Seitengänge

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jella
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Re: Seitengänge

Beitrag von jella »

kolyma hat geschrieben:Ja - aber die Aussagen sind von Reitlehrern. Ich sprach eigentlich vom selbstständigen herumexperimentieren ohne Anleitung, ohne Kontrolle, ohne Rückmeldung.
Ach sooooo! ;)

Pirat, gibt's ein Video von Dir? Handarbeit oder geritten?

Ich erinnere mich an meine RS von vor 2 Jahren bei meiner alten RL. Ich hatte keinen RU, aber sie war in der Halle. Ich versuchte mich am SH. Sie sieht das und kommentierte; Hey Liane, das ist kein SH, das ist KOPF REIN. Diese Übung gibt es nicht!!! Autsch, leider hat sie es mir dann nicht weiter erklärt, weil wie gesagt, keine RS. Bei der nächsten Stunde fragte ich sie dann, ob wir daran mal arbeiten können. NÖ, erst mal muss die Basis stimmen.
Heute weiß ich, dass sie Recht hatte. Also dass ich die Übung falsch geritten bin. Aber nur weil meine jetzige RL mir das akribisch erklärte.
Das war jetzt nicht auf Dich gemünzt Pirat. Fiel mir nur dazu ein.
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kolyma
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Re: Seitengänge

Beitrag von kolyma »

Pirat hat geschrieben:
kolyma hat geschrieben:Wenn man das jetzt zusammen fasst kann man sagen, dass es diverse Gründe gibt, die einen daran hindern richtig gut reiten zu lernen, weil z.B.

man eh keinen guten RL findet (keine Zeit, zu weit weg, schlechte RL, kein Geld, usw. usf.)
man ein viel zu junges Pferd hat, welches selbst nix kann.
man nicht genug Zeit hat um intensiv reiten zu lernen....

Und da frag ich mich wirklich - warum in Gottes Namen müssen es Seitengänge sein, wo andere, die oben genannte Vorraussetzungen haben, jahrelang mit intensiver RL-Betreuung dran arbeiten müssen um das hinzukriegen. DAS ist was, was ich definitiv nicht verstehen kann.
Warum wird da nicht an ordentlichen Grundlagen gearbeitet, die schwierig genug sind. Takt, Losgelassenheit, ein kreisrunder Zirkel, V/A - das ist ja ohne RL schon schwer genug. Warum ist man damit nicht zufrieden und meint - ohne Unterstützung - Seitengänge reiten zu müssen.
mir ist das ein bischen zu sehr "schwarz-weiß".
"ohne unterstützung"... das hat doch keiner behauptet, oder?
ich habe z.b. nur davon geschrieben, daß man heutzutage wohl kaum noch optimale bedingungen vorfindet...

Das ist hier ja nicht auf dich alleine bezogen - das lese ich immer wieder mal. Sei es, weil manche gar keinen Unterricht nehmen oder nur sporadisch (Kurse, usw.)
Dass du eine intensive Betreuung hast, hatte ich wohl überlesen.

kolyma hat geschrieben:Klar - aber ein falsches SH nützt ja auch nix.
ein falsches SH ist kein richtiges SH - o.k.
aber ob es NICHTS nützt? das wage ich anzuzweifeln!
Woher weiß man, ohne Korrektur (oder zumindest jemand, der weiß wie es richtig aussehen muss) ob das SH korrekt ist oder nicht? Besonders wenn man Reitanfänger ist?
ich habe hier bisher nirgendwo gelesen, daß hier jemand (absoluter) reitanfänger ist und daß wir keine korrektur erfahren.
das ist eine interpretation...

Schulterherein ist ja schon eine Anpsruchsvolle Lektion. Die ist auch für Leute, die bereits eine gute Basis-Ausbildung haben, nicht ganz einfach zu erarbeiten.

