2 jährige Stute - was ist altersgerecht? -

Moderator: Sheitana

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Romy
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Re: 2 jährige Stute - was ist altersgerecht? -

Beitrag von Romy »

Ich beschäftige mich ja nun auch viel mit meinem Zweijährigen und hab das bisher mit allen meinen Pferden so gehalten und weder zu der Zeit noch später irgendwelche Probleme festgestellt. Das will ich hier gar nicht unbedingt diskutieren, es ist für mich völlig okay, dass andere das mit ihren Pferden anders halten. Aber ein paar Fragen habe ich, rein interessehalber.

Woraus schließt ihr, dass eine Aktivität ein Pferd kognitiv überfordert? Wie setzt ihr da die Maßstäbe und wonach legt ihr fest, was für euch altersgerecht ist und was ein Pferd schon erleben darf und was nicht? Aus welchen Beobachtungen schließt ihr, dass etwas zu viel ist? Und vor allem: Warum habt ihr euch für diese Kriterien entschieden und nicht für andere?
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Sanojlea
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Re: 2 jährige Stute - was ist altersgerecht? -

Beitrag von Sanojlea »

kolyma hat geschrieben:Wie wird sie denn gehalten? Ich bin davon überzeugt, wenn junge Pferde artgerecht gehalten werden, das heißt auf großen Flächen mit vielen anderen Pferden, dann brauchen sie keinen Menschen der sie bespaßt. In Aufzuchten geht ja auch niemand mit den Youngsters spazieren - die sind sich mehr als genug. Und in freier Wildbahn ist auch kein Entertainer unterwegs...
Finde es anders gesagt schon etwas komisch, wenn ein so junges Pferd sich so derartig langweilt, dass es sich an den Menschen kleben muss.... Da fehlt dann der pferdische Spielkammerad - entweder weil es zu wenige gibt oder weil die Herdenkonstellation nicht passt und das Pferd nicht zum spielen kommt.
:lol2: als sie das zum 1. Mal gemacht hat stand sie auf 16 Hektar abwechslungsreichem Land mit über 20 Jungpferden! Und jetzt? Vielleicht hat mein Pferd einfach Spaß mit mir? Edit: sie hat das da mehrmals gemacht und es war ihr auch herzlich egal wenn die Herde gebrüllt hat, sie wäre bis ins Dorf gelaufen! Das hab ich nur nicht zugelassen!


Zu deiner Frage Romy: Ich hab schon mehrmals erlebt das es einem Pferd in dem Alter zu viel war, ja auch schon bei Ayla! Allerdings merkt man das immer erst wenn es zu spät ist... Den Kleinen fallen dann die Augen zu und sie wollen garnichts mehr, teilweise nichtmal mehr gehen sie sind einfach völlig fertig ohne körperlich was getan zu haben! Ich hab das zum 1. Mal beobachtet nach einem 2 Stunden Spaziergang mit einem 2 jährigen Hafi, das war ViEL zu viel aber damals waren die Besi und ich einfach noch ahnungslos...
Bei Ayla habe ich es nach dem Clickertraining erlebt, das hat ihr zwar Spaß gemacht aber dann gingen quasie die Lichter aus und sie war total fertig. Da bin ich auch echt sauer auf mich! Ich hab den Zeitpunkt verpasst die Trainerin zu stoppen! Aber die Pferde zeigen die Erschöpfung oft auch erst in einer Pause oder wenn Schluss ist... Dieses Training war aber auch nicht zum Spaß! Ayla musste Hufe geben lernen sonst hätte das gesundheitlich schwere Konsequenzen gehabt! Trotzdem würde ich das nicht nochmal so handhaben... Jetzt hab ich Ayla bei mir und kann mal eben kurz ein Bein heben um den Huf auszukratzen und gut ist, das reicht an Übung. Das war mir aber vorher nicht möglich, dafür stimmte die Haltung...
Ich finds immer krass wie sehr manche an einer tollen Haltung rummeckern weil vielleicht ein Punkt nicht stimmt. Wer mir, sich oder anderen die Eierlegendewollmilchsau ermöglichen kann der möge es bitte tun! Ich bin grade dabei dafür zu kämpfen das mein Pony noch eine junge Stute dazu bekommt. Ich denke aber es geht ihr auch so nicht schlecht, besser als manchem eurer Pferde in Pensionsställen mit Nachts Box und 9 Std. Bewegung oder so, das würde ich ihr nicht antun! (Ich hab da niemand bestimmten mit gemeint und kein Pferd-Menschpaar im Kopf). Wenn es dann zwei junge und ein älteres sind dann sind es wieder drei, ungrade Zahl- oh mein Gott wie furchtbar... Irgendwas wird es immer sein! Ich hätte es sooo gerne perfekt, wie alle hier! Aber an meinem Pony das gern mit mir spielt wird das nichts ändern!
Im übrigen: wenn ich in der Koppel was mache ist Ayla frei, da muss sie garnichts und ich würde mein Pony auch nie aus der Koppel zerren zum Spaziergang, nur rein vom Spaziergang kann halt passieren...
"Ich will alles daran setzen und mein Bestes geben, damit diese Pferde in ihrem freundlichen Wesen gut über mich urteilen und damit Harmonie walte, getragen vom Einvernehmen zwischen zwei Lebewesen."
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kolyma
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Re: 2 jährige Stute - was ist altersgerecht? -

