Alleine ausreiten..

Moderator: Keshia

Benutzeravatar
Purgatori
Schulpferd
Beiträge: 603
Registriert: Do 14. Nov 2013, 11:48
Wohnort: München

Alleine ausreiten..

Beitrag von Purgatori »

Nachdem mich heute nach einem Ausrittchen alleine mein Pferd in einer finalen Stresssituation abgebuckelt hat, bin ich von meinen Stallkolleginnen getröstet worden und wie es dann so ist: auch vor gut gemeinten Ratschlägen kann man sich nicht retten.
Die Situation ist folgende: ich habe einen 5-jährigen Wallach, den ich vor einem halben Jahr angeritten gekauft habe und nun weiter mit ihm arbeite. Dazu gehört für mich auch das Gelände. Jetzt ist es so, dass er im Gelände generell recht nervös ist. Ich gehe sowoh spazieren mit ihm und reite auch, wobei das den Nervositätsgrad nicht beeinflusst (er ist nicht zwingend ruhiger, wenn ich führe). In Gesellschaft gehts deutlich besser, wobei er sich vor allem im Beisein einer Stute entspannt, der Wallach meiner Mitreiterin, der ihn in der Herde auch untergeordnet ist, gibt ihm nicht so viel Sicherheit.
Ich bin zwar 15 Jahre lang vor allem ins Gelände ausgeritten, aber eben immer mit bereits trainierten RB-Pferden. Natürlich hatte ich da trotzdem manchmal Schwierigkeiten, aber ich war entweder noch mutiger oder die Pferde konnten eben dann doch auf schon gelerntes zurückgreifen.
Meine Mitreiterinnen meinen, ich solle doch jetzt am Anfang erstmal in Gesellschaft ausreiten, davon würde das Pferd ruhiger werden, weil es sich an den anderen orientieren kann. Die beiden gehen aber auch nie alleine raus ins Gelände, somit weiß ich nicht wirklich, was dieser Rat wert ist. Ich habe eher die Befürchtung, dass das Pferd dann zuviel auf die anderen Pferde zu achten lernt und sich weniger an mir orientiert, also zum Kleber wird.
Es scheint leider so zu sein, dass einem beim alleine ausreiten keiner helfen kann, weil man dann ja schon nicht mehr alleine ist. Trotzdem fehlt mir momentan ein bischen die Strategie. Soll ich einfach weiterüben, nach dem alten Grundsatz "Geduld und Spucke"? Soll ich dem Rat folgen und erstmal nur mit den anderen rausgehen? Hat jemand Rat für mich?
puscheltier
Schulpferd
Beiträge: 862
Registriert: Sa 23. Mär 2013, 08:42

Re: Alleine ausreiten..

Beitrag von puscheltier »

Ich würde das nicht in ein Entweder-Oder unterteilen. Er wird wie jedes andere Jungpferd auch bessere und schlechtere Tage haben.

Wenn du in Gesellschaft rausgehst und er sich deutlich mehr entspannt, gibt euch das Sicherheit und Routine und das ist für ein junges Pferd einfach wichtig. Du hast ihn noch nicht so arg lange, wenn ich das richtig im Kopf habe, wenn euer Verhältnis gefestigter wird, wird er auch nur mit dir alleine sicherer.

An Tagen an denen er eh gut drauf ist, kannst du dann alleine raus, wobei du ja auch zwischen reiten und führen wechseln kannst.

Was ich bei einem jungen Pferd nicht machen würde (wobei ich nicht unterstellen will, dass du das tust, aber manchmal neigt man dazu), ist in eine "er muss das jetzt können" Haltung zu verfallen, damit macht man sich dann eher zuviel Druck und es passieren vlt mal Sachen, die euch beide dann mehr verunsichern.

Vielleicht helfen dir ja meine Gedanken (*auch junges Pferd hab*).
Benutzeravatar
Purgatori
Schulpferd
Beiträge: 603
Registriert: Do 14. Nov 2013, 11:48
Wohnort: München

Re: Alleine ausreiten..

Beitrag von Purgatori »

Ja, deine Gedanken helfen mir. Vielen Dank dafür.
Mir fällts tatsächlich etwas schwer, ihn einzuschätzen. Heute hätt ich mal besser auf mein Gefühl hören sollen, ich weiß eigentlich, wie das mit dem Wind und den Pferden so ist..
Aber umkehren mag ich auch nicht, das kommt mir immer so vor, als würde man aufgeben, sobald es schwierig wird.
puscheltier
Schulpferd
Beiträge: 862
Registriert: Sa 23. Mär 2013, 08:42

Re: Alleine ausreiten..

Beitrag von puscheltier »

Aber umkehren mag ich auch nicht, das kommt mir immer so vor, als würde man aufgeben, sobald es schwierig wird.
Du bist ein eher ehrgeiziger Mensch, oder? ;) Ich auch.