"etwas falsches beibringen"
es gibt nach meinem verständis 2 arten von "falsch":
1. - nicht optimal,
- nicht den regeln entsprechend,
- nicht den gymnastizierenden effekt, den die übung haben könnte, wenn sie "richtig" ausgeführt wird
und:
2. schädlich

eine falsch verstandene dehnungshaltung (z.b. mit der aussage: ich reite viel in dehnungshaltung, weil das ja so wichtig ist) kann bedeuten, daß ein pferd dauerhaft am langen zügel auf der vorhand latschend geritten wird.
DAS finde ich sehr bedenklich, denn das ist schädlich.

aber bisher habe ich noch nicht erkennen können, daß ein "falsches" SH oder Travers dem pferd schadet?!?
wenn dem so sein sollte, dann klärt mich bitte auf.
ich weiß, daß der gymnastizierende/kräftigende effekt verloren geht, wenn die pferde am schwerpunkt vorbeitreten, ich weiß, daß es den pferden nicht hilft, wenn sie auf die schulter fallen und daß diese belastung dauerhaft nicht gut ist. aber man geht ja nicht runden-/stundenlang SH...

ja, eventuell macht man sich das leben selber schwer, weil man dem pferd später wieder etwas anderes beibringen muss. aber das ist in meinen augen kein allzugroßes problem.

ich habe heute mal wieder SH und travers vom boden aus abgefragt.
dank dieser ausgiebigen diskussion hier ist mir bewusst geworden,
- daß mein pferd im hals abknickt und sich überstellt (das war mir schon länger aufgefallen)
- daß ich das nur mit kappzaum und strick quasi nicht korrigiert bekomme. (das ist mir heute so richtig bewusst geworden.)
und dann habe ich überlegt, ob ich das sein lasse, also kein SH mehr vom boden aus abfrage, weil es ja nicht korrekt ist.
ich bin zu dem schluss gekommen, daß es aber auch nicht schädlich ist.
und daß es trotzdem die beweglichkeit von schultern und hüfte und rippen trainiert.

Ich bin ja keine Osteophatin - aber da alles miteinander zusammen hängt könnte ich mir vorstellen, dass beim Abknicken im Hals Bänder ausleiern, Muskeln überdehnt werden und es zu Verspannungen kommen kann. Aber ich kann gerne mal beim nächsten Osteo-Termin nachfragen.

wie eine übung auszusehen hat, hat auch etwas mit definition zu tun:
der fliegende galoppwechsel soll bei den dressurlern und auch bei den westernleuten von hinten nach vorne in einem durchgesprungen werden.
dem springreiter ist das relativ egal. dem ist wichtig, daß das pferd den fliegendes galoppwechsel recht früh lernt - ob nachgesprungen oder nicht... das spielt im parcour keine große rolle.
und: schädlich ist keines von beidem ;)
Ob das was im Springparcour abläuft dauerhaft gesund für ein Pferd ist, wäre ja auch mal ein Thema wert....

Ich denke wir unterhalten uns hier ja meistens darüber was gut und was schlecht für ein Pferd ist. Über gute Haltung, Gesundheit, Gymnastizierung. Ich finde, es sollte keine Auslegungssache sein ob man sein Pferd ein bisschen richtig oder ein bisschen falsch gymnastiziert. Wenn man dem Pferd wirklich etwas Gutes zukommen lassen möchte, sollte man - wie ein guter Trainer eben auch (und das sind wir, sobald wir das Pferd bewegen) - sich bemühen, das auch korrekt zu tun.
Ich würde jeden Trainer rausschmeißen, der mir sagt: "Naja, es ist vielleicht nicht so ganz richtig und hat keinen großen Effekt - aber schaden tuts hoffentlich auch nicht..."
Weil wie viel Sinn steckt dann noch hinter einer Übung?
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


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ehem User

Re: Seitengänge

Beitrag von ehem User »

ich will noch etwas einwerfen zum thema" richtig reiten reicht":

ich würde mich nicht als alten reiter bezeichnen, mit um die drei- bis vierzehn jahre reiterfahrung, die ich habe - davon auch nur die hälfte qualitativ wertvoll.

aber ich habe trotzdem ein junges pferd. und das pferd "kann alles". der zeigt locker mal ein korrektes sh oder zwei, drei spontane, gesetzte piaffetritte im spiel. ich kann nicht für andere pferde reden, aber bei ihm ist definitiv der obendrauf der limitierende faktor. reite ich ein sh korrekt, zeigt er es auch korrekt. (oder er wird es, wir sind noch nicht so weit).

ich glaube, das einzige, was effektiv ER lernen muss, ist, sich auch mit reiter so auszubalancieren wie ohne, aber selbst das ist eigentlich meine aufgabe.
ehem User

Re: Seitengänge

Beitrag von ehem User »