Beitrag von kolyma »

Romy hat geschrieben:Woraus schließt ihr, dass eine Aktivität ein Pferd kognitiv überfordert? Wie setzt ihr da die Maßstäbe und wonach legt ihr fest, was für euch altersgerecht ist und was ein Pferd schon erleben darf und was nicht? Aus welchen Beobachtungen schließt ihr, dass etwas zu viel ist? Und vor allem: Warum habt ihr euch für diese Kriterien entschieden und nicht für andere?
Zum Einen ist es erwiesen, dass die Aufmerksamkeitsspanne eines Jungpferdes noch nicht allzu hoch ist. Es spricht ja gar nichts dagegen mit einem Jungpferd etwas zu machen - es zu führen, zu halftern, zu putzen, Hufe zu pflegen usw. Aber es längere Zeit von der Herde zu trennen (selbst wenn das Pferd das ohne Murren über sich ergehen lässt) halte ich für zu verführt. Ich kenne leider einige dieser viel zu früh "gefürderten" (nett ausgedrückt) Exemplare, die als erwachsene Pferde entweder enorme Kleber wurden (weil sie das entfernen von der Herde doch als wesentlich stressiger in ihrer Jugend erfahren haben, als angenommen), extrem aufdringlich dem Menschen gegenüber und teils schlichtweg soziale Probleme hatten (gerade Pferde die zu früh abgesetzt und nicht im Herdenverband gehalten wurden...)

Pferde die dann beim Anreiten von heute auf morgen einfach dicht gehamcht haben, völlig unkooperativ wurden - wo doch früher "alles soooo toll geklappt hat" - irgendwann ist das Fass halt mal voll. Ein Fohlen ist kein Kuscheltier - ein Jungpferd erst recht nicht.

Warum macht man das seit Jahrhunderten in der Pferdezucht so, dass man die Jungpferde bis zum dritten Lebensjahr in Ruhe lässt? Würde es sich positiv auswirken so junge Pferde schon in Arbeit zu nehmen, hätte man das längst so gehandhabt - man wäre ja auch schön Blöde das nicht zu tun - denn Zeit ist Kapital. Warum also investieren Züchter Land auf Land ab Zeit und Geld in junge Pferde die man doch viel besser verkaufen könnte, wenn man sie schon als junge Pferde zum Beispiel an den Straßenverkehr gewöhnen könnte oder ihnen schon was beibringen könnte???

Weil man erkannt hat, dass der Schuss nach hinten losgeht. Weil die Pferde beim Anreiten spätestens sauer wurden. Das Pferd zeigt kognitive Überforderung nicht einfach so. Weil das würde ihnenin der freien Wildbahn das Leben kosten, wenn sie nicht "funktionieren" würden. Und genau das weiß man seit allerlängster Zeit. Und genau deswegen gibt es die magische drei-Jahres-Formel. Man macht bis dahin das Fohlen-ABC und schaut, dass die Tiere ihre Sehnen, Bänder und Gelenke festigen und trainieren im Spiel mit Gleichaltrigen auf großen Weiden mit möglichst vielen Pferden. Ob das altersgemischte Herden oder reine Jungpferdeherden sind ist Geschmackssache.

