Beitrag von Greta J. »

Knabberstruppi hat geschrieben:@sky4ever: Ich habe gerade - auf auf Empfehlung hier im Forum irgendwo - mir das Buch von Jane Savoie, "Positiv denken, erfolgreich reiten" besorgt und angefangen zu lesen.
Ich hab genau das Buch und finde es super!

Ich hab vor allem einen Tipp aus diesem Buch umgesetzt, meinen Ausschaltknopf quasi. ;-) Hier hab ich das schon mal beschrieben, deshalb kopier ich das jetzt der Einfachheit einfach mal hier rüber:

"Also, sobald losgeht, soll man sich STOPP! oder PAUSE! oder BREAK! (oder von mir aus auch KÄSEKUCHEN!) denken, irgendetwas, was den momentan ablaufenden Prozess unterbricht und dann im Anschluss daran unbedingt etwas positives, eben das, was man möchte und nicht das, was man nicht möchte – siehe Perlenspielers Zitat.
In meinem Fall (phantasiereiches Kopfkino) hab ich mir nichts eigenes ausgedacht, sondern einfach das Beispiel aus dem Buch genommen, aus dem dieser Tipp stammt („Positiv denken, erfolgreich reiten“ von Jane Savoie): "BREAK! Weich, rund, rittig."
Die ersten paar Mal geht’s einem vielleicht nicht so schnell von den Lippen und es gab Zeiten, da hab ich es 10x hintereinander und öfter vor mich hingebetet, aber irgendwann geht’s von fast alleine. Irgendwann musste ich sogar schon lachen, obwohl ich gedanklich erst beim BREAK! war.
Und ich habs mittlerweile auch in den außerpferdischen Bereich übernommen (wenn ich mir mal wieder zu viele Sorgen um nichts mache, wenn ich mich wegen was ärgere etc.). Ist vielleicht nicht super passend, wenn ich dann auch "weich, rund, rittig" denke, aber dieser Satz ist für mich so was von positiv, dass mir das trotzdem immer hilft. ;) "

:dd: dass du deinen Ausschaltknopf bald findest! :hug:
"Mach dein eigenes Verhalten nie vom Verhalten anderer abhängig." - Sélan
ehem User

Re: Jungpferd und Kopfkino bei mir

Beitrag von ehem User »

Ein gutes Thema habt ihr hier!
Ich kenne das Buch nicht, das ist bestimmt sehr hilfreich. Was ich für mich begriffen habe, ist, dass ich mit dem Üben, gedanklich im Jetzt zu bleiben, nicht erst bei den Pferden oder in einer Notsituation anfangen kann. Eigentlich kann man es in jedem Moment "üben". Ich bin dabei, immer mehr kleine Momente in meinen Alltag einzuflechten, in denen ich auf Atmung und Denken achte. Dann wird es auch bei der Arbeit mit den Pferden besser gehen.
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Equester
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Re: Jungpferd und Kopfkino bei mir

Beitrag von Equester »

Doofe Situation und seeeeeeeeeeeeehr bekannt :shy: . Ich glaube, ich wäre damals froh gewesen, wäre es "nur" der Tölt gewesen, bei uns war es Galopp der glauben ließ, ich sitze nicht auf einem Traber sondern auf einem Galopper. Dazu noch auf einem Galopper, wo die Verbindung zum Lenkrad und Motor kpl. gekappt wurde :ohhh: .

Ich muss gestehen, dass mir damals null geholfen hat, dass ich mir etwas anderes vorstellen sollte oder dass ich versucht habe, mich irgendwie abzulenken. Ich fand die Situation schrecklich und habe durch meine Angst (und teilweise auch Panik) das Tempo noch hübsch in die Höhe geschraubt. Was mir wirklich geholfen hat, waren irgendwann folgende Erkenntnisse:

1. Er wird rennen, egal was ich versuche dagegen zu tun
2. Ich kann ihn nicht zu einem von mir gewünschtem Punkt stoppen
3. Meine Angst und meine Vorstellungskraft beflügelt ihn unglaublich
4. ICH FALLE NICHT EINFACH RUNTER!