Pirat hat geschrieben:
Stellen und Biegen sollte in meinen Augen nicht erst nach Jahren nur über den Sitz erfolgen, aber da wären wir wieder bei der Arbeit am Reiter.
ich habe ein verständnis problem mit dem satz, ich versteh die aussage nicht ganz. kannst du den satz für mich aueinanderdröseln?
In Kolymas Post klang es für meine Ohren danach, dass Stellen und Biegen zuerst über die Hand (oder auch Hand und Bein, das weiß ich nun nicht - aber es ging um Anlehnung) stattfindet und erst nach jahrelangem Training dann auch über den Sitz erfolgt.
Dem stimme ich einfach nicht zu :nix:

Selbst bei einem Pferd, was es falsch gelernt hat, sollte Biegung - wenn man korrekt reitet - innerhalb weniger Einheiten möglich sein. (Wenn das Pferd z.B. schon gelernt hat, viel dessen, was der Reiter tut, auszublenden)
Ich gehe von einem Pferd aus, was auch die körperlichen Voraussetzungen dafür hat!
Wenn irgendwo etwas hakt, ist das wieder etwas anderes - liegt dann aber weder an der Ausbildung noch am Reiter.
Und: 'Biegung' bedeutet ja nicht gleich einen kompletten Zirkel, sondern damit meine ich einfach nur die richtige Antwort auf die gestellte Frage nach der Biegung.
Richtig reiten reicht wirklich, ist aber harte, jahrelange Arbeit nur an mir selbst und nicht am Pferd.
diesen satz kann ich eigentlich nicht 100% mitgehen.
richtig reiten bedeutet doch auch automatisch arbeit am pferd!
wenn ich in den "alten" reitlehren nachlese, dann stimme ich deiner aussage zu, denn:
da werden die "anfänger/schüler" auf "profis" (höchst ausgebildete schulpferde) gesetzt, und die ausbilder (bereiter) dieser profis geben dem schüler unterricht - denn nur so (so ist man damals der meinung), kann der schüler die richtigen bewegungen, das richtige gefühl erlernen. und dann werden die pferde und lehrer noch nach ein paar wochen getauscht, weil jedes pferd seine eigene art hat und seine eigene behandlung braucht. (span. hofreitschule)

wir bekommen diese rückmeldung aber gar nicht, weil unsere pferde die "lektionen" noch gar nicht kennen.
die pferde müssen seitwärtstreibende hilfen, biegende, verwahrende hilfen doch erst erklärt bekommen...

da kann ich 100 mal richtig sitzen - das pferd wird nicht sofort einen schönen travers/SH etc. laufen.
also bekomme ich leider auch keine rückmeldung, ob ich alles richtig mache...
das ist doch die große krux an der heutigen reiter- und pferdeausbildung...
Hmm, doch, man kann die Rückmeldung auch von Pferden bekommen, die noch nichts können.
Wenn man richtig reitet, kommt definitiv die richtige Antwort. Und ich empfinde die Arbeit am Pferd wesentlich einfacher, überschaubarer und entspannter in den Momenten, in denen ich es hinbekomme.


Ich verstehe deine Argumentation auf jeden Fall und finde es auch schade, dass es diese Möglichkeit nur so selten überhaupt noch gibt.
Es geht mir nur darum, dass man einem Pferd die Hilfen nicht erklären muss.
Wenn man sie erklären muss, erklärt man dem Pferd Hilfen in der Ausführung und auf dem Niveau, welches man selber hinbekommt.

Nachtrag: Wenn es also in den alten Reitlehren stimmt, dass man erstmal selbst lange und intensiv lernen sollte, ehe man selbst am Pferd arbeitet - warum sollten wir dann jetzt in der Lage sein, einem Pferd etwas 'beizubringen', wo wir doch diese Voraussetzung gar nicht haben?
Müsste nicht, auch bei schlechteren Bedingungen heute im Gegensatz zu den beschriebenen, der Weg trotzdem zuerst über den Reiter gehen?