Für mich ist dieser Tüddeldrang, den manche Leute haben verständlich. Jetzt hat man ein junges Pferd, jetzt will man damit auch was machen. Allerdings verstehe ich dann nicht, wie man sich dann über Aktionen wie losreißen, wegschießen, rumpöbeln, ansteigen, zwicken usw. noch wundert. Denn ich hab hier wie da genau sowas schon zigmal gelesen. Und was ist das anderes als Zeichen für Überforderung? Sie würden diese Dinge im Normalfall mit anderen jungen Pferden tun. Aber nein, sie müssen jetzt am Strick gehen lernen. Warum? Es sind Kleinkinder.

Wir schimpfen darüber, wenn kleine Kinder im Kindergarten oder Grundschulalter vom Balett zum Klavierunterricht usw. geschleift werden - aber unsere Jungpferde müssen als kleine Kinder schon funktionieren wie die Großen.

Mag tatsächlich sein, dass die jungen Pferde sich sehr anbieten. Aber auch das weiß man aus der Zucht schon seit vielen, vielen Jahren - die Pferde brauchen Zeit für ihre geistige und körperliche Reife und wer diese Angebote ausreizt und ausnutzt lernt oftmals die Kehrseite der Medaille kennen.



Jeder kriegt am Ende das Pferd welches er verdient und welches er sich selbst gezogen und geformt hat. Von daher ist es mir egal wer was mit seinem Jungpferd macht. Es ist nur meine Meinung zu dem Thema. ICH würde es anders machen. ICH würde mein Jungpferd bis zum Anreiten in eine gute Aufzucht stellen. So ein Pferd wird mit Glück 30 Jahre alt. Da tut es mir nicht weh das abzuwarten. Lieber investiere ich in eine wirklich gute Aufzucht und hab später ein seelisch und körperlich augeglichenes und gesundes, sozial gefestigtes Pferd mit klarem Kopf als das ich das riskieren würde. Mag sein, dass es in vielen Fällen gut geht - aber da verlasse ich mich lieber auf erprobtes und refundiertes Wissen aus einer langen Zuchtgeschichte als auf irgendwelche Experimente auf eigene Faust.
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


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Romy
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Re: 2 jährige Stute - was ist altersgerecht? -

Beitrag von Romy »

Danke euch beiden! :-)

Sanojlea, das was du beschreibst sind ja dann wirklich eindeutige Zeichen. Ich nehme an da sind sich die meisten von uns einig, dass sie so einen Zustand nicht erzeugen wollen - auch wenn es natürlich mal passieren kann, dass man das einfach nicht richtig einschätzt, wenn man eine bestimmte Situation noch nie erlebt hat, jetzt mal ganz unabhängig vom Alter des Pferdes.

Das mit dem Hufemachen handhaben wir scheinbar ähnlich. Ich hab ja auch genügend Pferde, die sich darum drängen, die Hufe gemacht zu bekommen. Wenn Baca da einen Tag mal nicht mehr leisten kann oder will als den Huf nur für einige wenige Sekunden ruhig zu halten, dann ist das eben so. Mich persönlich würde es nicht stören, wenn ich jeden Tag nur ein paar Raspler machen könnte. Ich bearbeite die Hufe immer reihum mit den Pferden die gerade da stehen und warten und wechsle zum nächsten Pferd, sobald das aktuelle einen Huf absetzt (oder wenn ich einen Huf fertig habe, sonst müssten die anderen ewig warten, wenn zum Beispiel Titum dran ist). Langfristig führte das bei meinen beiden Zappelkandidaten Pia und Summy dazu, dass sie sich jetzt scheinbar gegenseitig übertreffen im Ruhigstehen. Von daher bin ich überzeugt, dass das bei Baca ähnlich wird, sobald er kann.
kolyma hat geschrieben:Warum macht man das seit Jahrhunderten in der Pferdezucht so, dass man die Jungpferde bis zum dritten Lebensjahr in Ruhe lässt? Würde es sich positiv auswirken so junge Pferde schon in Arbeit zu nehmen, hätte man das längst so gehandhabt
Für meinen eigenen Umgang mit meinen Pferden ist das was man im Umgang mit Pferden seit Jahrhunderten macht nur teilweise relevant, weil ich einfach andere Ziele verfolge und damit auch andere Methoden im Umgang habe. Ich persönlich nehme überhaupt kein Pferd in Arbeit, weder ein junges noch ein erwachsenes. Von daher interessieren mich eben auch eure eigenen Erfahrungen und vor allem konkrete Beobachtungen in konkreten Situationen viel mehr als das "was man eben so macht".

