Die Ausbildungsskala...

Moderatoren: Sheitana, Cate

ehem User

Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von ehem User »

Dazu würde ich nicht Talent sagen, sondern 'gutes Körperbewusstsein' zum Beispiel.
Mag Krümelka..erei sein, aber zu 'Talent' gehört ja mehr als Körperbewusstsein.
Benutzeravatar
Fionnlagh
Pegasus
Beiträge: 15830
Registriert: Di 15. Mai 2012, 11:37

Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von Fionnlagh »

Ich finde, Talent ist schwer zu definieren. Wo fängt es an und wo hört es auf? Was fällt unter Talent und was nicht? Meine Schwester und ich bekamen als Teenies unseren ersten RU. Sie war die Sportliche, ich die Intellektuelle, zumindest waren wir irgendwie in diese Kategorien rein gerutscht ;) . Allerdings hatte sie Angst vor Pferden, war super ungeschickt im Umgang, fahrig, unsicher und beim 5. oder 6. mal stieg ihr ein Pferd auf den Fuß und ihre reiterliche Karriere war damit zu Ende :lol: .
Mich hätte so was nicht abgehalten vom reiten. Ich wollte unbedingt, war mutiger, zäher und durchsetzungsstärker. Das sind Charaktereigenschaften, aber sind es nicht auch Talente? Wer von uns beiden war nun talentierter? Meine Schwester hat(te) sicherlich die besseren körperlichen Voraussetzungen, aber dafür fehlte es halt an anderer Stelle. Und wie viel Einfluss hat es, wenn man schon zuvor in Kategorien eingeteilt wird? Kann ein Kind, das als unsportlich bezeichnet wird, überhaupt sportlich sein?

Ich finde, da steckt so viel dahinter, dass ich mit dem Begriff Talent sehr vorsichtig wäre und es wie Wiebs sehe: Talent hat nur einen geringen Anteil.

Edit: wobei ich gerade finde, dass ich mir mit dem letzten Satz selber widerspreche.
"Ich habe es noch nie getan, darum glaube ich, dass ich es kann." Pipi Langstrumpf
jella
Pegasus
Beiträge: 14833
Registriert: Mo 28. Mai 2012, 09:04

Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von jella »

Das mit dem Talent sehe ich anders als Plüschtiger. KLar, kann man durch guten RU vieles erlernen. Aber ich vergleiche das mit dem Tanzen. Es gibt Menschen, die bewegen sich einfach permanent gegen den Takt. Da kann man noch so viel reden, sie lernen es nicht, weil sie den Takt nicht fühlen. Sie werden sich immer, auch bei einem noch so guten Tanzlehrer nicht locker u. flockig bewegen können.
Und in der Reitschule sehe ich das auch ... da sind viele Kinder, die sind wirklich talentiert, offen für Anregungen, locker auf dem Pony. Und dann gibt es solche, die sich auch nach zig Stunden steif auf dem Pony bewegen.
Es gibt Menschen, die ein gutes Gefühl für ihren Körper haben und solche, die das nicht können.
Das heißt nicht, dass sie es nicht schaffen, das Reiten zu erlernen, aber der Weg dahin fällt ihnen sehr viel schwerer als anderen. Bei denen mit "Talent" sieht es trotz alledem harmonischer aus.
Benutzeravatar
Fionnlagh
Pegasus
Beiträge: 15830
Registriert: Di 15. Mai 2012, 11:37

Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von Fionnlagh »

Ich bin ja Lehrerin. Und in meiner Ausbildung, gab es die Weisheit: jedes Kind ist bei seiner Geburt hochbegabt ;) .
"Ich habe es noch nie getan, darum glaube ich, dass ich es kann." Pipi Langstrumpf
Beate1712

Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von Beate1712 »