In den letzten Monaten habe ich halt sehr deutlich vor Augen geführt bekommen, dass es NICHT die Arbeit am Pferd ist.
Mein durchaus verrittenes, unaufmerksames, eigenständiges Pferd, was die 'korrekten Hilfen' mit Sicherheit nie gelernt hat, kann auf die korrekte Hilfe hin auf Anhieb richtig reagieren.
Und zwar balanciert, aufmerksam und in der richtigen Ausführung.
Dass ich es halt noch nicht hinbekomme, konstant so gut zu reiten, ist eine andere Sache und vor allem nicht Problem des Pferdes, sondern mein Problem und ich muss daran arbeiten und darf nicht verlangen, dass mein Pferd meine Unfähigkeit auszubaden hat.
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Heupferdchen
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Re: Seitengänge

Beitrag von Heupferdchen »

Pirat, niemand kann hier beurteilen, wie gut du reiten kannst oder was deine Lehrer taugen. Was Kolyma schreibt, ist sicher nicht auf dich gemünzt.
plüschtiger hat geschrieben: In den letzten Monaten habe ich halt sehr deutlich vor Augen geführt bekommen, dass es NICHT die Arbeit am Pferd ist.
Mein durchaus verrittenes, unaufmerksames, eigenständiges Pferd, was die 'korrekten Hilfen' mit Sicherheit nie gelernt hat, kann auf die korrekte Hilfe hin auf Anhieb richtig reagieren.
Und zwar balanciert, aufmerksam und in der richtigen Ausführung.
*dickbeiplüschiunterschreib*
Dem möchte ich noch hinzufügen: Man muss echt aufpassen, was man in sein Pferd reinkonditioniert. Ich hatte mit hingetricksten Seitengängen deutlich mehr Ärger, als ich zuerst vermutet hatte. Ich werde beim nächsten Pferd definitiv darauf verzichten. :nix:

Trotzdem möchte ich eine Lanze brechen für das selbstständige Herumexperimentieren ohne Anleitung, ohne Kontrolle, ohne Rückmeldung. :mrgreen: Mir hat Herumprobieren deutlich mehr gebracht als vieles an teurem Unterricht, was ich so hatte. Die Rückmeldung des Pferdes reicht häufig völlig aus. Ab und an ein Video, viele Anregungen aus dem Forum :breitgrins2: und Selbstreflexion sind nützlicher als 1x die Woche Lektionen hintricksen unter Aufsicht. Kann aber auch damit zu tun haben, dass die meisten RLs halt auch nix können. :nix:
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Re: Seitengänge

Beitrag von kolyma »

[quote="plüschtiger"n Kolymas Post klang es für meine Ohren danach, dass Stellen und Biegen zuerst über die Hand (oder auch Hand und Bein, das weiß ich nun nicht - aber es ging um Anlehnung) stattfindet und erst nach jahrelangem Training dann auch über den Sitz erfolgt.
Dem stimme ich einfach nicht zu :nix:.[/quote]

Naja, man darf nicht vergessen, dass man versucht in wenigen Sätzen etwas Umfangreiches auszudrücken. Fakt ist aber schon, dass junge Pferde eine Weile vom inneren Zügel abhängig sind bis sie das Zusammenspiel aller Hilfen verstanden haben. Was natürlich nicht heißt, dass man erst falsch reitet um dann richtig zu reiten. Man geht auch mal Umwege. Ich musste meinem Pferd oft mit einer seitwärtsweisenden Zügelhilfe (innerer Zügel) die Richtung zeigen. Aber man nimmt diese Hilfen ja immer mehr weg um die richtigen Hilfen zu etablieren. Jahrelang sollte das nicht dauern. Aber es gibt sicher auch Pferde die länger brauchen. Mein Tinker ist kein Warmblut, der tut sich vielfach schwerer und braucht oft auch mal eine andere Art von Hilfe oder eine deutlichere Hilfe (wobei das nix mit grob zu tun hat)

Aber auch hier ist es so, ein "starker" Reiter (im Sinne von sehr erfahren und gut), kann ihn ganz anders reiten. Ich merke auch, ist die Hilfe korrekt, macht er Dinge, von denen ich nie wusste, dass er es kann. Und ich weiß - dass er es nicht kann - denn ich bilde ihn selbst aus und habe ihn quasi roh gekauft. Es hätte ihm also vorher auch niemand beibringen können.

Heute ist es so, dass er sich bereits über den Sitz biegen kann und am äußeren Zügel ist. Das ist für mich ein Meilenstein. Das ist Wahnsinn. Da könnte ich mich drüber freuen wie ein kleines Kind. Er galoppiert auch am Sitz an. Es ist echt toll wie fein er ist.
Aber das ist für mich eben Basisarbeit.
Basisarbeit ist für mich nicht langweilig. Es geht darum immer feiner und feiner zu reiten. Über Körperspannung Übergänge zu reiten, die weich und fließend sind. Schon alleine ein korrektes, geschmeidiges Umstellen beim Handwechsel ist korrekt geritten, einfach schön.