Der Anlass für meine Frage ist unter anderem der, dass ich immer wieder von kognitiver Überforderung bei Jungpferden lese, aber bei meinen Pferden fast nie Verhaltensweisen beobachte, die ich als Anzeichen für Überforderung deuten könnte. Nun kann das einerseits an der konkreten Art der gemeinsamen Aktivitäten und des Umgangs miteinander liegen, aber es kann natürlich auch sein, dass ich einfach blind für sowas bin und meine Pferde da anders interpretiere. Um also einschätzen zu können, ob meine Pferde diese vieldiskutierten Überforderungszeichen zeigen, möchte ich möglichst konkret verstehen was diejenigen, die Überforderung beobachten, denn genau damit meinen.
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Re: 2 jährige Stute - was ist altersgerecht? -

Beitrag von Sanojlea »

Also Ayla zeigt eigentlich frühzeitig wenn sie nicht mehr mag, aber das muss man dann schon wahrnehmen, oder aber- was einfacher ist, das Pferd hat die Möglichkeit einfach aufzuhören oder zu gehen... Ich überlege grade ob ich die ersten Anzeichen beschreiben kann, aber das fällt mir jetzt grade doch etwas schwer und selbst wenn dann kenne ich das nur von Ayla und weiß nicht ob es übertragbar ist... Es ist halt eher so ein Gefühl das aufkommt wenn ich sie beobachte, aber ich glaube wenn sie nicht meistens frei wäre würde ich das auch immer wieder nicht wahrnehmen, so geht sie dann einfach... Ich schütze uns eben am liebsten durch Freiheit so wie du es ja auch tust.
Ich glaube auch das ein Spaziergang zu viel werden kann, wenn das Pferd dann erst auf den letzten Metern zeigt das es nicht mehr kann und vorher noch voll dabei war dann fühlt man sich furchtbar schlecht weil man es soweit hat kommen lassen und jetzt auch nichts mehr tun kann um es abzukürzen! So wie man sich immer schlecht fühlt wenn man irgendwas falsch gemacht hat oder falsch entschieden hat was das Pferd ausbaden muss. Trotzdem kann ich an Spaziergängen mit Jungpfeden nichts grundsätzlich schlechtes finden, wobei ich meine auch nie allein ausser Sichtweite der Herde gelassen habe, auch nicht wenn sie wollte. Man sollte sich einfach mit seinem Pferd einig sein, ich prüfe zwischendurch immer wieder ob Ayla zurück oder weiter will und wohin und in welchem Tempo und versuche nicht alles vorzugeben. Trotzdem hab ich auch manchmal Spielideen und locke sie auch mal mit zu machen, aber locken, nicht zwingen, wenn nicht ist auch gut!
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Re: 2 jährige Stute - was ist altersgerecht? -

Beitrag von Romy »

Danke für deine Beschreibung! :-)
Sanojlea hat geschrieben:Also Ayla zeigt eigentlich frühzeitig wenn sie nicht mehr mag, aber das muss man dann schon wahrnehmen, oder aber- was einfacher ist, das Pferd hat die Möglichkeit einfach aufzuhören oder zu gehen... Ich überlege grade ob ich die ersten Anzeichen beschreiben kann, aber das fällt mir jetzt grade doch etwas schwer und selbst wenn dann kenne ich das nur von Ayla und weiß nicht ob es übertragbar ist... Es ist halt eher so ein Gefühl das aufkommt wenn ich sie beobachte, aber ich glaube wenn sie nicht meistens frei wäre würde ich das auch immer wieder nicht wahrnehmen, so geht sie dann einfach... Ich schütze uns eben am liebsten durch Freiheit so wie du es ja auch tust.
Ja, einerseits das und andererseits stecke ich im Sommer immer direkt vor dem Trainieren den Koppelzaun weiter und lege im Winter frisches Heu hin, damit der Anreiz zum Aufhören erhöht wird. Außerdem variiere ich bewusst und kontinuierlich wie spannend und aufmerksamkeitsbindend unser Training gerade ist, damit immer auch wieder Phasen entstehen, in denen es langweilig genug ist, um dem Pferd das Weggehen wirklich leicht zu machen. Zusätzlich bekommen die aktuell nicht trainierenden Pferde auch einfach so immer mal wieder ein Leckerli, wenn ich gerade an ihnen vorbeilaufe, auch das setzt also den "Zwang" zum Trainieren herab (und sorgt dafür, dass ich mich nicht immer um alle vier Pferde auf einmal kümmern muss).

