Führen im Gelände - Pferd ist weggelaufen.

Moderator: Keshia

ehem User

Führen im Gelände - Pferd ist weggelaufen.

Beitrag von ehem User »

Ich habe ja im Tagebuch schon etwas über Jupiter, seine Geschichte und seine Probleme geschrieben.
Als er noch recht neu bei mir war haben wir viele lange Spaziergänge gemacht und ich habe gemerkt, dass das seinem Vertrauen zu mir sehr gut getan hat. Er wurde immer entspannter.
Irgendwann ist er mir dabei dann allerdings abgehauen.
Wir kamen an einer Pferdeweide vorbei. Er fand die anderen Pferde zwar spannend, hat sich aber auch nicht aufgeregt. Wir gingen also weiter, doch dann drehte er sich plötzlich um und ist abgedampft. Ich hatte gar keine Chance in zu halten.
Seit dem bin ich nicht mehr draußen mit ihm spazieren gegangen, denn er ist ja auch kein Pferd, dass sich dann einfach ohne Weiteres einfangen lässt und wir hatten eh schon großes Glück, dass er nicht auf die Strasse gelaufen ist.
Vor allem lässt er sich ja von sonst niemandem anfassen, was es nicht grad leichter macht.
Ich weiß jetzt nicht so richtig was ich machen soll.
Hab ich vielleicht ne größere Chance ihn dann zu halten wenn ich ihn an der Longe führe und mit Kappzaum? Dann hätte ich ja imemrhin 7m Zeit ihn zum Stehen zu bekommen und nicht nur 2m.
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kolyma
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Re: Führen im Gelände - Pferd ist weggelaufen.

Beitrag von kolyma »

Ich habe dein Tagebuch zwar nicht gelesen, aber einen ähnlichen Fall hatte ich auch schon.

Ich hatte mein Pferd gerade mal zwei Wochen, wir sind die ersten Tage nur spatzieren gegangen. Naja - an besagtem Tag gingen wir durch den Wald und plötzlich kam uns eine Schafherde entgegen. Mein Pferd hat sich losgerissen und anschließend problemlos einfangen lassen. Allerdings waren wir die Schafe damit nicht los, weil sie genau in die Richtung liefen, aus der wir kamen. Weder ausweichen noch umkehren war möglich. Also hat mein Pferd sich weitere zwei Mal von uns losgerissen und ist anschließend über eine Straße in den nächsten Ort gerannt und hat sich dann in einen Vorgarten geflüchtet.

Das nach Hause kommen war eigentlich das Schlimmste, weil der Dicke sich bis kurz vor dem Stall nicht beruhigen wollte und versucht hat, immer wieder, sich loszureißen oder einen von uns in den Graben zu buggsieren...

Wir sind aber eigentlich relativ schnell wieder raus gegangen. Haben intensiv Führtraining gemacht - wir haben auch gelernt, dass man den Kopf des Pferdes nie verlieren darf, das heißt, dass es überhaupt gar nicht in die Versuchung kommen soll, den Kopf wegzuwenden um davon laufen zu können. Wir clickern draußen auch viel. Damit er sich in stressigen Situationen beruhigen kann, haben wir Kopf-tief als Kommando etabliert.

Ich würde die Hand nicht ins Feuer legen für ihn, immerhin ist er ein Pferd, aber ich bin mir mittlerweile wieder sicher mit ihm. Ich denke, vermeiden bringt nichts - man muss sich der Situation stellen. Im Prinzip kann nämlich der selbe Fall auch passieren, wenn du im Gelände im Sattel sitzt.
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ehem User

Re: Führen im Gelände - Pferd ist weggelaufen.

Beitrag von ehem User »

Wir arbeiten grade an einem ähnlichen Problem. Bei uns wurde es allerdings leider so extrem dass wir uns professionelle Hilfe fürs Spazierengehen geholt haben.

Kappzaum und Longe finde ich eine gute Idee. Mir persönlich sind zwei Meter Führstrick viel zu wenig ... allein der Gedanke, dass ich noch fünf Meter zum "nachfassen" und vor allem zum reagieren habe gibt mir ganz viel Sicherheit wenn ich mit meinem Dicken draußen bin.