Das ist für mich Sinn und Zweck von Dressur. Nicht irgendwelche spektakulären Zirkustricks vorzuführen sondern ein kraftvolles Pferd welches sich geschmeidig Bewegen kann und sich auch gerne bewegt. Dass durch richtige Gymnastizierung schöner und beweglicher wird. Und daher haben alte Lehrsätze, die seit vielen, vielen Jahren und vielen Generationen von Reitmeistern Gültigkeit erlangt haben noch immer größte Bedeutung. Man hat ja nicht einfach das Schulterherein durch Würfeln festgelegt sondern dadurch, dass man heraus gefunden hat, dass diese Art der Bewegung eine riesige Effektivität hat.

Ich bin da auch sehr demütig. Die Ausbildung meines Pferdes hat mich Demut gelehrt. Ich glaube in meinem Leben stand ich vor keiner größeren Herausforderung. Und irgendwie verblüfft es mich immer wieder, wie schwer und gleichzeitig leicht diese Kleinigkeiten sind, wie so ein läppischer Übergang, eine ganze Parade oder nur korrektes Anspringen im Galopp. Daher ist für mich Basisarbeit das A und O der Reiterei. Und da hat man ja eigentlich schon genug Arbeit. Grad bei Pferden die nicht ganz leicht sind.
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


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ehem User

Re: Seitengänge

Beitrag von ehem User »

Heupferdchen hat geschrieben: Dem möchte ich noch hinzufügen: Man muss echt aufpassen, was man in sein Pferd reinkonditioniert. Ich hatte mit hingetricksten Seitengängen deutlich mehr Ärger, als ich zuerst vermutet hatte. Ich werde beim nächsten Pferd definitiv darauf verzichten. :nix:
Das kommt total drauf an - es gibt genug Pferde, denen auch halbwegs falsche Seitengänge schon helfen können, weil sie sie beweglicher und für ihren Körper bewusster machen.
Ganz drauf verzichten würde ich deswegen darauf auf keinen Fall.
Fayola ist auch so eine Entzugskünstlerin, gleichzeitig braucht sie schon ein Grundverständnis von Geraderichtung und Versammlung, um überhaupt in Anlehnung gehen zu können.

Aber ich habe auch heute ein sehr seitengangorientiert ausgebildetes Pferd in einem Video gesehen, der konnte Renvers an der Longe (zur Schulterkontrolle laut Besitzerin) - und dennoch nicht über den Rücken gehen.
Der besteht für meine Begriffe aus lauter Einzelteilen, die, je beweglicher und loser sie sind, umso schwerer wieder stabil zusammenzubringen sind (von Tragfähigkeit als Reitpferd reden wir hier noch gar nicht!).
Trotzdem möchte ich eine Lanze brechen für das selbstständige Herumexperimentieren ohne Anleitung, ohne Kontrolle, ohne Rückmeldung. :mrgreen: Mir hat Herumprobieren deutlich mehr gebracht als vieles an teurem Unterricht, was ich so hatte. Die Rückmeldung des Pferdes reicht häufig völlig aus. Ab und an ein Video, viele Anregungen aus dem Forum :breitgrins2: und Selbstreflexion sind nützlicher als 1x die Woche Lektionen hintricksen unter Aufsicht. Kann aber auch damit zu tun haben, dass die meisten RLs halt auch nix können. :nix:
Es ist schon ein unheimlich schwerer weg, weil man unbedingt immer kritisch bleiben muss - sich selbst, dem Pferd (also der Ausführung dessen, was man tut) und dem RL gegenüber.
Aber es gibt so viele (hochqualifizierte und/oder berühmte und/oder teure) Trainer, die so einen Mist verkaufen und die Schüler freuen sich, weil die Pferde funktionieren und sehen nicht, dass die Pferde eben nur funktionieren, aber nicht lernen, ihren Körper anders einzusetzen...
kolyma hat geschrieben:
plüschtiger hat geschrieben:n Kolymas Post klang es für meine Ohren danach, dass Stellen und Biegen zuerst über die Hand (oder auch Hand und Bein, das weiß ich nun nicht - aber es ging um Anlehnung) stattfindet und erst nach jahrelangem Training dann auch über den Sitz erfolgt.
Dem stimme ich einfach nicht zu :nix:.
Naja, man darf nicht vergessen, dass man versucht in wenigen Sätzen etwas Umfangreiches auszudrücken. Fakt ist aber schon, dass junge Pferde eine Weile vom inneren Zügel abhängig sind bis sie das Zusammenspiel aller Hilfen verstanden haben. Was natürlich nicht heißt, dass man erst falsch reitet um dann richtig zu reiten. Man geht auch mal Umwege. Ich musste meinem Pferd oft mit einer seitwärtsweisenden Zügelhilfe (innerer Zügel) die Richtung zeigen. Aber man nimmt diese Hilfen ja immer mehr weg um die richtigen Hilfen zu etablieren. Jahrelang sollte das nicht dauern. Aber es gibt sicher auch Pferde die länger brauchen. Mein Tinker ist kein Warmblut, der tut sich vielfach schwerer und braucht oft auch mal eine andere Art von Hilfe oder eine deutlichere Hilfe (wobei das nix mit grob zu tun hat)