Naja, und dann sieht ein Großteil des Trainings mit Baca eben auch einfach so aus, dass ich über die Koppel renne und er hinterher oder dass er durch den Äste-Dschungel klettert, der bei uns auf der Koppel verteilt liegt oder mit seinem Huf im Wasserbottich planscht oder sich irgendeinen Baumstamm sucht um da drauf zu klettern oder ein anderes Objekt, um dagegen zu treten. Belohnungen gibt es für fast jedes Angebot, insofern ist der Drang, sich konzentrieren zu müssen um es richtig zu machen jetzt wahrscheinlich auch nicht so riesengroß.

Ich vermute, dass Überforderung bei Jungpferden zum großen Teil dann entstehen kann, wenn ein hohes Maß an Selbstkontrolle erforderlich ist und sie zum Beispiel ruhig stehen, klar definierte Bewegungsmuster ausführen oder ihr spontanes Verhalten unterlassen sollen. Baca zum Beispiel ist super-wild und ich kann mir gut vorstellen, dass es ihn sehr anstrengen würde, wenn er das abstellen müsste und sich wie ein braves Pferd benehmen sollte. Soll er ja aber nicht. :ball:
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Re: 2 jährige Stute - was ist altersgerecht? -

Beitrag von Sanojlea »

Ich vermute, dass Überforderung bei Jungpferden zum großen Teil dann entstehen kann, wenn ein hohes Maß an Selbstkontrolle erforderlich ist und sie zum Beispiel ruhig stehen, klar definierte Bewegungsmuster ausführen oder ihr spontanes Verhalten unterlassen sollen. Baca zum Beispiel ist super-wild und ich kann mir gut vorstellen, dass es ihn sehr anstrengen würde, wenn er das abstellen müsste und sich wie ein braves Pferd benehmen sollte. Soll er ja aber nicht. :ball:
Denke ich auch.

Das mit dem frisches Heu hinlegen/Gras nachstecken werde ich glaube ich übernehmen. Wobei Püppi dann vermutlich nicht mehr ansprechbar sein wird :lol:
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Re: 2 jährige Stute - was ist altersgerecht? -

Beitrag von Sheitana »

Das Problem bei so jungen Pferden ist halt, dass man viel schneller viel mehr falsch machen kann, als bei älteren Pferden.

Bei meiner Abby war ich noch extrem strickt was das "gar nichts tun" angeht. Und bei ihr war das auch immens wichtig. Sie ist dermaßen charakterstark - und ich war noch nicht gut genug - wir hätten vor Allem eins getan: Uns gestritten. Und das darf niemals niemals passieren. Wenn man mit dem Jungpferd in einen ernsten Konflikt gerät hat man viel viel zu spät aufgehört.

Jetzt, 4 Jahre später, mit wesentlich mehr Erfahrung kann ich mit unseren diesjährigen Fohlen ganz anders rangehen.

Trotzdem gilt für mich nach wie vor: Mit Jungpferden wird nicht gearbeitet. Punkt.

Die Frage ist natürlich, wie definiere ich Arbeit.

Arbeit ist für mich alles, was das alltägliche Miteinander übersteigt und was vor Allem alleine und außerhalb der Herde stattfindet. Ein Jungpferd muss niemals nicht alleine auf dem Platz etwas tun oder spazieren gehen. Selbst wenn es von Geburt an bei einem ist orientiert es sich vor Allem an Artgenossen und deren Verhalten, nicht am Menschen.
Wohl aber nehme ich unsere jetzt 7 Monate alten Babies einmal die Woche 20-30min. als Handpferd mit Mama/Tante mit ins Gelände. Denn das ist letztlich keine Arbeit, sondern ein "Wandern mit der Herde". Aus dem einfachen Grund, dass sie sich meiner Meinung trotz wirklich großzügigem Auslauf zu wenig bewegen. Ist einfach was Anderes als 3 Hektar Hügellandschaft.
In dem Zug lernen sie auch zwangsweise ruhig am Anbindeplatz oder an einem Haufen Heu stehen (angebunden werden sie aber noch nicht), denn wir müssen vorher die Großen nun mal satteln. Ist alles kein Problem, aber ohne Mama/Tante wäre das so ruhig nicht möglich.