Wir erarbeiten auch grade Notfallübungen für den Fall dass es doch zuviele Huchmampfs beim Spaziergang gibt.

Solange wie Galli ansprechbar ist machen wir seine Lieblingsübung Tanzen zur Ablenkung.

Wenn er nicht mehr ansprechbar ist bzw. er oder ich mir größere Sorgen machen arbeiten wir nach folgender Reihenfolge :
- antippen an der Schulter (hier hätte ich gerne zumindest dass ein Ohr in meine Richtung geht)
- Kopf tief
- Kopf zu mir
- Hinterhand weg von mir

Der Fokus liegt hierbei hauptsächlich auf dem Hinterhand weg, da Galli leider in solchen Momenten einer Dampfwalze gleicht und einfach mal probiert nach Hause zu traben.
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Hina_DK
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Re: Führen im Gelände - Pferd ist weggelaufen.

Beitrag von Hina_DK »

Wir hatten ja früher auch mal das Problem, dass ich nicht mit Tigull raus konnte, dann war er weg. 2 m waren lächerlich, also Kappzaum und Longe genommen. Das war überhaupt keine gute Idee. Allenfalls wäre vielleicht ein Westernrope noch o.k. Die Longe wurde nämlich länger und länger und das Pferd schneller und schneller. So einen Satz möchte ich nicht nochmal machen, hat mich eine Brille gekostet, abgesehen davon, dass ich zwar immer Handschuhe trage aber angenehm ist es trotzdem nicht gerade, wenn da 7-8 m im ordentlichen Tempo durch die Hände gleiten. Und wenn ein Pferd fest der Meinung ist, man ist überflüssig, dann rennte es los, egal, ob man da nun 2 m oder 8 m hat. Man kann dem Gewicht und der Kraft als Mensch einfach nichts entgegensetzen. Wir sind dann zeitweilig aber mit Trense unterwegs gewesen. Verlangen ja sowieso einige Versicherungen, ansonsten zahlen sie bei Führunfällen nicht. Nach ein wenig Benimmtraining hatten wir zum Glück solche Erlebnisse nicht mehr.
Viele Grüße
Hina

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kolyma
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Re: Führen im Gelände - Pferd ist weggelaufen.

Beitrag von kolyma »

Stimme da Hina zu - ich halte ne Longe für sehr gefährlich. Erstens hat man wahnsinnig viel in der Hand, viele Schlaufen, über die man im Ernstfall stolpern könnte - zweitens, je weiter das Pferd weg ist, desto mehr Hebelwirkung an der Longe, desto weniger Chancen hat man das Pferd zu halten.
Und dann rennt es, und rennt und wenn es dumm kommt, verheddert es sich selbst in der Longe uns stürzt. Will mir gar nicht ausmalen, wie das dann aussieht.

Kappzaum halte ich aber für ne durchaus gute Idee. Ich bin mal ne Weile mit Tellington-Führkette spatzieren gegangen - nicht um ihn zu halten, sondern um ihm mal seine Führposition ein bisschen näher zu bringen. Allerdings muss man sich auch klarmachen, wie sehr sich das Pferd bei einem Fluchtversuch an Kappzaum oder auch Führkette verletzen könnte. Daher halte ich das nur für kurzfristige Führtrainingseiheiten sinnvoll.
Ich gehe immer mit Knoti (nie mit Stallhalfter!) und BA-Seil mit Lederklatsche am Ende spatzieren. Das BA-Seil ist lang genug um Luft zu haben, wenn er sich mal erschrickt aber auch kurz genug um keine Gefahr dar zu stellen.
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SueAnna
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Re: Führen im Gelände - Pferd ist weggelaufen.

Beitrag von SueAnna »

Ich gehe mit meinen Pferden nur mit Knoti und Bodenarbeitsseil raus :) Eine Longe wäre mir zu lang, da hätte ich Angst, dass ich mich selbst darin verheddere oder rein steige. Bei dem Seil habe ich einen guten Aktionsradius und das Pferd kann durchaus mal um mich rum tanzen ;)

Und wie Kolyma schon geschrieben hat, finde ich es auch sehr wichtig, den Kopf des Pferdes nicht zu verlieren.
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Hina_DK
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Re: Führen im Gelände - Pferd ist weggelaufen.