Aber auch hier ist es so, ein "starker" Reiter (im Sinne von sehr erfahren und gut), kann ihn ganz anders reiten. Ich merke auch, ist die Hilfe korrekt, macht er Dinge, von denen ich nie wusste, dass er es kann. Und ich weiß - dass er es nicht kann - denn ich bilde ihn selbst aus und habe ihn quasi roh gekauft. Es hätte ihm also vorher auch niemand beibringen können.
Da bin ich eben der Meinung, dass man keinem Pferd die Hilfen beibringen muss, erst recht keinem Jungpferd. Desensibilisieren vielleicht, ja, aber nicht beibringen.
In meinem Praktikum bin ich auch ein Jungpferd geritten und habe nur über den Sitz einen Moment korrekter Biegung (am äußeren Zügel) bekommen. Ich bin halt noch nicht gut genug, um das reproduzieren zu können, aber es zeigt, dass ich 'einfach nur' alles können muss (ähnliche Momente, auch in anderen Dingen, habe ich mit Fayola auch, also kein Jung-, sondern Korrekturpferd).
Dann wird Reiten leicht im Sinne von überschaubar und die Zeit, die es braucht, ist die Zeit, die sich der Pferdekörper zu einem tragfähigen Reitpferdekörper umbaut, aber keine Zeit, in der ich Hilfen o.ä. erkläre(n muss).
Heute ist es so, dass er sich bereits über den Sitz biegen kann und am äußeren Zügel ist. Das ist für mich ein Meilenstein. Das ist Wahnsinn. Da könnte ich mich drüber freuen wie ein kleines Kind. Er galoppiert auch am Sitz an. Es ist echt toll wie fein er ist.
Aber das ist für mich eben Basisarbeit.
Basisarbeit ist für mich nicht langweilig. Es geht darum immer feiner und feiner zu reiten. Über Körperspannung Übergänge zu reiten, die weich und fließend sind. Schon alleine ein korrektes, geschmeidiges Umstellen beim Handwechsel ist korrekt geritten, einfach schön.
Die Basis unterscheidet sich halt von Pferd zu Pferd - der eine braucht Stabilisierung, der nächste Mobilisation, einer braucht Ruhe, um loszulassen, den anderen muss man wecken, einer löst sich im stetigen Trab, ein anderer durch viele Übergänge oder Seitengänge oder oder oder ...

Und meine Ansicht ist inzwischen eben, dass die Arbeit, die es braucht, um über den Sitz und am äußeren Zügel biegen zu können, ausschließlich Arbeit am Reiter ist, nicht am Pferd.
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Heupferdchen
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Re: Seitengänge

Beitrag von Heupferdchen »

plüschtiger hat geschrieben: Das kommt total drauf an - es gibt genug Pferde, denen auch halbwegs falsche Seitengänge schon helfen können, weil sie sie beweglicher und für ihren Körper bewusster machen.
:hm:
Das mag sein - aber ob man ausgerechnet die komplexen Seitengänge zur Erweiterung des Körperbewusstseins heranziehen muss? Dieses leidige Abknicken an der Halsbasis im 'SH', das schiefe Auffussen der HH oder das Reindrücken der Kruppe im 'KH' ist soo schwer wieder loszuwerden. Keiner sagt was gegen bisschen seitwärts, aber zum beweglich machen tut es ja schon ein einfacher Sidepass, bei dem man nicht ganz so viel falsch machen kann.
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Pirat
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Re: Seitengänge