Von solchen Gedanke hat mich meiner aber kuriert, denn: Das Pferd weiß nicht, was für einen Plan du dir für den Tag zurechtgelegt hast. Natürlich sollte man nicht jedem Problem aus dem Weg gehen, aber man kann sie durchaus in kleineren Schritten angehen. Wenn er also einen extremen Hibbeltag hat, dann hat das eher was mit gesundem Menschenverstand und nichts mit aufgeben zu tun. Denn, am nächsten Tag könnt ihr es ja wieder probieren, vlt geht es besser, vlt auch erst am übernächsten Tag. Aber ihr habt dann beide keine negative Gefühle dabei, weißt du was ich meine?

Bei mir sieht das öfter so aus: Ich ziehe los, merke, dass der Dicke gerade vor jedem Blatt erschrecken möchte. Ich gehe aber dann nicht bis zu dem Punkt wo es wirklich heikel wird, sonder ich gehe zurück und biete ihm eine andere Beschäftigung, bei der er evtl seine Energie los wird und mit was positivem verknüpft. Bei uns ist das gerade Ballspielen, ich bin nicht so der Fan von wildem Scheuchen.
https://vimeo.com/86186223 :-D

Und dann geh ich halt nochmal ein Stück raus. Dann haben wir einen positiven Abschluss der problembeladenen Situation.

Mit der Zeit wirst du ihn noch besser kennenlernen und einschätzen können, dann verschwinden solche Situationen wie heute mit Sicherheit!
Benutzeravatar
kolyma
Lehrpferd
Beiträge: 2625
Registriert: Fr 7. Sep 2012, 23:13
Wohnort: Baden-Württemberg

Re: Alleine ausreiten..

Beitrag von kolyma »

Also ich kann dir auch nur meine Gedanken schreiben - ob das was für dich ist, musst du für dich bewerten.

Ich bin der absolute Verfechter von Spaziergängen. Für mich ist das der Ratschlag überhaupt um das Pferd geländesicher zu machen und gleichzeitig Vertrauen aufzubauen.
Auf ein Pferd welches beim Spaziergang nicht entspannt mit mir geht, würde ich mich nicht setzen. Ich bin ein sehr ängstlicher Reiter und ich muss mich auf die Stimmung meines Pferdes verlassen können.
Die ersten Monate sind wir ausschließlich an der Hand ins Gelände gegangen - oft stundenlang.

Nach und nach haben wir uns für kurze Strecken dann drauf geschwungen. Immer gelobt wenn er sich sichtlich entspannt hat, abgeschnaubt hat oder anfingen zu brummen. Sobald er sich vor etwas geängstigt hat, runter, führen bis er wieder entspannt hat.

Würde dir also konkret raten deine Spaziergänge weiter zu führen - ideal wäre täglich. Man kann ja nach der Platzarbeit noch mal eine halbe Stunde dranhängen.
Und mit anderen, gelassenen Pferden, zusammen ausreiten. Wenn dein Pferd mal gelernt hat, dass draußen Entspannung Programm ist, wird er auch verlässlicher werden. Da bin ich mir sicher.
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


"Besser wenig und das Wenige gut."Egon v. Neindorff

leidenschaftliche Pferdefotografie: https://www.facebook.com/melanie.viereckel.photography
Benutzeravatar
tara
Einhorn
Beiträge: 8709
Registriert: Di 15. Mai 2012, 11:44

Re: Alleine ausreiten..

Beitrag von tara »

nein, es ist kein aufgeben. Eher ein die Situation reel einschätzen.
Ich hab das auch durchgemacht.
Du weißt ja, daß junge Pferde sich nicht lange konzentrieren können. Da sind 30 min Ausritt mit vielen neuen Eindrücken schon lang. Das Polo war anfangs danach platt, vom Kopf her. Wenn dann noch was unverhofftes Kam, konnte es sein, daß er sich durch buckeln 'befreien' wollte. Ich habe gelernt, mein Pferd zu 'lesen'. Wenn er nicht genug Auslauf hatte, bin ich lieber nicht ausgeritten, vielleicht nach der Platzarbeit eine Runde um den Hof. Wenn es windig war, auch nicht. Außerdem hatte ich immer eine Sturzweste an. Das hindert zwar nicht am Runterfallen, mir hat es aber die Sicherheit gegeben, mir nicht weh zu tun. Dadurch konnte ich die Buckler souverän aussitzen. Es wurde mit der Zeit besser. Das Pferd wurde 'erwachsener', reifer. Die Ausritte konnten langsam länger werden. Und bei kritischen Situationen bin ich abgestiegen. Er folgt mir überal hin. (wir sind immer viel spazieren gegangen) durch Pfützen, über Brücken, an Kühen vorbei... heute können wir das auch geritten.
Liebe Grüße
tara
☮️ 🇺🇦 🇮🇱

Ändere deine Einstellung zu den Menschen, und die Menschen ändern ihre Einstellung zu dir.
Samy Molcho



Let's go Polo
Benutzeravatar
A.Z.
Zentaur
Beiträge: 38297
Registriert: Di 15. Mai 2012, 10:43

Re: Alleine ausreiten..