Von daher wäre ich immer ein wenig zu vorsichtig, als zu forsch. Es ist noch genug Zeit die ganzen Dinge wie an Sattel und Co. gewöhnen anzufangen, wenn sie 2,5 sind. Schließlich will niemand hier mit 3 auf dem Pferd sitzen.
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Re: 2 jährige Stute - was ist altersgerecht? -

Beitrag von Romy »

Sheitana hat geschrieben:Bei meiner Abby war ich noch extrem strickt was das "gar nichts tun" angeht. Und bei ihr war das auch immens wichtig. Sie ist dermaßen charakterstark - und ich war noch nicht gut genug - wir hätten vor Allem eins getan: Uns gestritten. Und das darf niemals niemals passieren. Wenn man mit dem Jungpferd in einen ernsten Konflikt gerät hat man viel viel zu spät aufgehört.
Das finde ich einen total guten und wichtigen Punkt. Baca ist zwar nicht sonderlich charakterstark, aber unheimlich verspielt. Wenn er könnte, würde er mit Menschen am liebsten so umgehen wie mit anderen Pferden, inklusive Beißen und Ansteigen. Wenn ich nicht genau wüsste wie ich mich mit ihm bewegen muss, würde es darauf hinauslaufen, dass genau das passiert und wir ständig in Konflikte kämen. Nun ist es aber so, dass man das vermeiden kann bevor es passiert. Wenn er also zum Beispiel mit mir rennt und wir stoppen, kann ich durch die Stellung meiner Hüfte dafür sorgen, dass er sozusagen an mir vorbeigeleitet wird und dann neben mir zum Stehen kommt, anstatt in seiner Bewegung blockiert zu werden und dann hoch zu gehen. Ähnlich ist das mit dem Beißen, auch da kann man durch sein eigenes Verhalten dafür sorgen, dass es nicht passiert, anstatt es hervorzurufen und dann korrigieren zu müssen.

Ich kann gut verstehen, dass viele keine Lust dazu hätten, ständig wie ein Blitzableiter zu funktionieren und dauerhaft so aufmerksam zu sein - oder auch einfach keine Motivation, weil sie finden, dass bestimmtes Verhalten einfach tabu ist und von vornherein nicht passieren darf beziehungsweise dann entsprechend zurechtgewiesen werden muss. Aber ich mag das so und lerne dadurch unheimlich viel. Ich nenne das manchmal "wie Wasser sein", also einfach keine Angriffsfläche bieten sondern das Verhalten mit Konfliktpotential aufnehmen und entschärfen. Und für mich fühlt es sich auch ein bisschen wie meine Verantwortung an: Wenn ich einem wilden jungen Pferd ermöglichen möchte, an unseren Spielen teilzunehmen, dann möchte ich auch dafür sorgen, dass das nicht auf Konflikte hinausläuft und nicht nur er sich an mich anpassen muss sondern vor allem ich mich an ihn. Da ich das mittlerweile ein bisschen kann und vor allem durch Baca immer besser lerne, habe ich das Gefühl wir profitieren beide davon.
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Re: 2 jährige Stute - was ist altersgerecht? -

Beitrag von Sheitana »

Romy, aber das muss man auch können.

Sind wir mal ganz ehrlich, wieviele Menschen sind schon damit überfordert mit ihrem erwachsenen, gut erzogenen Pferd umzugehen. Und die sollen dann einem Jungpferd verständlich machen, wie man mit einem Menschen umgeht? Das kann nur in einer Katastrophe enden.
Natürlich kann und soll man das alles lernen. An einem erwachsenen, gefestigten Pferd.
Heute würde ich mich mit einem Pferd wie Abby sicherlich mehr trauen auch, wenn ich weit davon entfernt bin fehlerfrei zu sein. Ich habe aber zumindest gelernt das Meiste zu verstehen. Das wäre von meiner Seite eine ganz andere Grundlage.
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