Beitrag von Hina_DK »

Das war dann auch bei uns der Schlüssel. Auch die Übung "Kopf tief" von Babette, die wirkt in solchen Fällen durchaus manchmal Wunder ;).
Viele Grüße
Hina

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Re: Führen im Gelände - Pferd ist weggelaufen.

Beitrag von Wallinka »

ev bringt es auch Sicherheit, erstmal zu zweit zu führen- einer links, einer rechts.
Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie, was man bekommt.
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Nelchen
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Re: Führen im Gelände - Pferd ist weggelaufen.

Beitrag von Nelchen »

SueAnna hat geschrieben:Ich gehe mit meinen Pferden nur mit Knoti und Bodenarbeitsseil raus :) Eine Longe wäre mir zu lang, da hätte ich Angst, dass ich mich selbst darin verheddere oder rein steige. Bei dem Seil habe ich einen guten Aktionsradius und das Pferd kann durchaus mal um mich rum tanzen ;)
Ich habe jetzt nicht alle Beiträge gelesen, aber genau das hätte ich dir auch geschrieben! Eine Longe ist viel zu labbrig. So ein Seil hat mehr Griff. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich hier wiederhole. Handschuhe wären vielleicht noch ne Option. Man traut sich da mehr zuzufassen. Das mit Kappzaum kombiniert bringt vielleicht was. Kann ich jetzt nicht so sagen, habe das in der Kombination noch nicht in Schrecksituationen ausprobiert. Wichtig ist, dass das Pferd auf eine Kreislinie kommt, wenn es flüchten will. Je gerader der Fluchtweg ist, um so weniger Chancen hast du vielleicht 10x mehr Masse als du es bist, zu halten.
Wenn dir das zu heikel ist, denn es ist ja kontraproduktiv, wenn das Pferd jemals wieder Erfolg hat mit seinem Flucht-versuch( das sollte es eigentlich niemals haben), könntest du auch Schrecksituationen in einem eingezäumten Territorium schaffen,(Plane, Klappertsack etc.)dass gerade so groß ist, dass du die Seillänge voll ausschöpfen kannst, aber dennoch nicht loslassen musst. So flüchtet das Pferd zwar, aber es kommt nicht weg von dir. Irgendwann begreift das Pferd dann, dass es eh nicht weg kommt, die Fluchtversuche sind dann nur noch halbherzig, oder hören ganz auf. Und du kannst dabei deine Fertigkeit entwickeln, ein flüchtendes Pferd auf den Kreis zu bringen und trotzdem verhältnismäßig gelassen zu bleiben dabei. Es kann ja nicht wirklich weg. Das gibt dir dann eine innere Sicherheit, die du drausen brauchen kannst.
LG Katrin

Ein Tänzer scheint nur denen verrückt, die die Musik nicht hören.
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Equester
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Re: Führen im Gelände - Pferd ist weggelaufen.

Beitrag von Equester »

Ob Longe oder Arbeitsseil, wenn man den Punkt verpasst, wo das Pferd sich verabschiedet, ist es egal was Du in der Hand hast, das hält niemand :nix: .
Mein Rat in so einem Fall ist immer: sehr genau auf das Pferd achten, sie kündigen an, was sie vorhaben und dann nicht warten, sondern sofort reagieren. Es macht null Sinn zu versuchen, es zu halten, wenn es wegzieht. Die einzige Chance (sofern man nicht Arnold Schwarzenegger ist ;) ) ist das Pferd sofort mit dem Kopf Richtung Hinterhand drehen und notwalls noch in den Po/die Seite piecken, damit es sich dreht. Wenn es ein sich für irgend etwas interssiert, lieber schon vorher ablenken, durch Kopf tief, Schulter herein oder vielleicht einfach nur stehen bleiben Pferd in die Dehnung bringen. Egal was, es muss nur vom eigentlichen Verhalten abbringen :nix: . Das nennt man Verhalten umlenken, weil man selten bis nie eine Aktion verhindern kann, wenn diese bereits im Gange ist, aber man kann die dafür aufgewandte Energie super umlenken, man muss nur rechtzeitig damit anfangen.
wir machen aus :hm: ein :dafuer2:
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