Beitrag von Pirat »

jella hat geschrieben:Pirat, gibt's ein Video von Dir? Handarbeit oder geritten?
nein, bisher nicht.
zumindestens nichts aussagekräftiges ;)
es gibt ein springvideo:
https://www.youtube.com/watch?v=_5duw_d6SUE
und 2 (blöd aufgenommene) longen videos:
https://www.youtube.com/watch?v=8aszYim3FJc
https://www.youtube.com/watch?v=agZ58PLXyZA
da kann man jetzt nicht viel von den dingen drauf sehen, über die wir hier jetzt gerade reden - aber so bekommt ihr einen kleinen eindruck...
kolyma hat geschrieben: Ich bin ja keine Osteophatin - aber da alles miteinander zusammen hängt könnte ich mir vorstellen, dass beim Abknicken im Hals Bänder ausleiern, Muskeln überdehnt werden und es zu Verspannungen kommen kann. Aber ich kann gerne mal beim nächsten Osteo-Termin nachfragen.
das fände ich wirklich interessant!
ich muss aber gestehen, daß ich mir das kaum vorstellen kann...
dem springreiter ist das relativ egal. dem ist wichtig, daß das pferd den fliegendes galoppwechsel recht früh lernt - ob nachgesprungen oder nicht... das spielt im parcour keine große rolle.
und: schädlich ist keines von beidem ;)
Ob das was im Springparcour abläuft dauerhaft gesund für ein Pferd ist, wäre ja auch mal ein Thema wert....
du wechselst hier das thema...
na ja, aber das liegt wohl kaum am "nicht dressurmäßigem galoppwechsel".
Ich denke wir unterhalten uns hier ja meistens darüber was gut und was schlecht für ein Pferd ist. Über gute Haltung, Gesundheit, Gymnastizierung. Ich finde, es sollte keine Auslegungssache sein ob man sein Pferd ein bisschen richtig oder ein bisschen falsch gymnastiziert. Wenn man dem Pferd wirklich etwas Gutes zukommen lassen möchte, sollte man - wie ein guter Trainer eben auch (und das sind wir, sobald wir das Pferd bewegen) - sich bemühen, das auch korrekt zu tun.
Ich würde jeden Trainer rausschmeißen, der mir sagt: "Naja, es ist vielleicht nicht so ganz richtig und hat keinen großen Effekt - aber schaden tuts hoffentlich auch nicht..."
Weil wie viel Sinn steckt dann noch hinter einer Übung?
das hab ich schon mehrfach versucht zu erklären.
aber gut, lassen wir das 8-)
Heupferdchen hat geschrieben:Pirat, niemand kann hier beurteilen, wie gut du reiten kannst oder was deine Lehrer taugen. Was Kolyma schreibt, ist sicher nicht auf dich gemünzt.
ich hatte das gefühl mich rechtfertigen zu müssen, weil mir dieses schwarz-weiß-denken etwas aufstößt...

ich glaube wir reden hier grundsätzlich aneinander vorbei.
mit "beibringen" und "mit dem pferd üben" meine ich z.b. auch hilfen erklären.
dem zügel nachgeben - das muss ein pferd z.b. lernen.
den seitwärtstreibenden schenkel - der muss dem pferd erklärt werden.
doch ich glaube ganz sicher, daß man die hilfen dem pferd erklären muss.
das eine pferd weicht dem schenkel "von alleine aus" - das andere pferd drückt dagegen.
das eine pferd gibt dem zügel sofort nach, das andere pferd pullt erstmal dagegen.

ich verstehe nicht, was ihr meint, bzw. wie ich mich besser erklären könnte.
wenn es alles nur am "richtig reiten" liegt (also die richtige hilfe geben), dann müsste ja ein jungspund schon einzelne tritte SH oder Travers gehen können...
aber sie müssen doch erstmal ins gleichgewicht kommen, die hilfen verstehen und annehmen lernen...?
jella
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Re: Seitengänge

Beitrag von jella »

Hübsches Pferdchen ... Was ist er ??? Welshblut? Man sieht gerade beim Springen, dass er schon gut balanciert ist. Er bleibt gleichmäßig, landet korrekt. Die anderen Videos haken, versuche ich später noch mal.

Ich musste meiner Stute auch alles beibringen. Ich habe keine Ahnung, ob die Grundausbildung bei ihr so schlecht war oder ob sie grundsätzlich länger braucht, um zu verstehen. Meine Stute konnte nicht mal mit dem treibenden Schenkel was anfangen u. ging eher nach oben als nach vorne.
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