Der letzte Punkt war für mich der Wichtigste, denn ich habe mal bewußt darüber nachgedacht, wann ich eigentlich bei solchen Aktionen mal runtergefallen bin. Ergebnis: noch nie :nix: . Also habe ich zunächst erfolgreich dagegen gekämpft, dass ich nicht sofort die Zügel bis zum Anschlag ranhole, was ihn höchstens schneller, nie langsamer gemacht hatte (siehe Punkt 1). Dann wurde ich "leidenschaftslos", was den Anhaltepunkt anging (siehe Punkt 2). Danach habe ich mir selbst auferlegt, dass ich schnell reiten schön finde (siehe Punkt 3), hat aber nicht funktioniert, ich finde es bis heute schrecklich :tuete: . Aber alleine die Versuche, dass ich mir das vorstelle, haben mich von anderen Gedanken abgehalten ;) . Und dann habe ich es schlicht akzeptiert, weil ich ja nicht so einfach falle. Ich muss allerdings gestehen, dass ich zunächst nur höhere Gangarten gewählt habe, wenn ich wußte, dass nirgends eine Strasse oder Siedlung unseren Weg kruezen wird. Das hat wohl Ruhe bei uns reingebracht, wenn er mal gerannt ist, war nach kurzer Zeit Schluss, bis er irgendwann überhaupt nicht mehr los schoß, weil ich - und das mache ich heute noch in Gruselsituationen (wir haben einen Modellflugplatz am Waldrand) bewußt die Zügel lang mache und tief in den Bauch atme. Bei einem unserer letzten Ausritte ist so ein dämliches Modelflugzeug fast auf seinem Hintern gelandet, er war zwar angespannt, aber da ich nichts gemacht habe, ist er normal weitergegangen. Ach ja, zusätzlich habe ich ein Anhaltewort - zunächst am Boden - "installiert", was auch vom Sattel aus funktioniert, in jeder Situation.
wir machen aus :hm: ein :dafuer2:
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HP-Manu
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Re: Jungpferd und Kopfkino bei mir

Beitrag von HP-Manu »

als ich vor einigen jahren angefangen habe zu reiten, war ich glaub der ängstlichste Späteinsteiger auf der Welt. Meine Harka ist weder ein Durchgänger, noch eine, die mal einen Hüpfer macht o.ä. AAAAAAAAAber, ich hatte trotzdem schiss ohne Ende im Gelände. Anfangs ging ich lange nur als Handpferd mit. Klar merkte auch Harka das dann und bei mir hat eine gut geholfen, wenn ich mal wieder Gedanken hatte wie: was ist wenn sie jetzt doch los rennt, was ist wenn ........ und wenn....... und überhaupt........ (man steigert sich dann richtig extrem rein).. ich habe das Miracoli-Lied vor mich hergesummt. La la la la lala lalalala lalalala ... ♫ ♪ Hört sich zwar bescheuert an, aber uns hat es geholfen :lol:
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Sky4ever
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Re: Jungpferd und Kopfkino bei mir

Beitrag von Sky4ever »

Danke für Eure Anteilnahme und Vorschläge.

Das mit dem "Stopp!"-Denken habe ich auch bereits im anderen Zusammenhang gesagt bekommen. Funktioniert leider nicht wirklich gut bei mir. Soll heißen, dass ich zwar in der Lage bin, im Kopf ein Stoppschild aufzustellen und andere Gedanken zu haben, aber mein Bauchgefühl bleibt panisch dabei. Versteht Ihr, was ich meine??? :nix:

Den vier Punkten von Equester kann ich voll zustimmen :-n

Ich könnte Ýmir niemals über irgendwie gearteten Druck (z. B. am-Zügel-ziehen) stoppen. Das würde nur zur Tempoverstärkung führen. Ich kann ihn nur per Stimme parieren, und das dauert so seine Zeit. Und meine Stimme muss dabei fest sein und darf nicht meine Panik spiegeln. Meine Panik bezieht sich nicht auf ein Herunterfallen von mir, da fühle ich mich sicher, eher eben auf einen Zusammenstoß mit einem Fahrzeug oder einen Sturz von uns beiden.

Leider habe ich hier kein Gelände, wo ich stundenlang außerhalb der Zivilisation reite. Die nächste Straße kommt bestimmt. Und was meine Angst vor einem gemeinsamen Sturz angeht, da reicht eine scharfe Kurve aus oder unebener Boden, und die gibt es hier überall, bzw. Ýmir biegt ja auch einfach ab, da hält er sich nicht unbedingt an Wege...

Irgendwie fühle ich mich zurzeit ein wenig hilflos. Obwohl wahrscheinlich viele sagen würden, dass mein Kleiner echt lieb ist, und man über seine kleinen Attacken lachen kann. Er IST ja auch wirklich goldig, wenn er mich mit seinen Knopfaugen anguckt, dann schmelze ich dahin. Und er ist so verschmust und anhänglich, ist immer bemüht, mir alles recht zu machen. Es ist nur sein jugendlicher Übermut, der andere Reiter wahrscheinlich nicht stören würde, mich aber verunsichert. Und dann schaukeln wir uns hoch. :augenroll:
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