Sheitana hat geschrieben: Sa 2. Sep 2017, 10:24 Talent ist für mich, wenn ich dem Reiter sage "mach xy mit deinem Körper" und er es ohne groß nachzudenken, ohne Übung und ohne Schwierigkeiten sofort schafft auf dem Pferd umzusetzen.
Genau. Das empfinde ich auch so. Oder er/sie schafft es (noch ) nicht, weiß aber schnell , woran es liegt, dass er es nicht schafft und hat eine Idee, wie er es anders lösen könnte.
Talentbeispiel:
RL: Fühlst du mit dem Po, wann das innere HB vorschwingt? Du wirst dann etwas nach unten gesetzt mit deiner Pobacke.
RS: Ja.... jetzt, jetzt.........
RL: Lass deine innere Hüfte deutlicher absinken, wenn das innere HB nach vorn schwingt........
RS: Krieg ich nicht hin....... geht auch die äußere anheben?
RL: Na klar.
Heißt: RS hat das Prinzip und den Sinn verstanden und sucht Lösungen, die für ihn praktikabel sind. Die Körperwahrnehmung auch im Zusammenspiel mit dem Pferd ist da . Der RS lernt, zu fühlen.

Beispiel für weniger Talent:
RL: Fühlst du das innere HB vorschwingen? Du wirst dann etwas nach unten gesetzt mit deiner Pobacke.
RS: Nein.
RL: Lass mal deine Rückenmuskulatur lockerer und auch die inneren Oberschenkel.
RS: Kann ich nicht, weiß nicht wie.
RL: Halt mal an. Fahr mal mit den Beinen rückwärts Fahrrad...
RS: Strampelt etwas, kriegt aber keinen Bogen zustande.

RL übt die Hälfte der Reistunde daran, den RS dahin zu bringen, dass er bewusst Muskeln an- und abspannen kann. Dass er versteht, was eine positive Grundspannung ist und wieviel Spannung es braucht, um genau zu fühlen, wie ihn das Pferd bewegt. Nach ca. 3 weiteren Einheiten kann der RS das HB erfühlen. Wenn er sich Mühe gibt. Bei Kindern gehts schneller, manche Erwachsene fühlen es nie, merken sich aber die Fussfolge und "schummeln" etwas mit den Augen auf dem entsprechenden VB. ;-) Auch kein Thema, wenn sie so den Rhytmus treffen .
Talent ist aber für mich das oben.

Ich definiere Talent als die Fähigkeit, schnell und ohne viel Anstrengung das zu erreichen, wofür andere eine Weile üben müssen bzw. es nie erreichen werden. Ganz egal ob das Tanzen, Reiten, Radfahren oder Kochen ist. ;-)
ehem User

Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von ehem User »

Ich hab mich in den letzten Monaten zu dem Thema etwas mehr belesen und der aktuelle Stand ist wohl, dass Talent aus mehreren Faktoren besteht - was für mich schlüssig ist.
Dazu gehört das Umfeld genauso, denn angenommen ein Kind hätte das 'Talent', ein herausragender Reiter zu sein, kommt aber mit Pferden gar nicht in Berührung, weil die Familie in der Stadt wohnt und die Eltern die Begeisterung des Kindes eher abtun als ernstzunehmen, wäre die Entwicklung selbstverständlich eine ganz andere als wenn es entweder direkt mit Pferden aufwächst oder zumindest volle Unterstützung der Eltern erfahren kann.
Zusätzlich ist der Lehrer ganz entscheidend - den ich persönlich mehr in der Verantwortung für den Unterrichts'erfolg' sehe als den Schüler.
Geht es nicht voran, passt der Input (Tempo, Reihenfolge, Größe der Schritte, ...) nicht zum Schüler und dann muss der Lehrer etwas ändern. :nix:


Ergänzung zu Beates Post:
Gut sein oder werden 'ohne viel Anstrengung' gibt es nicht.
Es mag sein, dass es nach wenig Anstrengung aussieht, aber entweder wird das innen anders empfunden als wonach es von außen aussieht oder es steckt in der Vergangenheit schon mehr Arbeit dahinter.
ehem User

Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von ehem User »

Mit 'Anstrengung' meine ich weder Verbissenheit noch körperliche Anstrengung (wobei die für Sport und Tanzen natürlich dazugehört, um Körperspannung zu entwickeln), sondern eher Dinge wie Konzentration, Durchhaltevermögen und den 'Biss', auch Kleinigkeiten bewusst so lange zu üben, bis sie klappen.
Die 'großen Erfolge' stellen sich ja nicht sofort ein, sondern dazu gehört intensives Üben über einen langen Zeitraum hinzu.