Beitrag von A.Z. »

Ich würde mich den Ratschlägen bzgl. Spaziergängen anschließen. Aber ich persönlich fühle mich im Zweifel auch am Boden wohler.

Ein halbes Jahr ist zudem für eine Pferd-Mensch-Beziehung garnichts. Da muss noch viel wachsen und werden. Aber das funktioniert nur durch gemeinsam verbrachte Zeit.

An anderen Pferden orientieren finde ich oft wenig hilfreich, wenn es rein ums Pferd geht.
Wenn du das für deinen Kopf brauchst, weil du selber dich dann sicherer fühlst oder mit deinem Gedankenkarussel nicht so allein bist ...
Aber dass Ausreiten ansich musst du trotzdem schlussendlich mit deinem Pferd allein aufbauen, wenn ihr auf lange Sicht nicht dauerhaft an andere Reiter gebunden sein wollt.

Insofern - die Hauptsache ist Geduld. In aller Ruhe das Draußen sein zu etwas ganz Gewöhnlichem machen.
Viele Grüße Angela

Oh Großer Geist, hilf mir, nie über einen anderen Menschen zu urteilen, bevor ich nicht zwei Wochen lang in seinen Mokassins gelaufen bin. (Lachender Fuchs, Sioux-Häuptling)

In memoriam
Traber(bilder)geschichten
Benutzeravatar
eseilena
Pegasus
Beiträge: 11178
Registriert: Di 15. Mai 2012, 07:20

Re: Alleine ausreiten..

Beitrag von eseilena »

Oh je, erstmal: hoffentlich ist dir und deinem Pferd nichts passiert?

Wie reagiert er denn auf menschliches Begleitpersonal? Wenn du befürchtest, er könnte zum Kleber werden, wenn ihr in Begleitung anderer Pferde ausreitet, wäre vielleicht ein "Reitbegleitmensch" hilfreich?

Meine ersten Ausritte mit meinem Jungpferd machte damals ich meist in Begleitung meines Mannes (vor allem, weil mein erster Ausritt in Begleitung der lieben Stallkollegen in einem wüsten Gruppengalopp endete: Wollen wir alle galoppieren, schon, oder? Und weg waren sie alle :abdues: :abdues: :abdues:. Mein Pferd und ich: :-?. :galopp:).

Das gab mir die Sicherheit, im Ernstfall nicht alleine dazustehen, und diese Sicherheit übertrug sich auch aufs Pferd. Zudem kannte meine Maus unsere Familienausflüge schon von langen Spaziergängen zu Dritt, und so orientierte sie sich durchaus schon an meinem Mann. Aber nicht in dem Maße, wie sie sich an einem Pferdekumpel orientiert hätte, meine ich.
Benutzeravatar
Purgatori
Schulpferd
Beiträge: 603
Registriert: Do 14. Nov 2013, 11:48
Wohnort: München

Re: Alleine ausreiten..

Beitrag von Purgatori »

Danke für eure Antworten.
@puscheltier: Ich hätte mich wahrscheinlich früher nie so eingeschätzt, aber so langsam dämmert mir, dass ich wohl ehrgeizig bin... für ein Jungpferd sicherlich zuviel, aber ich lerne..
Das Video ist sehr süß. Leider spielt meiner nicht so mit dem Ball. Er guckt ihn sich einmal an, nagt kurz dran und ignoriert ihn dann..

@eseilena: Nein, es ist nix passiert, ich bin auf den Füßen gelandet mit den Zügeln in der Hand.. Euer Gruppengallop klingt stressig. Wir haben das auch schon geübt, als ich noch reiner Fußgänger war, sind die anderern (in Rücksprache) weggetrabt oder gallopiert und meiner ist mit mir hinten geblieben. Das geht. Mein Freund mitnehmen ist zwar eine gute Idee, aber der arbeitet meistens, wenn ich frei hab und umgekehrt. Ich versuchs, aber es ist sicher keine Standardlösung.

Ich geh schon auch spazieren, aber es ist bei mir so, dass ich mich im Sattel sicherer fühle, weil er mich mitnimmt, wenn er wegläuft. Dagegen, wenn er sich losreisst am Strick, ist er weg (hat er jetzt noch nie gemacht, aber weiß mans?). Demnach fühl ich mich am Boden nicht zwingend sicherer.

Na gut. Geduld besitze ich, um nicht zu sagen: einen gewissen Zug Sturheit. ;)
puscheltier
Schulpferd
Beiträge: 862
Registriert: Sa 23. Mär 2013, 08:42

Re: Alleine ausreiten..

Beitrag von puscheltier »

Das mit dem Ball war ja auch nur ein Beispiel.


Ich bin mir sicher, dass ihr das hinbekommt und er ist ja auch wirklich ein netter Hitzkopf, dein kleiner schwarzer :herzi:
Antworten