Mozart ist auch nicht eines Morgens aufgewacht und konnte auf einmal mehrere Instrumente spielen...
Benutzeravatar
Heupferdchen
Sportpferd
Beiträge: 2238
Registriert: Mo 18. Feb 2013, 13:12

Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von Heupferdchen »

Spannend hier! :-)
Beate1712 hat geschrieben: Sa 2. Sep 2017, 09:13 Weil es für qualitativ guten Unterricht zwingend erforderlich ist, für verschiedene Typen verschiedene Wege und Methoden einzuschlagen. Wer die verschiedenen Typen nicht erkennt, hat da Probleme. Und dann werden immer die einen überfordert und/oder die anderen unzufrieden sein. Ob Pferd oder Mensch.
:-n
Das hört sich schon ganz anders an als dein Post ein paar Seiten vorher. Und, ehrlich gesagt, erwarte ich das auch von einem Reitlehrer. Andernfalls tut es auch ein Buch.

Was ich immer wieder erstaunlich finde ist, wie schnell von Lehrern Talentfreiheit attestiert wird, wenn Schüler sich mit dem üblichen Parade innen - linker Schenkel zurück - Unterricht schwer tun. Wenn ich so etwas beobachte, setze ich im Geist meistens dazu 'bei dir sicher nicht!'. In etlichen Fällen sehe ich eher ein Unvermögen des Trainers, nämlich kein analytisches Verständnis davon, WARUM der Schüler das nicht umsetzen kann. 'Der untalentierte Schüler kann seine Unterschenkel nicht hier oder dort einsetzen' geht in eine ähnliche Richtung wie 'Der Gaul kann einfach nicht links galoppieren'.

Was ich bezeichnend finde, denn die Schüler sind nun mal das Aushängeschild des Lehrers.

Das ist jetzt weder auf Sheitana noch auf Beate gemünzt, gell? Bitte nicht missverstehen, ich möchte keinem was unterstellen.
Benutzeravatar
sacramoso
Einhorn
Beiträge: 5221
Registriert: Mi 2. Jan 2013, 19:42
Wohnort: München

Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von sacramoso »

Könnte man jetzt natürlich auch darüber philosophieren daß zum lehren ebenfalls ein gewisses Talent erforderlich ist.

Ein paar Beiträge weiter vorne ist im Zusammenhang mit Talent die Rede davon zB das Hinterbein des Pferdes zu spüren. Von welchem Zeitraum sprechen wir bis ein Reitschüler in der Lage sein sollte zu spüren wo die Hinterbeine gerade sind und was sie gerade machen?
Als Gott erfuhr daß Reiten nur für die Besten ist erschuf er noch Fußball :dance1:
Benutzeravatar
Heupferdchen
Sportpferd
Beiträge: 2238
Registriert: Mo 18. Feb 2013, 13:12

Re: Die Ausbildungsskala...

Beitrag von Heupferdchen »

Sheitana hat geschrieben: Fr 1. Sep 2017, 15:08 Ich würde in meinem Leben z.B super gerne singen. Kann ich nicht. Lerne ich auch nimmer, es hört sich auch wenn ich die Töne treffe schlicht nicht schön an. Manchmal ist das einfach so.
:shy:
Absolut OT: Die Stimme ist ein Instrument wie jedes andere auch (nur billiger, weil angewachsen). Wenn ich dir eine Geige in die Hand drücke und dich ein wenig damit experimentieren lasse, würde auch kein Mensch erwarten, dass das Ergebnis schön und richtig klingt.
Antworten